Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1909)

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BAUZEITUNG 
Nr. 21 
Fig. 1 Gutshof in Großdenkte (Braunschweig) 
Die Einwirkung der Entwicklung des 
Eisenbetonbans auf die wirtschaftlichen 
Interessen des Banhandwerks 
Der geschäftsführende Ausschuß des Innungsverbandes 
Deutscher Baugewerkmeister hat an die Vorstände der 
Innungen und Innungsbezirksverbände im Innungsverhand 
folgendes Rundschreiben versandt: 
Der große Aufschwung, welchen die Betonbauweise 
in den letzten Jahren genommen hat und der allem An 
scheine nach auch so bald nicht zum Stillstand kommen 
wird, hat dem geschäftsführenden Ausschuß unsers Ver 
bandes Veranlassung gegeben, dieses Thema auf dem 
letzten Delegiertentage in Essen behandeln zu lassen 
und einer allgemeinen Besprechung zu unterziehen. Herr 
Architekt Gestrich-Berlin hat dort, wie allen Teilnehmern 
an der Tagung noch in bester Erinnerung sein wird, 
einen ebenso eingehenden wie instruktiven Vortrag über 
die Einwirkung der Entwicklung der Betontechnik, spe 
ziell des Eisenhetonbaues, aufdiewirtschaftlichenlnteressen 
des Bauhandwerks gehalten (vgl. das in Kürze erschei 
nende Protokoll über den Delegiertentag) und hierbei 
besonders die äußerst wichtige Frage untersucht, welchen 
Anteil der Baugewerkmeister an der Herstellung der 
nach der neuen Bauweise errichteten Bauwerke hat, und 
wie dieser Anteil zu vergrößern ist. Er hat hierbei 
darauf hingewiesen, wie durchaus notwendig es ist, daß 
sich der Baugewerkmeister in der Folge wesentlich mehr 
als bisher der neuen Technik annimmt und sich ihre 
Konstruktionsprinzipien zu eigen macht, wenn nicht die 
Gefahr eintreten soll, daß dieser neue und sich von Tag 
zu Tag immer stärker entwickelnde Zweig der Bau 
tätigkeit mehr und mehr in die Hände der Zement 
industrie und in das Arbeitsgebiet des Ingenieurs übergehe. 
Ebenso wie der Vortragende, so haben auch die 
Korreferenten, Herren Clewe-Schwerin i. M. und Thier- 
felder-Dresden sowie die Diskussionsredner und schließ 
lich — durch eine entsprechende Resolution — die Ver- 
sammlung anerkannt, daß der Schutz des Bauhandwerks 
gerade auf diesem Gebiete im wesentlichen hei unsern 
Kollegen selbst liegt, denn je mehr sich unsre Pach- 
genossen theoretisch und praktisch der neuen Konstruk 
tionsweise widmen, um so mehr muß es gelingen, unser 
altes Handwerk an dem offenbaren Siegeszug der neuen 
Technik teilnehmen zu lassen. Freilich ist dazu un 
bedingt notwendig, über die entsprechenden fachtechni 
schen Kenntnisse zu verfügen, da es sonst auf die Dauer 
nicht möglich wäre, mit dem schon jetzt scharfen Wett 
bewerbe der zementindustriellen Spezialfirmen gleichen 
Schritt zu halten. 
Als Mittel zur Erreichung des in der vorhin er 
wähnten Essener Resolution niedergelegten Zieles emp 
fiehlt der geschäftsführende Ausschuß die folgenden Maß 
nahmen : 
1. Die nochmalige eingehende Besprechung der An 
gelegenheit in den Bezirksverbands- und Innungs 
versammlungen zur Belebung des Interesses der 
Herren Mitglieder an der Sache, woraus sie auch 
leichter eine Anregung zur direkten Beteiligung an 
der Ausführung von Betonhauarbeiten erfahren werden. 
2. Eine Verbindung mit der zuständigen Handwerks 
kammer zwecks Abhaltung von Kursen über Wesen 
und Anwendung der neuen Bauweise, wobei es sich 
sowohl um Kenntnis der zur Verwendung kommen 
den Baumaterialien wie um Grundzüge der ver 
schiedenen Konstruktionsweisen handeln wird. 
3. Die Bestellung einer ständigen Beton- 
baukommission, deren Aufgabe sein 
würde, in jeder Beziehung das Interesse 
der Mitglieder an der Sache zu pflegen 
und, wo es angängig ist, die Entwicklung 
desselben zu unterstützen, z. B. durch 
Begründung eines gemeinschaft 
lichen technischen Bureaus für 
größere Interessenkreise und ähnliche 
gemeinschaftliche Einrichtungen sowie 
durch ständig sich wiederholende Hin 
weise in der ihnen zugänglichen Fach 
presse auf die Wichtigkeit der Ange 
legenheit, ferner durch Veranstaltung 
von Exkursionen nach Baustellen, auf 
welchen Eisenbetonbau, Massivbetonbau, 
größere Betonpfahlgründungen u. s. w. 
zur Ausführung gelangen. 
Wir bitten die verehrlichen Vorstände 
ergebenst, sich die Förderung dieser und 
ähnlicher der Sache dienenden Maßnahmen 
nach besten Kräften angelegen sein zu lassen, 
und sehen näheren Berichten bis 10. August 
über das Ergebnis der Bemühungen gern 
entgegen. 
Fig. 2 
Torhaus auf dem Rittergut Hehlen (Brauuschweig)
	        

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