Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1909)

17. April 1909 
BAUZEITÜNG 
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gange einen Entlassungsschein nach dem von der 
Bundesleitung ausgearbeiteten Schema auszuhändigen 
und spätestens vom 1. Januar 1910 ab nur noch 
Entlassungsscheine nach dem Muster der Bundes 
leitung zu benutzen. Die Anfertigung derselben 
soll jedoch den Lokalverhänden überlassen bleiben. 
Der Gegenstand erscheint besonders wichtig für den 
Landesverband Württemberg. Besteht doch in Stuttgart 
ein Städtischer Arbeitsnachweis auf paritätischer Grund 
lage, also eine städtische Einrichtung, unterhalten aus 
den Mitteln sämtlicher Steuerzahler, mit dem Zweck, 
den Arbeitnehmern Arbeitsgelegenheit, den Arbeitgebern 
Arbeitskräfte nachzuweisen. 
Es soll nun keineswegs bestritten werden, daß das 
Stuttgarter Städtische Arbeitsamt dieser Aufgabe gerecht 
wird. Wie aber kann diese Behörde es mit dem Grund 
satz der Parität vereinbaren, daß sie sich in einseitiger 
Weise in den Dienst der Gewerkschaften stellt, indem 
dieselbe durch ihre eignen städtischen Beamten im Auf 
trag der Gewerkschaften Unterstützungsgelder an die 
Arbeiter auszahlen läßt? Die Uebernahme derartiger 
Funktionen kann beim besten Willen nicht als paritätisch 
bezeichnet werden. Die Folgen dieses Vorgangs sind 
unschwer vorauszusehen; die Arbeiter müssen dieser Art 
in dem Glauben bestärkt werden, jener Arbeitsnachweis 
diene vor allem ihren Interessen und sei diesen nach 
andern Eichtungen ebenfalls dienstbar zu machen. 
Das Interesse der Arbeitgeber verlangt deshalb ener 
gische Gegenmaßregeln. Entweder bleiben die Arbeit 
geber da, wo sich die Umschau eingelebt und bewährt hat, 
möglichst bei diesem System der Arbeitsvermittlung oder 
aber sie schaffen sich eigne unparitätische Arbeitsnachweise. 
Mit dieser Frage werden sich die württembergischen 
Arbeitgeber im Baugewerbe in nächster Zeit zu befassen 
haben; sie bildet den wesentlichsten Gegenstand der am 
25. April d. J. in Eeutlingen stattfindenden Generalver 
sammlung. Dr. D. 
Y ereinsmitteilungen 
Württ. Baubeamten-Verein. Zur Aenderung 
des Beamtengesetzes. Nach dem Gesetzentwurf über 
Aenderungen des Beamtengesetzes soll eine Anzahl von 
Beamten, die bisher auf Kündigung angestellt waren, in 
das Verzeichnis der auf Lebenszeit anzustellenden Be 
amten aufgenommen werden. Es sind dies; im Departe 
ment der Justiz: die Inspektoren an den gerichtlichen 
Strafanstalten; im Departement des Innern: die Bauamts 
werkmeister, die Bereinigungsfeldmesser der Zentralstelle 
für die Landwirtschaft, Abteilung für Feldbereinigung, 
die Geometerkulturtechniker der Kulturinspektionen, die 
Geometer, Straßenmeister und Flußmeister der Straßen- 
und Wasserbauverwaltung; im Departement des Kirchen- 
und Schulwesens: die Vorstände der Ackerbauschule und 
der Gartenbauschule der Landwirtschaftlichen Anstalt 
in Hohenheim; im Departement der Finanzen: die Bau 
amtswerkmeister, der Geometer und der Wiesenbaumeister 
der Domänendirektion, die Forstgeometer, die Bezirks 
geometer und Katasterassistenten einschließlich des Ee- 
gistraturbeamten der Katasterplanregistratur, die Topo 
graphen des Statistischen Landesamts, der Badinspektor 
und der Badkassier in Wildbad. 
Württ. Ingenieur-Verein. Im Oberen Museum fand 
am 1. April die MonatsverSammlung statt. Zuerst sprach 
Eegierungsrat a. D. J. Hofmann-Berlin-Genf über das 
Thema: Der Drachenflieger für Sport und Verkehr. Ein 
leitend wurden die erfolgreichsten der bestehenden Flug 
maschinen (Farman, Wright, Esnault-Pelterie, Bleriot) 
nach Bau und Wirkung erläutert. Schließlich wurde 
der Vergleich zwischen Luftschiff und Flugmaschine be 
sprochen und ausgeführt, daß es nicht auf die Flugzeit, 
in bezug auf welche ersteres überlegen sei, sondern auf 
Eeiohenweier Judenhof 
den zurücklegbaren Weg ankomme. Bei einer Geschwin 
digkeit von 100 km in der Stunde könne man zum Bei 
spiel in fünf Stunden von Stuttgart nach Berlin, Wien 
oder Paris gelangen, bei 140 km sei es möglich, mit 
Hilfe von Inselstationen, in drei Tagen nach Neuyork 
oder Chicago zu gelangen, den Schnellverkehr auf der 
ganzen Erde aufzunehmen, und diese Forderung sei gar 
nicht so unausführbar. Hur müsse man sich von den 
Sportmaschinen lossagen und gestatten, daß eine große 
Flugmaschine auch etwas kosten darf. Eeicher Beifall 
lohnte die interessanten Ausführungen des Eedners. 
Nach kurzer Pause nahm die Versammlung den Kom 
missionsbericht betreffend die Sicherung richtigen Längen 
maßes entgegen. Hierauf sprach Ingenieur E. Lind- 
Stuttgart über einen Verdampfungsversuch mit 
Braunkohlenbriketts. Es wurde dargelegt, daß 
sich mit diesen in einem bestimmten Falle rauchschwache 
Verbrennung erzielen ließ, während Euhrkohle unter sehr 
starker Eauchentwicklung verbrannt worden war, und 
daß noch dazuhin mit dieser Verbesserung eine recht er 
hebliche Ersparnis an den Brennstoffkosten eintrat. Auch 
für Stuttgarter Verhältnisse können Briketts vorteilhaft 
Verwendung finden, wie an Zahlen dargelegt wurde. 
Zum Schluß führte der Eedner die untersuchte Anlage 
im Bilde vor (Schloß Hornegg). Das Kessel- und Ma 
schinenbaus ist sozusagen als Euine erbaut, der Schorn 
stein ahmt einen Turm nach, so daß die malerische Um 
gebung durch die neue Anlage nicht im geringsten ver 
unziert worden ist. Der Vorsitzende sprach dem Vor 
tragenden für seine anregenden Darlegungen den Dank 
des Vereines aus. 
Wettbewerbe 
Höheres Mädchensclmlhaus Göppingen. Infolge 
einer Aufforderung der bürgerlichen Kollegien zur Ein 
reichung von Entwürfen für den Neubau eines höheren
	        

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