16. Oktober 1909
BAUZBITUNG
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Das neue Deiclisgesetz gegen den un
lauteren Wettbewerb
(Schluß)
IV. Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen
Gegen den Verrat von Fabrik- und Geschäftsgeheim
nissen wendet sich der § 17 des neuen Wettbewerbs
gesetzes; er deckt sich seinem Inhalte nach mit dem § 9
des alten Gesetzes und enthält keine abgeäuderten Be
stimmungen.
§ 17.
„Mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geld
strafe bis zu fünftausend Mark oder mit einer dieser
Strafen wird bestraft, wer als Angestellter, Arbeiter
oder Lehrling eines Geschäftsbetriebs Geschäfts- oder
Stellungen über Selbstkostenpreise, Gewinnab
schlüsse, Submissionsangebote, Kundenver
zeichnisse u. a., an deren Geheimhalten sich ein mehr
oder minder erhebliches geschäftliches Interesse knüpft,
gegen mißbräuchliche Verwertung zu sichern. Sie ver
sagen auch für viele Verhältnisse des industriellen Be
triebs. Der Wert eines Erzeugnisses bestimmt sich sehr
häufig durch gewisse, ihrer Natur nach weder zum Er-
findungs- noch zum Gebrauchsmusterschutz berechtigte
Besonderheiten des Herstellungsverfahrens, beispielsweise
Mischung verschiedener Ingredienzien, Wahl gewisser
Temperaturgrade, Zeitdauer der Einwirkung eines elek
trischen Stromes u. a. Die Angestellten endlich haben
durch diese Gesetzesbestimmung eine Schädigung in
ihren berechtigten Interessen nicht zu fürchten. Den
Arbeitern in einem Geschäft oder in einer Fabrik sollen
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Betriebsgeheimnisse, die ihm vermöge des Dienstver
hältnisses anvertraut oder sonst zugänglich geworden
sind, während der Geltungsdauer des Dienstverhält
nisses unbefugt an andre zu Zwecken des Wettbewerbs
oder in der Absicht, dem Inhaber des Geschäftsbetriebs
Schaden zuzufügen, mitteilt.
Gleiche Strafe trifft denjenigen, welcher Geschäfts
oder Betriebsgeheimnisse, deren Kenntnis er durch
eine der in Abs. I bezeichnten Mitteilungen oder
durch eine gegen das Gesetz oder die guten Sitten
verstoßende eigne Handlung erlangt hat, zu Zwecken
des Wettbewerbs unbedingt verwertet oder an andre
mitteilt.
Nach § 20 des Gesetzes wird, wer zu Zwecken des
Wettbewerbs es unternimmt, einen andern zu einer
Zuwiderhandlung gegen die Vorschriften des § 17 Abs. 1
zu bestimmen, mit Gefängnis bis zu neun Monaten
und mit Geldstrafe bis zu zweitausend Mark oder mit
einer dieser Strafen bestraft.“
Die den gewerblichen Rechtsschutz regelnden Gesetze
geben dem Kaufmann kein Mittel au die Hand, die Listen
seiner Bezugsquellen oder Abnehmer, Zusammen
rücksichtlich dessen, was sie dort gelernt haben und
was sie zu ihrem späteren Fortkommen ausnutzen müssen,
durch diese Gesetzesvorschrift keine Beschränkungen auf
erlegt werden. Das, was der Lehrling im Geschäft
seines Meisters oder Prinzipals gelernt hat, das soll er
auch zu seinem ferneren Fortkommen für sich nutzbar
machen. Der wesentlichste Grund für die Vorschrift
liegt darin, daß in einer Zeit, wo ungeachtet der all
gemeinen Solidität und Ehrbarkeit der erwerbenden
Stände doch die Ausnutzung fremden Gutes einen immer
größeren Umfang annimmt, es doch geboten ist, den
Lehrherrn, den Meister, den Prinzipal zu schützen gegen
das Bestreben seines Konkurrenten, sich die Geheimnisse
anzueignen, die ein Lehrling in dem Geschäft gelernt
hat, und mit Recht trifft das Gesetz sehr scharfe Be
stimmungen für die Bestrafung dritter Personen, welche
zum Verrat der Geheimnisse verleiten. Der unlautere
Prinzipal, welche^; den Handlungsgehilfen eines andern
engagiert, ihn seinem bisherigen Brotherrn abspenstig
macht und nun von ihm die Geschäftsgeheimnisse des
früheren Dienstherrn herauslockt, um sie für sich nutz
bar zu machen, darf einer möglichst strengen Bestrafung