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BAÜZEITUNG
Nr. 32
neres Zimmer für unständige Lehrer, 30 qm, für den
Vorstand, Registratur, Kanzlei, zusammen 60 qm, 1 Biblio
thek mit Lesesaal, 110 qm, 1 Zimmer für den Haus
meister, 1 Raum für Abstellen der Fahrräder, 1 Haus
meisterwohnung (3 Zimmer, Magdkammer und die üblichen
Zubehörden), 1 Karzer, Aborte für Lehrer und Schüler,
1 Abwaschraum für die Reißbretter in jedem Geschoß,
die nötigen Räume für Zentralheizung und Brennmaterial.
Im Untergeschoß soll der verfügbare Raum eventuell für
Werkstätten oder sonstige Arbeitsräume verwendet werden
können, worauf bei der Höhenlage des üntergeschoß-
fußbodens Rücksicht zu nehmen ist. Für Garderobe,
Reißbretter u. dgl. ist Aufbewahrungsgelegenheit er
forderlich. Die gesamten Baukosten sollen 500 000 M.
nicht überschreiten. Zugelassen waren alle Stuttgarter
Architekten.
Das Preisgericht bildeten die Herren Oberbürger
meister v. Gauß, Oberbaurat Eisenlohr, Bürgerausschuß
obmann Dr. Erlanger, Prof. Dr. Th. Fischer, Gemeinderat
Baurat Heim, Gewerbeschulvorstand Dr.-Ing. Klopfer,
Stadtbaurat Pantle.
Es waren drei Preise zu 1500 M., 1200 M., 1000 M.
ausgesetzt.
Auf die öffentliche Bekanntmachung des Wettbewerbs
sind bis 1. Juli 1909 abends 6 Uhr — dem gestellten
Termin — 63 Entwürfe eingereicht worden.
Die Entwürfe sind nach der Reihe des Einlaufs mit
fortlaufenden Nummern versehen worden; sie tragen ein
Kennwort.
Nachdem die Pläne in Bezug auf die Erfüllung des
Programms einer Vorprüfung, bei der sich nennenswerte
Anstände nicht gezeigt haben, unterworfen waren, ist
das Preisgericht am 14. Juli 1909 zusammengetreten.
Vorauszuschicken ist, daß an sich befriedigende Entwürfe
deshalb ausscheiden mußten, weil die Lehrsäle zu nahe
an das Verwaltungsgebäude gerückt sind, so daß der
Lichteinfall ungenügend ist. Das Preisgericht hat bei
einem ersten Rundgang von 13 Entwürfen als unbe
friedigend Abstand genommen. Bei einem zweiten Rund
gang sind weitere 32 Entwürfe als für die engere Wahl
nicht geeignet weggefallen. Verblieben sind sonach noch
18 Entwürfe für die engere Wahl, nämlich die Nummern;
1, 3, 7, 13, 15, 18, 21, 22, 23, 24, 29, 43, 46, 49, 56,
60, 61 und 62. Bei einer wiederholten eingehenden
Prüfung für die engste Wahl sind noch übriggeblieben
die Nr. 1 mit dem Kennwort „Am Kasernengängle“, Nr. 3
mit dem Kennwort „Zwei Giebel“, Nr. 7 mit dem Kenn
wort „Kunst und Handwerk“, Nr. 15 mit dem Kennwort
„An engen Straßen“, Nr. 21 mit dem Kennwort „Mittel
bau“, Nr. 23 mit dem Kennwort „Typus“, Nr. 49 mit
dem Kennwort „Im Stadtbild“, Nr. 55 mit dem Kenn
wort „Sonnenwende“. Bei Vergleichung dieser acht
Entwürfe kam das Preisgericht zu folgendem Ergebnis:
Nr. 49 mit dem Kennwort „Im Stadtbild“ erhält den
I. Preis (1500 M.), Nr. 3 mit dem Kennwort „Zwei
Giebel“ (Variante) erhält den II. Preis (1200 M-), Nr. 21
mit dem Kennwort „Mittelbau“ erhält den III. Preis
(1000 M.).
Das Preisgericht ist der Meinung, daß zwei weitere
Entwürfe ausgezeichnet werden sollen und empfiehlt der
Stadtverwaltung, für sie weitere Preise zu bewilligen
oder sie anzukaufen, nämlich Nr. 15 mit dem Kennwort
„An engen Straßen“ und Nr. 55 mit dem Kennwort
„Sonnenwende“.
Es wurden hierauf als Verfasser ermittelt von Ent
wurf Nr. 49: Willy Graf, Architekt, Nr. 3: Baurat
Knoblauch, Mitarbeiter Regierungsbauführer W. Knob
lauch und Architekt O. Häcker, Nr. 21: Hans Fleisch
hauer und Friedrich Veil, Architekten, Nr. 15: Emil
Bercher und Friedrich Veil, Architekten, Nr. 55: Bihl
& Woltz, Architekten, sämtliche in Stuttgart.
Die Beschlüsse des Preisgerichts sind einstimmig ge
faßt worden.
Aeußerungen des Preisgerichts zu Entwurf Nr. 49
(„Im Stadtbild“). Das Projekt zeigt eine geschickte,
sehr originelle kompendiöse Grundrißlösung, welche vom
Standpunkt des Städtebildes aus eine sehr brauchbare
und glückliche Ecklösung an der Weimar- und Jobst
straße insofern aufweist, als die Hauptgebäudegruppe
mit guter Massenwirkung an diese Ecke gelegt ist. Der
Haupteingang, der auf die etwas zu breit gehaltene
Haupttreppe führt, ist an die Weimarstraße gelegt und
gut gewählt. Der Gebäudetrakt an der Jobststraße
dürfte, um mehr Licht zur Haupttreppe zu beschaffen,
etwas weiter zurückgerückt sein, wodurch auch mehr
Platz für die zweite Treppe an der Jobststraße gewonnen
würde; alle Säle sind in einwandfreier Weise nach
Norden bzw. Westen situiert. Von besonderem Wert ist
die Möglichkeit einer zukünftigen Erweiterung des Ge
bäudes nach der Jobststraße.
Die Architektur ist in einfachen Formen gehalten,
der Aufbau aber in den Massen gut verteilt, so daß die
in Putz gehaltenen ruhigen Fassaden sympathisch in die
Erscheinung treten.
Die Kosten reichen bei nur 25 000 cbm Rauminhalt
zur Erstellung des Gebäudes völlig aus.
Entwurf Nr. 3, „Zwei Giebel“ (Grundrißvariante).
Bei einer Maximalentfernung von 17,10 m der Nordfront
vom Kanzleigebäude des Städtischen Gaswerks dürften
die Lehrsäle, die vor allem die Nordfront des Hauses
einnehmen, genügend beleuchtet sein. Der Zugang im
Gebäude von einem Ecke Weimar- und Jobststraße
gelegenen Vorhof ist gut gewählt. Auf die Anlage eines
Flügelanbaues an der Weimarstraße konnte wegen strikter
Durchführung des Komplexes in der Richtung der Jobst
straße verzichtet werden. Diese ausgesprochene Längs
betonung ermöglicht eine durchgängige Ausnützung des
nördlichen Lichteinfalls, die bis auf drei Säle durch-