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BAUZBITUNQ
Nr. 35
Sparkasse und Eathaus Donaueschingen Angekaufter Entwurf Architekt K. Eiotte-Bruchsal
habe, geäußert und dabei
die Ueberzeugung ausge
sprochen, daß die Sachver
ständigen zu einer andern
Erklärung des Einsturzes ge
kommen wären, wenn ihrem
Gutachten [ 200 der Abbruch
des Hauses vorausge-
gangen wäre und sie so
den richtigen Schlüssel zu
der Lösung des Rätsels in
Händen gehabt hätten.
7. Die Verhandlung
vor der Strafkammer
vom 22. bis 25. Juni 1909*)
gestaltete sich ganz so, wie
zu erwarten war: Fohr
mann brachte nicht eine
einzige seiner früheren Ausflüchte und Anschuldigungen
gegen die Pläne mehr vor. Die Zeugen Hartenstein und
Bauer widerriefen ihre frühere Behauptung, daß die
„Stelzenform“ des Pfeilers D eine ganz abnorme Sache
sei, die sie ohne eine Seitenansicht nicht hätten erkennen
können, und bestritten auf Grund ihrer nachträglichen
Berechnung, daß die „Stelzenform“ eine besondere
Exzentrizität der Pfeilerpressung bewirke; letztere sei
so gering, daß sie in der Rechnung vernachlässigt werden
könne. Bauer widerrief auch seine frühere Angabe, daß
er von Bihl & Woltz eine Seitenansicht wiederholt ver
langt habe.
Die Zeugen Erhardt, Aigner und Kies widerriefen
ebenfalls ihre früheren Aussagen, betreffend die Ueblich-
keit der Einschriebe in den 'Werkzeichnungen, und gaben
an, sie hätten diese Angaben seinerzeit nur gemacht,
weil sie die ihnen vorgelegten Fragen nicht richtig auf
gefaßt hätten.
Der Sachverständige Oberbaurat Mörike bestätigte
verschiedenes ausdrücklich, worüber er sich früher
gegenteilig oder aber nicht bestimmt ausgesprochen
*) Als Verteidiger fungierte für mich Kechtsanwalt Dr. Scheuing
dem alle Anerkennung gebührt für die ausgezeichnete Art und
Weise, wie er sich in das schwierige Thema, besonders auch in den
statischen Teil desselben, eingearbeitet und wie er in die Verhand
lung mehrmals verständnisvoll und schlagfertig eingegriffen hat.
hatte, so zum Beispiel, daß
eine eiserne Auflagerplatte
für den Blechträger gar
nicht notwendig gewesen sei,
daß auch eine Unterlage von
Bleiplatten, ja selbst ein
satter starker Zementaufzug
auf einem glatten, vorn
abgekanteten Auflagequader
genügt hätte, daß aber die
Notwendigkeit eines geord
neten Auflagers für jeden
Bautechniker absolut selbst
verständlich und daher ein
Hinweis hierauf in den Zeich
nungen ganz entbehrlich war,
daß ebenso auch Fohrmann
mindestens nach Erhalt der
Zeichnung zum ersten Stock keinen Augenblick im Zweifel
sein konnte, wie der sehr stark belastete Pfeiler D zu
mauern sei, daß daher ein diesbezüglicher Einschrieb in
den Werkplänen des Architekten durchaus kein un
bedingtes Erfordernis war. Bezüglich der „Stelzenform“
begnügte sich Mörike damit, daran festzuhalten, daß ihre
Wirkung nicht ganz gleich Null war, sie habe jedenfalls
den ohnehin unvermeidlichen Einsturz zeitlich um weniges
vorgerückt. Daß der Statiker sie aus den Grundrissen
allein schon erkennen konnte, wurde ohne weiteres zu
gegeben. Ebenso wurde von Mörike anerkannt, daß das
Einmauern solcher Träger im Hochbau allgemein üblich
sei, es könne aber trotzdem vielleicht eine „Einspannung“
vorhanden gewesen sein (die Aufbiegung des Träger
endes beträgt rechnungsgemäß 0,4 mm) und eine gewisse
Vermehrung der Exzentrität bewirkt haben, um wieviel
könne natürlich niemand sagen; das wäre geradezu un
wissenschaftlich.
Baurat Gunzenhauser gab an, daß er sich den An
schauungen von Mörike anschließe, und tadelte noch, daß
die Einmauerung des Blechträgers in gewöhnlichem Speis
ausgeführt gewesen sei; daß hier Zementspeis hergehört
hätte, das hätte jeder Maurer wissen müssen.*)
*) Die Sachverständigen Mörike und Gunzenhauser verneinten
also in der Hauptverhandlung bezüglich meiner Person die Schuld
frage ; es bleibt mir daher bloß das Bedauern übrig, daß die Herren