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BAUZEITUNG
Nr. 2
Abb. 12. Einfamilienhaus Schaubild der Gartenfassade gegen Süden
Die Zimmer des Dachraumes sind etwas knapp, die
einfache Grundrißgestaltung gestattet auch eine hübsche
Dachausbildung. Das Häuschen verdient als glückliche
Lösung eines bescheidenen Wohnhauses hervorgehoben
zu werden. Der Einheitspreis von 27 Fr. würde wohl
auf 30 Fr. zu erhöhen sein. (Schluß folgt)
Bauordnung’ und Bebauungsfragen
Im Novemberheft der Architekturzeitschrift „Der Bau
meister“ veröffentlicht der im Stadtbebauungswesen als
eine Autorität geltende Architekt Jansen einen höchst
bemerkenswerten Aufsatz, in welchem er zu dem Wett
bewerb um einen Grundplan für die Bebauung Groß-
Berlins Stellung nimmt. Die bei dieser Gelegenheit
ans Tageslicht gezogenen Zustände treffen mutatis mutandis
auch bei uns zu und müssen sowohl der Negierung als
auch den Gemeinden ernsthaft zu denken geben.
Der Wettbewerb bezweckt eine Sanierung größten
Maßstabs der mit der Zeit unhaltbar gewordenen Zu
stände in der Bebauung Berlins und seiner Umgebung;
durch das Ergebnis der Vorarbeiten wurde zum Ent
setzen aller Beteiligten der Schleier von dem stillen
Werdegang der Großstadt Berlin fortgezogen. „Wir
sehen,“ sagt Jansen, „heute eine Aufteilung dieses
Riesengeländes, aus dem ein Aus und Ein schier un
denkbar erscheint.“ Wir finden ein ganz unüberlegtes,
schematisches Aneinandergliedern von Bebauungsplänen,
von denen die meisten gar nicht kläglicher auställen
konnten; von irgendwelcher Rücksicht auf Oertlichkeit,
Bahnlinien, überhaupt Kunst im Städtebau, wie sie
seinem heutigen Stande entspricht, auch nicht entfernt
zu reden. Selbst beim Versagen all dieser Eigenschaften
wäre es doch das nächstliegende gewesen, wenigstens
auf die Nachbarn Rücksicht zu nehmen, seine Straßen
mit jenen in Einklang zu bringen und
für entsprechenden Durchgang der Haupt
straßen zu sorgen.“
In seinen Vorschlägen zur Gesundung
solcher Verhältnisse geht Jansen von dem
Fundamentalsatz aus, daß in Zukunft
nicht mehr allein die Ingenieure und
Geometer Einfluß auf die Bebauungspläne
liaben dürfen, sondern daß es Pflicht
der Verwaltung sei, fürderhin hierzu
ästhetisch gebildete Techniker, voran die
Architekten, mit heranzuziehen. Gerade
der Architekt ist doch derjenige, der
nächst dem sich ansiedelnden Bürger
am meisten unter einem schlechten Be
bauungsplan zu leiden hat. Wenn solche
Gesichtspunkte heute in größeren Städten
auch schon praktische Erfolge aufzuweisen
haben —■ Stuttgart im besonderen kann
in dieser Beziehung auf erfreuliche Bei
spiele hinweisen —, so dürfte eine Um
setzung solcher Grundsätze in die Tat
über die Grenzen der Städe hinaus größere Schwierig
keiten bieten, da es eben den kleineren Gemeinden schon an
den nötigen Kräften hierzu fehlt. Hier ist esPflicht und Auf-
gabe der Regierung, der im Städtebau, diesem jüngsten
und zugleich wichtigsten Zweige der Baukunst, erfahrene
Politiker, Volks Wirtschaftler und vor allem Architekten
zur Verfügung stehen, einzugreifen und der Gemeinde
die Wege, wenigstens in den Hauptlinien, zu weisen, so
daß Fehler, deren Ausmerzung, wenn überhaupt, so nur
mit den größten finanziellen Opfern möglich ist, vermieden
werden — eine Aufgabe, die eben nur dann mit Erfolg
durchgefühlt werden kann, wenn der Regierung der
Gemeinde gegenüber das Genehmigungsrecht auch
ferner erhalten bleibt. Dann wäre es auch zu Ende mit
den bisher leider vielfach angewandten Grundsätzen, die
Jansen mit folgenden Worten herausgreift: „Höhere
gesundheitliche und ästhetische Grundsätze schieden erst
recht bei diesem egoistischen Sondervorgehen aus, und
genügend große Teile für Erholungsplätze, Parkstraßen,
Volksgärten freizulassen, lag natürlich ganz außerhalb
des Interesses der Spekulanten, welche ein Maximum
von Bauland herauszuschlachten als alleiniges Ziel er
strebten.“
Die Schlußfolgerung für Stuttgart zu ziehen dürfte,
wie ein Techniker im „Schwäb. Merk.“ , der die Aus
führungen Jansens eingehender Beachtung würdigt, mit
Recht meint, nicht schwer fallen; auch wir sind nicht
reich an öffentlichen Plätzen, Parkanlagen und sonstigen
Erholungsstätten, zumal nachdem durch die Bahnhof
erweiterung und die neuen Hoftheater ein großer, der
wertvollste Teil der Kgl. Anlagen dem „wachsenden Ver
kehr“ zum Opfer gefallen sein wird. Dieser nicht mehr
zu ändernde Verlust sollte einer weitausschauenden Be
hörde — und hier kann wohl der Regierung berechtigteres
Vertrauen entgegengebracht werden als der selbstver-
Abb. 13. Einfamilienhaus
Garten fassade, Süden
Abb. 14. Einfamilienhaus Straßenfront, Norden