Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1909)

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BAUZEITUNG 
Nr. 14 
Abb. 3 
Bismarcktnrm für Bochum 
Der Turm war auf einer Anhöhe im Stadtpark zu 
erstellen. Durch Anordnung einer massigen Freitreppen 
anlage und eines kuppelartigen Aufbaues wurde der sich 
sonst im wuchtigen Viereck erhebende Turm in inter 
essanter und wirkungsvoller Weise gegliedert. Unter 
der Terrasse sind Unterstände für Parkbesucher sowie 
eine Gedächtnishalle vorgesehen. Als Material ist der 
in nächster Nähe zu gewinnende Ruhrsandstein in Ver 
bindung mit Eisenbetonkonstruktionen gedacht. 
Der ahgebildete Entwurf wurde in einem unter 
deutschen Künstlern ausgeschriebenen Wettbewerb bei 
534 eingelaufenen Arbeiten als durchaus beachtenswerte 
Leistung in engste Wahl gestellt. Verfasser desselben 
sind die Architekten Adolf Mössinger und Otto Häcker 
in Stuttgart. 
Der Entwurf einer neuen Landes- 
hauordnung für Württemberg 
Eine der ersten Autoritäten im Städtebauwesen, Ober- 
uud Geheimer Baurat Dr. J. v.Stübben-Berlin, hat in 
einer von uns bereits erwähnten eingehenden Darlegung 
die württembergische Bauordnung, wie sie durch die 
Beschlüsse der Zweiten Kammer gestaltet jetzt der Be 
ratung durch die Erste Kammer vorliegt, besprochen. Bei 
der einschneidenden Bedeutung, welche dieser Entwurf 
für unser Land hat, sollen, ehe derselbe Gesetz wird, mög 
lichst alle maßgebenden Stimmen gehört werden. Es würde 
zu weit führen, hier die verschiedenen Kundgebungen, die 
sich gegen die Beschlüsse der Zweiten Kammer richten, 
des näheren zu würdigen; wir haben uns in der letzten 
Nummer darauf beschränkt, die Kernpunkte der Aus 
führungen jener Gegner mitzuteilen, und geben nun in 
nachstehendem das Wesentlichste aus Stübbens kritischer 
Abhandlung wieder. Die Vergleiche, die er dabei mit 
den Bauordnungen andrer Staaten (Preußen und Sachsen) 
zieht, sprechen für sein sachliches Urteil, da er es nicht 
unterläßt, neben den Nachteilen auch die Vorzüge der 
jeweiligen Bestimmungen ins Licht zu rücken. 
Bei Art. 4, Feststellung von Ortsbauplänen 
oder einzelnen Baulinien nebst Höhenlinien, soll in 
weiträumig gebauten Landorten von der Feststellung von 
Baulinien in der Regel Umgang genommen werden; so 
hat wenigstens die Zweite Kammer beschlossen. Zweck 
dieser Bestimmung ist augenscheinlich eine Art Heimat 
schutz; die Wirkung kann aber recht nachteilig werden, 
da solche Landorte keineswegs immer frei von Verkehrs 
schwierigkeiten, oft auch in raschem Wachstum begriffen 
sind. Wo weder der Verkehr noch die Bautätigkeit 
Fürsorge verlangen, ist eine allgemeine Baulinienfest 
setzung in enggebauten Stadtteilen aus wirtschaftlichen 
und künstlerischen Gründen vielleicht noch mehr zurück 
zuweisen als in weitgebauten Landorten; die gesetzliche 
Herausnahme der letzteren hat deshalb keinen rechten 
Sinn. Der Eingriff von Fall zu Fall ist aber aus Ver 
kehrs- und Gesundheitsrücksichten weder in ländlichen 
noch in städtischen Verhältnissen zu vermeiden. 
Zweckmäßig ist die — im preußischen Gesetz feh 
lende — Bestimmung, daß außer den eigentlichen Orts 
straßen (Baustraßen) auch öffentliche Feuergassen und 
Fußwege festgestellt werden können; die Zweite Kammer 
hat aus den Fußwegen allgemein Verbindungswege ge 
macht, was in den Ortsbauplan ein Element der Unklar 
heit und zukünftigen Schwierigkeiten hineintragen kann. 
Abweichend vom preußischen Gesetz soll der Bau 
linienplan, nachdem er von den Gemeindekollegien be 
schlossen worden ist, nur acht Tage lang zur Entgegen 
nahme von Einwendungen öffentlich ausgelegt werden; 
alsdann soll eine Beschlußfassung der Gemeindebehörden 
folgen. Stübben scheint die preußische Bestimmung, nach 
welcher über die Einwendungen der Beteiligten nicht 
dieselben Gemeindebehörden, die den Plan beschlossen 
haben, sondern eine Staatsbehörde beschließt, zweck 
mäßiger zu sein. Schließlich kann zwar auch nach dem 
württembergischen Entwurf die Staatsbehörde ihr Veto 
einlegen; da sie aber erst gegen Ende des Verfahrens 
eintritt, so ist eine positive Einwirkung erschwert. 
Ein Fortschritt gegenüber dem preußischen Gesetz 
ist die Bestimmung in Art. 5 a, daß außer dem Verkehr, 
der Gesundheit, der Feuersicherheit und der Vermeidung 
von Verunstaltungen auch das Wohnungsbedürfnis, son 
stige wirtschaftliche Verhältnisse der Einwohner sowie 
die Erhaltung schöner Stadt- und Naturbilder zu be 
rücksichtigen sind und auf die Schaffung schöner Platz- 
und Straßenbilder hingewirkt werden soll. Die Zweite 
Kammer hat die Erhaltung der Friedhöfe hinzu 
gefügt; die Forderung in dieser allgemeinen Form kann 
indes zu unliebsamen Schwierigkeiten führen. Begründeter 
wäre die Forderung, daß Friedhöfe, sobald sie von der 
städtischen Bebauung umklammert sind, nicht mehr als 
solche erhalten und benutzt werden sollen. 
Als sachgemäß sind anzuerkennen die Bestimmungen, 
daß nicht bloß endgültige Vorgärten (wie im preußischen 
Gesetz), sondern auch vorläufige, zur späteren Einverlei 
bung in die Straßen bestimmte Vorgärten, ferner rück 
wärtige und seitliche Baulinien, endlich einseitig zu be 
bauende Straßen (Panoramastraßen) oder streckenweise 
auf beiden Seiten frei zu haltende Straßen festgesetzt 
werden können. 
Eine harte, dem sächsischen Gesetz entlehnte, dem 
preußischen Fluchtliniengesetz unbekannte Maßregel ist 
die Verhängung der Bausperre durch Gemeindebeschluß 
auf ein Jahr, wenn es sich um Feststellung von Flucht 
linienplänen von geringer Ausdehnung oder um Abände 
rung von Ortsbauplänen, auf drei Jahre, wenn es sich 
um die Aufstellung umfassender Ortsbaupläne oder von 
„Ortshausatzungen“ handelt (Art. 5b). Freilich ist in 
Württemberg das noch einschneidendere Bauverbot nach 
§12 des preußischen Gesetzes nicht beabsichtigt. 
Das Recht zur Enteignung der Straßen- und Platz 
flächen soll nach der Abänderung der Zweiten Kammer 
(Art. 6 a) kein unbedingtes sein, wie es der Regierungs 
entwurf nach Art des preußischen Gesetzes will, sondern 
abhängig sein von der Frage, ob die Flächen nötig sind 
zur sofortigen Herstellung der Straßen oder Leitungs 
netze oder „um dem Besitzer eines an die Straße stoßen 
den Grundstückes die Erstellung eines Gebäudes an ihr 
zu ermöglichen“. Wozu, so fragt man, diese zaghafte 
Einschränkung des Gemeinderechts und wozu anderseits 
die besondere Fürsorge zur Ermöglichung eines einzelnen
	        
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