Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1909)

28. Auguat 1909 
BAUZEITUNQ 
277 
Die Wohnung der Neuzeit 
Halle im Hause Simon in Berlin 
Geh. Regierungsrat Dr.-Ing. A. Messel-Berlin (Siehe Nr. 34) 
Prof. Mörsch bestritt, daß der schlechten Auflage 
rung des Blechträgers ein so großes Gewicht beigelegt 
werden dürfe, wie von Mörike und Gunzenhauser ge 
schehen, er zeigte, wie ein Auflagerdruck nahe der inneren 
Mauerkante durch Absprengen der letzteren die Rekti 
fikation des Auflagers ganz von selbst bewirkte und wie 
das Mauerwerk vermöge seiner Elastizität der Aufbiegung 
des Trägerendes gewissermaßen folge, ein Hauptgrund 
dafür, weshalb die im Hochbau häufige rohe Träger 
auflagerung niemals schädliche Folgen erzeuge. 
Der „Stelzenform“ des Pfeilers D legt Prof. Mörsch 
keine Bedeutung bei, da der Pfeiler nicht frei stand, 
sondern durch die Fensterbrüstungen genügend seitlich 
versteift war. 
Prof. Mörsch faßte seine Ausführungen dahin zu 
sammen, daß der „Stelzenform“ gar keine, der schlechten 
Trägerauflagerung nur eine beschränkte Schuld bei 
sich nicht schon in der Voruntersuchung mit gleicher Deutlichkeit 
ausgesprochen haben, denn dann wäre mir die Anklage erspart 
geblieben. Der „ümfall“ der Zeugen Hartenstein, Bauer, Kies u. s. w. 
brachte ja keine Momente, die den Sachverständigen als Männern 
vom Fach hätten überraschend sein und ihre Auffassung beeinflussen 
können. 
zumessen, der Einsturz daher in der Hauptsache nur 
durch überaus schlechtes Mauerwerk zu erklären sei. 
Nun kam der Statiker Prof. Kriemler von der Tech 
nischen Hochschule zu Wort. Derselbe konstatierte 
zunächst, daß er eigentlich gar nicht orientiert sei, ins 
besondere keinerlei Berechnung gemacht habe und seine 
Bekanntschaft mit dem Gegenstand nur einer Besprechung 
mit Oberbaurat Mörike verdanke. Da müsse er nun sagen, 
daß er in erster Linie den Planfertiger verantwortlich 
mache. Wie könne man überhaupt einen solchen Plan 
aufstellen? Während ein richtiges Haus, wie zum Bei 
spiel das dem Gerichtssaal gegenüberliegende (ülrich- 
straße 9), zwischen den Fenstern ordentliche Wandflächen 
zeige, habe dieses Haus in seiner Straßenfront und be 
sonders auf der eingestürzten Nebenseite nichts als 
Fenster. Dazu seien die vier obersten Stockwerke, die 
allein schon ein großes Haus darstellen, einfach über den 
Umfassungswänden ins Hohle gesetzt. Einen solchen 
Plan hätte er nie und nimmer gemacht. Er hätte in 
den unteren Stockwerken mindestens eine Querwand 
hineingezogen. Ein solches Haus ohne andre innere 
Versteifung als die oberen Zwischenwände aus Fachwerk 
sei geradezu ein Kartenhaus, und man dürfe sich nicht 
wundern, wenn das einfalle. Wenn er Chef gewesen
	        
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