Sparkasse und Rathaus
Mitteilungen aus dem Strafprozeß
betreffend den Hauseinsturz auf dein
Legionskasernenareal
(Schluß.) Von A. Woltz
In 1234 äußern sich die Sachverständigen zu der Aus
dehnung der Voruntersuchung auf Woltz und Hangleiter
in ziemlich unbestimmter Form und ohne zu der Schuld
frage Stellung zu nehmen; dieselbe wird vielmehr für
eine reine Rechtsfrage erklärt, die richterlichem Ermessen
anheimzugeben sei.
7. Die Anklageschrift erhielt ich Ende Oktober
1908; ich requirierte sofort durch die Rechtsanwälte
Drs. Kielmeyer und Scheuing die Akten, konnte sie aber
erst gegen Weihnachten bekommen. Es waren nicht
weniger als 285 Nummern. Ich arbeitete nun eine
eingehende Verteidigungsschrift aus, in welcher ich
den Beweis, daß die Planfertigung mit dem Einsturz in
keinem kausalen Zusammenhang stehe, auf zwei Arten
führte, und zwar indem ich nachwies, daß 1. die gegen
die Planfertigung erhobenen Vorwürfe (s. Nr. 28 d. Jahrg.)
unzutreffend seien, 2. die in 1200 als Einsturzursache
genannten Ausführungsfehler nicht hinreichen, um den
Einsturz zu erklären, daß vielmehr hierzu
notwendig eine Ausführungsweise des
Pfeilers D angenommen werden müsse,
wie sie die benachbarten Mauern und der
Pfeiler H beim Abbruch zeigten.
Den Beweis ad 1 führte ich mit Unter
stützung von Gutachten hervorragender,
in der Praxis bewährter Fachmänner,
wegen des Beweises ad 2 wandte ich mich
an den Statiker Regierungsbaumeister
Dr. Frank, der, wie ich aus den Akten
ersah, schon am 30. Dezember 1907 erklärt
hatte, eine Rechnung, welche lediglich
aus der „Stelzenform“ und der schlechten
Auflagerung der Träger eine Bruch
belastung des Pfeilers D nachweisen wolle,
müsse falsch sein.
Dr. Frank stellte nun auf den in j 200
gegebenen Grundlagen eine neue Berech
nung auf, welche für die Kante a des
Pfeilers D in Höhe Fensterbank erster
Stock im Augenblick des Einsturzes,
selbst bei exzentrischer Auflagerung, eine
Druckspannung von nur 16,7 kg/qcm
ergab.
Er bemerkt dazu: „Jedenfalls ist es
ganz ausgeschlossen, daß die im Gutachten der gerichtlichen
Sachverständigen angegebene Spannung von 50 kg/qcm
nur entfernt erreicht wird, wenn nicht Hohlräume im
Mauerwerk angenommen werden.“ Die Berechnung der
Sachverständigen, die zu so hohen Resultaten komme,
müsse unrichtig sein, denn sie setze voraus, daß der
Pfeiler D frei stehe, während er doch in AVirklichkeit
sowohl in der Mauerebene, als auch in der Ebene D—Q
verspannt sei, wodurch sich Reaktionen einstellen,
welche der Exzentrizität entgegenwirken; weiterhin sei
der Einmauerung des Blechträgerendes eine ganz un
gerechtfertigte Bedeutung beigelegt, denn tatsächlich
könne, wie durch Rechnung beweisbar, von einer Ein
spannung gar keine Rede sein; die Forderung der Sach
verständigen, daß der Blechträger hätte kunstgerecht
umwölbt sein sollen, sei deshalb unbegründet und ent
spreche auch nicht der hochbautechuischen Praxis.
Das Gutachten von Dr. Frank wurde auf meine Ver
anlassung von Prof. Mörsch-Neustadt a. d, H. nachgeprüft
und für durchaus richtig befunden. Prof. Mörsch be
zeichnet die Annahmen, welche die Sachverständigen
ihrer Rechnung zugrunde legten, als „erzwungen“.
Die gleiche Anschauung haben auch alle übrigen
Fachgenossen, welchen ich die Angelegenheit vorgelegt