Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1907)

Doppelbauernhaus in Binsdorf 
Architekten Professor Böklen & Feil, Stuttgart 
Der Pferdestall im Mietsgebäude 
Yon Fred Hood 
Pferdeställe können einen sehr verschiedenartigen 
Charakter aufweisen, denn Bau und Einrichtung hängen 
ebensosehr von den speziellen Erfordernissen der Zucht 
und Pflege des Pferdes wie von der Liebhaberei des 
Besitzers ab. Und wie ein Arbeiter viel bescheidenere 
Ansprüche an seine Wohnung stellt als ein Bankier oder 
eine vornehme Modedame, so wird naturgemäß ein Acker- 
und Lastpferd mit einer viel schlichteren Behausung zu 
frieden sein als ein Kutschpferd oder ein edler Renner; 
ein armer Droschkengaul, dem die Resignation aus allen 
Knochen spricht, ist viel zu bescheiden, um von Fayence 
krippen, Wänden mit Kachelbekleidung und andern schönen 
Dingen auch nur zu träumen. Er ist schon zufrieden, 
wenn man ihm eine reichliche Portion Hafer gewährt, 
seinen Stand sauber hält und ihm einige Stunden Ruhe 
gönnt. 
Wenn wir von Stalleinrichtungen im Mietsgebäude 
sprechen wollen, so haben wir die gebräuchlichen Er 
fordernisse in der Stadt zu berücksichtigen. In der Regel 
wird es sich darum handeln, ein bis zwei Pferde in einem 
Stallgebäude auf dem Hofe, das in den meisten Fällen 
mit einer Wagenremise zu einer gemeinsamen Anlage 
vereinigt wird, unterzubringen, und wenn es sich auch 
einmal um drei oder vier Pferde handelt, so werden da 
durch nur die räumlichen Verhältnisse, aber nicht die 
inneren Einrichtungen wesentlich verändert. 
Was sind denn das für Pferde, die hier in Betracht 
kommen? Ein oder zwei Kutschpferde für den Wagen 
des Eigentümers (die aber in der Regel auch nicht zu 
stolz sind, irgendeine Last zu befördern), ferner Arbeits 
pferde eines ßierverlegers, Bauunternehmers, Gemüse 
händlers oder dergleichen. Man braucht also hier nicht 
den Komfort sehr weit zu treiben, aber etwas besser als 
die untergeordneten Stallungen für Ackerpferde müssen 
diese städtischen Pferdeställe denn 
doch schon aussehen; sonst werden 
sie sich schwer vermieten lassen, wenn 
es sich darum handelt, Pferde unter 
zubringen, die in ihrer früheren Be 
hausung etwas verwöhnt wurden. Man 
würde unpraktisch handeln, wenn 
man aus Sparsamkeitsrücksichten dem 
Pferdestall die dürftigste Einrichtung 
geben wollte, denn dadurch würde 
man den Mietswert des Stalles wesent 
lich hex-abdrücken. 
Die Höhe derartiger Pferdeställe 
beträgt in der Regel 3 m. Eine Stand 
breite von je 1,5 m ist zwei bis drei 
Pferden vollkommen ausreichend. Hat 
man jedoch nur ein einzelnes Pferd 
unterzubringen, so pflegt man dem Stand eine Breite 
von 2 m zu geben. Ich würde in jedem Falle em 
pfehlen, stets mit mindestens zwei Pferden zu rechnen, 
auch wenn man nur ein Pferd einstellen will; denn die 
Erfordernisse ändern sich häufig ganz unerwartet, und 
es ist dann sehr unangenehm, wegen eines einzigen 
hinzukommeuden Pferdes einen Umbau vornehmen zu 
müssen. Es wäre aber ein Irrtum, zu glauben, daß es 
besonders praktisch ist, den Stall nun gleich so groß an 
zulegen, wie es der Hofraum irgend gestattet. Es ist 
dies vielmehr sehr unzweckmäßig, denn die Pferde ver 
mögen dann den Raum im Winter durch ihre Körper 
wärme nicht hinreichend warm zu halten, so daß unter 
Umständen sogar eine künstliche Heizung erforderlich 
wird, wobei die Pferde verwöhnt und leicht von Krank 
heiten befallen werden. Die Standlänge soll 4 bis 4,5 m 
betragen. Wenn es der Raum gestattet, soll man die 
Tiefe des Stalles nicht zu gering bemessen, denn die 
Standtiefe hängt natürlich von der Größe des Pferdes 
ab, und diese schwankt sehr bedeutend. 
Die Abgrenzung der Pferdestände gegeneinander er 
folgt entweder durch die sogenannten 
Lattierbäume oder durch Standwände. 
Die Lattierbäume sind etwa in halber 
Höhe des Pferdes an Ketten aufgehängte 
Stangen, die einerseits an der Stallwand, 
anderseits an einem im Fußboden be 
festigten Pilarstiel aufgehängt werden, 
dessen Höhe in der Regel 1,20 bis 2 m 
beträgt. Am Pilarstiel wird die Kette 
durch einen lösbaren Verschluß befestigt, 
damit das Pferd, wenn es beim Aus 
schlagen mit dem Fuße über den Lattier- 
baum gerät, vom Knecht schnell aus 
dieser unangenehmen Lage befreit werden 
kann. Das Aushängen des Lattierbaumes 
erleichtert auch das Herausführen bezw. 
Einstellen des Pferdes. Bei den Kasten 
ständen erfolgt die Teilung des Raumes
	        

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