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BAUZEITUNG
Nr. 6
Kuppeln über quadratischem Raume unter Zuhilfenahme
von Trompen und Pendentifs (666 v. Chr.) und hei den
Sassaniden (600 n. Chr.) die eiförmigen Tonnengewölbe
von 25 m Spannweite, nach dem gleichen Prinzipe aus
geführt wie in den Gängen des Ramesseums im ägyp
tischen Theben, 1200 y. Chr. Hier nur bei untergeord
neten Zweckbauten, dort bei den großen Monumental
bauten.
Wie die Luftsteinmauern Mesopotamiens Schutz gegen
die Witterung durch einfache und durch glasierte Back
steine, auch durch gebrannte Tonplatten erhielten, so
wurde das Holzwerk griechischer Bauten durch Metall
bleche , weniger gutes Holz
durch Purniere aus widerstands
fähigeren Hölzern und mehr noch
durch gebrannte, mittels Kupfer
nägeln befestigte Tonplatten und
Tonkästen geschützt (Tempel in
Metapont). Mit solchen wurden
auch minderwertige und stark der
Witterung ausgesetzte Werksteine
noch in späterer Zeit bekleidet,
wie die Gesimse der Tempel in
Selinus und die Schatzhäuser
in Olympia zeigen. Solcherart
können wir uns auch einen so
genannten Holztempel mit et
waigen architektonischen Einzel
heiten ausgeführt denken, nicht
aber als ein Holzbauwerk, bei
dem Kunst- und Werkformen die
gleichen sind wie bei dem histori
schen Steinbau. Den gleichen Be
kleidungsschmuck setzen wir auch
beim etruskischen Holztempel des
Yitruv voraus.
Nehmen wir eine umsäulte
Cella, statt der Cella in antis,
als Planform für das Heraion in
Olympia an, zur Zeit, als es noch
ein Holzbau gewesen sein soll,
so dürften wir — ich will davon
absehen, daß es um 1100 v. Chr.
noch gar keine Tempel auf
griechischem Boden gab — wohl
auf falscher Fährte sein. Der
gefundene Grundriß zeigt uns die
fertige, langgestreckte Form der
sizilianischen Tempel mit Pronaos
und Opisthodom und dem drei-
schiffigen Innern, die sich erst
in der Zeit herausgebildet hat und
nicht ein versteinertes Holzmodell
aus einer nicht bestimmbaren Zeit sein kann. Was zu
letzterem geführt hat, ist die Stelle bei Pausanias Y, 16 ;
„Nach elischer Ueberlieferung haben die Einwohner
von Skillus in Triphylien ungefähr acht Jahre, nachdem
Oxylos die Herrschaft über Elis an sich genommen
(1096 v. Chr.), den Tempel errichtet. Derselbe ist in
dorischem Stil gebaut und ringsum von Säulen umgeben;
von den beiden am Hinterhaus ist die eine aus einem
Eichenstamm gemacht. Der Tempel ist 63 Fuß
laug, der Erbauer unbekannt.“
Die genannte Holzsäule steht demnach an einem vor
Wind und Wetter geschützten Platz im Hinterhaus, wo
sonst auch Weihgeschenke Aufstellung fanden und die
wohl selbst als solches anzusehen nicht abzuweisen sein
dürfte.
In dem Werke über die Baudenkmäler von Olympia
(Textband II, Berlin 1892. III. Das Heraion, erläutert
von W. Dörpfeld) ist in der Baubeschreibung S. 28 u. f.
hervorgehoben, daß der Tempel auf einer Steinstufe ruhe,
auf der die Steinsäulen der Ringhalle und vier Quader
schichten der Cella mit den entsprechenden Fundamenten
stehen (vgl. Fig. 1). Der Innenbau, das ganze Gebälke
— Architrav, Fries und Gesimse —, Decke und Dach
werk seien vollständig verschwunden. Die noch vorhan
denen Steinsäulen zeigen eine Musterkarte von dorischen
Kapitellformen, von den ältesten bekannten an bis zu solchen
in römischer Fassung; die mäßig verjüngten Säulenschäfte
sind ohne Schwellung und unter sich bis zu 0,29 m in
der Dicke verschieden, die Lagerflächen der Trommeln
bald glatt überarbeitet, bald nur mit Saumstreifen vor-
gericbtet, mit und ohne Dollenlöcher, die Abaken mit
und ohne Schutzstege, letztere
wieder teils von kreisrunder, teils
von viereckiger Form. Die Cella
wände sind in den Quaderschichten
1,20 m stark angelegt. Das Fehlen
von sogenannten Stemmlöchern
auf der obersten Schicht und die
üeberbleibsel von überhaupt nur
vier Schichten führte zu der An
nahme, daß die aufsteigenden
Cellawände aus Luftziegeln er
stellt waren. Stemmlöcher sind
bei der griechischen Steintechnik
keine Bedingung, mit deren Vor
handensein oder Fehlen wird alles
und nichts bewiesen werden kön
nen, sie sind keine conditio sine
qua non bei der antiken Werk
steintechnik. Sie sind auch nicht
einmal auf allen Schichtsteinen
am Heraion zu konstatieren; bald
sind zwei unmittelbar nebenein
ander eingehauen, bald nur eines
und, wie gesagt, auch gar keines,
Die Steine, welche vermittelst
solcher hier vorwärts an den Ort
ihrer Bestimmung bewegt werden
sollten, sind nur 0'90 X 0'90
groß und 0‘30 dick, deren Fugen
nicht einmal sichtbar waren, in
dem die vorgestellten Platten
(Orthostate) die ganze Schichtung
verdeckten. Diese kleinen Stücke
konnten von Hand oder durch
Stoßen mit einem Holz vorwärts
bewegt werden, wie es im ähn
lichen Falle unsre Versetzarbeiter
heute noch machen würden. Ihr
Zweck ist problematisch, und
wenn aus dem Fehlen dieser auch
auf den Kapitellabaken auf ein ehe
maliges Holzgebälke geschlossen werden will, so dürfte dies
ein Trugschluß sein. Bei dem benachbarten Metroon, bei
verschiedenen Schatzhäusern in der Altis, an den meisten
Marmortempeln an allen Orten sind eben nur Dollen- und
Klammerlöcher nachweisbar, wie auch am nächstliegenden
Zeustempel in Olympia. Niemand wird wohl aus dem
Fehlen aller Cellaquadern beim Tempel in Segest eine
Ausführung der Wände aus Luftsteinen ableiten oder aus
dem genannten Grunde die Gesimse des Tempels der
Roma und Venus in Rom aus Holz aunehmen wollen!
Auf Grund der genannten Eigenschaften der Ruine
wird a. a. 0. erklärt: „daß die ursprünglichen
Säulen aus Holz bestanden und allmählich
durch steinerne ersetzt Worden seien“, wodurch
sich alle beobachteten Tatsachen in ganz natürlicher
Weise erklärten; daß die Gebälke bis zum Untergang
des Tempels hölzerne waren und daß der Fries mit
Triglyphen geschmückt war, weil die „Eckaxweiten“ an
allen Seiten kleiner als die übrigen seien, wird gleich-