3. Juli 1909
BAUZBITÜNÖ
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druck bringt. Die Möbel des Wartsaals I. und II. Klasse
sind in hellpoliertem Kirschbaumholz ausgefiihrt, die des
Wartsaals III. und IV. Klasse wurden in dunkelbraun
gerauchtem Buchenholz gearbeitet. In diesem Stockwerk
befindet sich noch das Fahrdienstzimmer, ein weiteres
Dienstzimmer und das Zimmer des Vorstands, außerdem
im Flügelbau gegen Zuffenhausen eine Wohnung für einen
Sekretär. In den zwei um ein Stockwerk erhöhten
Flügelbauten befindet sich je eine Wohnung für den
Bahnhofvorstand und den Kassier. 15 m entfernt vom
Hauptgebäude liegt das Abortgebäude. Die Bäume dieses
Gebäudes sind ebenfalls auf zwei Stockwerke verteilt mit
einem Zugang außerhalb der Bahnsteigsperre im Erd
geschoß und einem solchen innerhalb der Sperre im
ersten Stock. Eine in Eisenbeton ausgeführte, von
Fensteröffnungen durchbrochene Mauer, die zur Unter
stützung des ebenfalls aus Eisenbeton erstellten, längs
des ganzen Baus sich hinziehenden 9 4 / 2 m breiten Bahn
steigdaches dient, verbindet in Bahnsteighöhe Haupt-
und Abortgebäude miteinander. Zwischen diesen beiden
Gebäuden unterhalb der obenerwähnten Verbindungs-
mauer führt eine öffentliche Fußwegunterführung zum jen
seits des Bahndamms gelegenen Teil von Feuerbach.
Neben dem Eingang zu dieser Fußwegunterführung —
künftig einer der verkehrsreichsten Punkte Feuerbachs —
befindet sich unter geschickter Ausnutzung einer Stütz
mauernische ein von der Eisenbahnverwaltung zu ver
mietender kleinerer Yerkaufsladen.
Die äußere Erscheinung des Neubaus macht trotz
seiner Einfachheit und der Vermeidung jeder unnötigen
Zutat einen stattlichen Eindruck. Es ist ein lang
gestreckter Bau mit auf beiden Seiten um ein Stock
werk höher gezogenen Flügelbauten. Der Mittelbau
wird unterbrochen durch eine den Eingang betonende
kleine kupfergedeckte Kuppel, der die Luft Feuerbachs
jetzt schon eine schöne Patina verliehen hat. Der weiß
und gelb geaderte Klingenmünster Sandstein steht in
schönem Einklang mit dem grauen Terranovaputz. Die
Detailausbildung sämtlicher Handwerkerarbeiten trägt
den Stempel des einfach Sachlichen und Praktischen,
wie es für ein dem Verkehr dienendes Gebäude notwendig
ist. Scharfe Kanten, die leicht verstoßen werden, sind
überall vermieden. Dem Stoß besonders ausgesetzte
Stellen in den Gepäckräumen sowie in der Vor- und
Schalterhalle sind durch eiserne Eckleisten geschützt.
Die Wände der Gepäckräume sind bis Reichhöhe in
grauer Kaseinfarbe gestrichen, während die Wände der
Vorhalle, Schalterhalle und des Treppenhauses eine
Steinbrüstung in Höhe von 1,70 m erhalten haben, deren
weißgefugte Steine den Räumen ein freundliches Aus
sehen verleihen. Die überwiegende Anzahl der Decken
und Wände aller Räume ist in zurückhaltenden hellen
Tönen gestrichen, von denen sich der dunklere Anstrich
der Türen und sonstigen Holzvertäferungen wirkungs
voll abhebt. Die Fußböden der Räume sind je nach
der stärkeren oder geringeren Benutzung teils mit
eichenen teils mit buchenen Riemen belegt, mit Aus
nahme der Vor- und Schalterhalle, deren Böden aus
Gußasphalt hergestellt sind, sowie der Gepäckräume
mit Böden aus Stampfasphaltplatten, die eine größere
Widerstandsfähigkeit gegen starkes Befahren mit
schweren Lasten besitzen und auch gegen Stoß un
empfindlicher sind. Die Zwischendecken zwischen
Keller- und Erdgeschoß und zwischen Erdgeschoß
und erstem Stock sind aus Eisenbeton hergestellt.
Außerdem sind auch die öffentliche Fußwegunter
führung, die Bahnsteig- und Gepäckunterführung in
Eisenbeton und Beton ausgeführt, der mit seiner fein
gestockten Oberfläche wirkungsvoll in Erscheinung tritt.
Die Baukosten des Gebäudes beliefen sich ein
schließlich der Verwaltungskosten insgesamt auf rund
240000 M. Die Pläne wurden von der Kgl. Eisen
bahnverwaltung entworfen und ausgearbeitet, in deren
Händen auch die Bauleitung lag. Zur Ausgestaltung
der Fassaden wurde die Architekturfirma Bihl & Woltz
beigezogen. Die überwiegende Mehrzahl der Arbeiten
wurde von Feuerbacher Unternehmern und Handwerkern
ausgeführt.
Es ist anzunehmen, daß die allen Anforderungen der
Neuzeit entsprechende Bahnhofanlage dem gesteigerten
Verkehr die erwarteten Erleichterungen in jeder Weise
bringen wird. Paul Neuffer, Regierungsbauführer.
Das Haus auf zwei Grundstücken
Die Möglichkeit, ein Gebäude auf zwei Grundstücke
zu setzen, ist stets gegeben, wenn die beiden Nachbar
grundstücke demselben Eigentümer gehören, wie auch,
wenn die Besitzer der beiden benachbarten Grundstücke
darin Übereinkommen, auf die beiden Terrains ein ge
meinsames größeres Gebäude zu setzen, um den Raum
Bahnhof Feuerhach Wartesaal III. und IV. Klasse