Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1909)

Oberbaurat Dr. v. Stübben-Bcrlin in dem „Zentralblatt 
für allgemeine Gesundheitspflege“ das Wort, um in ein 
gehender Ausführung die Beschlüsse der Zweiten Kammer 
zu besprechen. Wir kommen auf diese bedeutsame Kund 
gebung, die als besondere Schrift soeben erschienen ist, des 
näheren zurück. Stübben stellt nicht in Abrede, daß der 
Entwurf in der Fassung der Zweiten Kammer einige Fort 
schritte und Verbesserungen aufweist, im allgemeinen aber 
sei durch sie die ausgezeichnete Regierungsvorlage so ver 
schlechtert worden, daß das entstandene Werk einen förm 
lichen Rückschritt bedeuten, insbesondere tief unter dem 
sächsischen allgemeinen Baugesetz und den andern uns aus 
deutschen Landen bekannt gewordenen und gesetzlichen 
Neuregelungen des Bauwesens stehen würde. Der her 
vorragende Fachmann und Gelehrte beschließt seine Dar 
legung mit dem dringenden Wunsch, daß es der Regierung 
gelingen möge, mit Hilfe der nunmehrigen Beratungen 
in der Ersten Kammer dem Gesetze nach nochmaliger 
Vorlage in der Zweiten Kammer einen besseren Inhalt 
und eine glückliche Verabschiedung zu sichern. 
Prof. Dr. Eberhardt hat die „Neckarzeitung“ zu 
seinem Sprechorgan gewählt. Mit großer Sachlichkeit 
und Bestimmtheit geht er der vielgepriesenen Statistik 
des Prof. A. Voigt zu Leibe und erklärt, daß dieselbe 
von ganz falschen und unrichtigen Voraussetzungen aus 
gehe. Die Voigtschen Behauptungen, daß England keine 
Bauordnung kenne, daß die Großstädte mit Mietkasernen 
zuerst die modernen Einrichtungen für Gesundheit ge 
schaffen hätten, daß die Stockwerkshäufung unschädlich 
wäre und daß bei unsrer neuen Bauordnung die staat 
liche Gewalt gefährlich für die Selbstverwaltung der 
Gemeinden würde, werden von Prof. Eberhardt klar und 
bündig widerlegt, der feststellt, daß die intensivere Aus 
nutzung des städtischen Bodens, die Steigerung der 
städtischen Bodenrente zwar zur Bereicherung einzelner 
Personen, aber zur Belastung und Verarmung des arbeiten 
den Volks führe. Auf dem Standpunkt einer gesunden 
Wohnungs- und Bodenpolitik stehend, scheut sich der 
Verfasser auch nicht, die Haltung der Freunde der 
Voigtschen Wissenschaft scharf zu verurteilen. Auch er 
kommt, wie Stübben, zu der Mahnung, daß zu einer 
Umkehr die höchste Zeit sei. 
Als dritter gesellt sich zu diesen Autoritäten Prof. 
Dr. Fuchs-Tübingen, der im „Schwäb. Merk.“ die von 
den Beschlüssen der Zweiten Kammer abweichende Fas 
sung des Entwurfs, wie sie der Kommissionsbericht der 
Ersten Kammer darstellt, bespricht und die strittigen 
Punkte der Reihe nach erörtert. Auch er wendet sich 
gegen die Voigtsche Darstellung, berührt deren Zurück 
weisung durch Eberhardt, bezieht sich auf Stübbens au 
toritative Ausführungen und schließt unter Anerkennung 
der teilweise bedeutenden Verbesserungen, die der Ent 
wurf in der Kommission der Ersten Kammer erfahren 
habe, mit dem Wunsche, daß das schwierige Werk in 
befriedigender Weise über den Berg gebracht werden 
möge. F.
	        
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