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BAUZBITUING
Nr. 50
Villa in Baden-Baden. Grundrisse
Architekten Hummel & Förstner, Stuttgart
irdische Kabelführung in Betracht zu ziehen. Auch die
Reichspostverwaltung hat auf diesem Gebiete manches gut
zumachen. Daß der Verkehr nicht unbedingt gerade Straßen
erfordere, hat man neuerdings mehr erkannt. Doch wird
Parallelität der Straßenfluchten immer noch erstrebt. Auch
dadurch gehen die Eigenheiten des Straßenbildes verloren.
Es sollten deshalb bei Festsetzung von neuen Straßenflucht-
linien in alten Stadtquartieren die alten Verkehrs- und
Baulinien nach Möglichkeit beibehalten werden. An engen
Stellen ist darauf zu achten, daß keine Verkehrssteige
rungen entstehen, daß zum Beispiel kein AVarenhaus,
keine Vergnügungshallen u. dgl. dort zugelassen werden.
Eventuell ist eine Richtungsveränderung der gegenüber
liegenden Straßenfluchten möglich oder auch eine lauben
artige Bebauung. Auch jede Einzelfrage muß näher unter
sucht werden. Die beliebt gewordene Beseitigung male
rischer Freitreppen und Beischläge hätte bei gutem Willen
oft vermieden werden können. Freistehende Denkmäler,
Brunnen u. dgl. sind nicht von vornherein als verkehrs
hinderlich zu betrachten. Stehen sie mitten in der Straße,
die größeren Verkehrszuwachs erhält, so können sie viel
leicht als Inseln, die der Verkehr umspült, bestehen
bleiben. Beispiele von großen Städten, wo solche kleine
Bauten absichtlich inmitten der Straße erstellt werden,
um den Verkehr zu teilen, lassen sich anführen. Auch
alte Bäume können so erhalten werden. Das Zentrum
alter Stadtteile sollte von zu starker Zuführung von Ver
kehr frei gehalten, vielmehr neue Verkehrsmittelpunkte
geschaffen werden, um die Stadtteile zu entlasten. Nur
in Notfällen sind Durchbrüche in alten Stadtteilen vor
zunehmen, dann aber mit äußerster Schonung (Altstadt
durchbrüche Darmstadt und Stuttgart). Außer den
Straßenbildern sind es die alten Brücken, die vom Ver
kehr bedroht sind; und zwar ist ihr Feind der Verkehr
sowohl durch als auch der über die Brücken. Hierbei
soll man beachten, daß die Breite einer Straßenbrücke
geringer sein kann als die Breite der durch sie ver
bundenen Straßen, weil der Verkehr auf der Brücke
leichter und flotter vor sich geht (kein Aufenthalt, kein
Stand- oder Abladeplatz für Gefährte, kein Verkehr quer
über wie bei den Straßen). Eine notwendige Verbreiterung
kann eventuell auf Kragsteinen seitlich der alten Brücke,
die auf diese Weise erhalten bleibt, oder durch Verbreite
rung der Wölbungen vorgeuommen werden. Einen gleich
wertigen Ersatz für alte Steinbrücken zu schaffen ist
meist so schwer, daß man dagegen alle Mittel, die eine
Erhaltung ermöglichen, versuchen sollte, ehe man zur
Beseitigung sich entschließt. Vergleiche zwischen Wirkung
der Steinbrücken, der eisernen und Eisenbetonbrücken;
letztere kommen bei kleineren Verhältnissen als Ersatz
für Steinbrücken vielleicht in Frage. — Wichtig ist
ferner die Erhaltung der alten Stadtbefestigungen, Wälle,
Tore u. s. w. Diese sind vielfach ein Schmerzenskind
für die Denkmalpflege. Doch auch hier gilt der Satz;
Wo ein Wille, da ist ein Weg! Mittel der Erhaltung
sind bei (mittelalterlichen) Toren eventuell Verbreiterung
der Toröffnung oder Schaffung neuer seitlicher Verkehrs
öffnungen, teilweise Freilegungen. Gänzliche Freilegung
sollte, da sie die Bauwerke aus ihrer histo
rischen Umgebung loslöst, erst in letzter
Linie geschehen. Auch Untertunnelungen
können in Frage kommen. Was die sonsti
gen Befestigungen anlangt, kann än einzelnen
Stellen, wo es notwendig ist, der Befesti
gungsgürtel geöffnet, im übrigen sollten diese
Werke in ihrer Ausdehnung erhalten werden.
Wälle und Gräben können als öffentliche
A nlagen (aber nicht im üblichen gärtnerischen
Charakter) erhalten bleiben. Endlich ist
noch der alten Friedhöfe zu gedenken; auch
sie verdienen Schonung und sind wert, daß
die Städte Opfer bringen (Salzburger Fried
hofsfrage).
Redner faßt seine Ausführungen dahin
zusammen; Vor Ueberschätzung des Ver
kehrs ist mit allem Nachdruck zu warnen,
vielmehr genauer Nachweis des Verkehrs
zuwachses zu erbringen, ehe einschneidende
Aenderungen des Straßenbildes vorgenommen
werden. Sind starke Verkehrsinteressen in
Frage, prüfe man zunächst, ob und wie der
Verkehr im Interesse der alten Denkmäler
zu ordnen und eventuell umzuleiten ist. Wo
Villa in Baden-Baden. Diele Architekten Hummel & Förstner, Stuttgart