16. Oktober 1909
BAUZEITUNG
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beiden Darstellungen knüpfte sich eine längere Aus
sprache. Auch hei der Erörterung über die Erhaltung
des römischen Kaiserpalastes in Trier machten sich gegen
teilige Ansichten geltend. Prof. Gary - Großlichterfelde
betonte die Notwendigkeit der Erhaltung und Erforschung
der Reste der Ruine, der Wiederaufbau komme erst in
zweiter Linie. Sehr entschieden erklärte sich Geh. Re
gierungsrat Prof. Dr. Löschke-Bonn gegen einen Wieder
aufbau, da man gar keinen Anhalt habe, wie der Kaiser
palast ausgesehen habe. Es könne sich nur um Kon
servierung der Reste handeln. Zu einer lebhaften
Aussprache führte dann die Stilfrage bei der Wieder
herstellung alter Baulichkeiten. Hier standen sich wieder
verschiedene Ansichten gegenüber. Prof. Weber-Danzig
sprach von toten und lebenden Bauten. Jene solle man
in ihrem Zustand lassen und an eine Restaurierung nur
bei lebenden, heute noch ihrem Zweck dienenden Bauten
gehen, dabei sich an den historischen Stil halten, da
kein moderner Stil vorhanden sei. Einen ganz gegen
sätzlichen Standpunkt nahm Landesbaurat a. D. Rehorst
ein, der die For
derung freier mo
derner Stilgebung
bei Erneuerungen,
Vergrößerungen,
An- und Aufbauten
nachdrücklich ver
trat. Gerade die
Ehrfurcht vor den
alten Baudenk
mälern solle von
Nachahmungen, die
dazu geeignet seien,
den ursprünglichen
Baugedanken zu ver
wischen, abhalten.
Der Meister müsse
über den Stilen
stehen und sie nach
dem Empfinden uns
rer Zeit umgestal-
tenundweiterbilden.
Es hätten hervor
ragende Architekten
durch ihre Bauten
bereits bewiesen, daß sie den Aufgaben der Denkmalpflege
gewachsen seien. In der eingehenden Erörterung, die den
beiden Darlegungen folgte, traten Prof. Corn. Konrad
Lange und Gurlitt sehr warm für die neue Kunst ein.
Der neue Stil sei zum Teil schon da, man dürfe es den
Modernen nicht verwehren, alte Bauten in ihrem Stile
wiederherzustellen. Ehrfurcht gegen das Alte, Liebe,
herzliche Liebe zu allem Neuen soll das Losungswort sein.
Damit war die Tagesordnung erschöpft. Als Ort der
nächsten Tagung wurde Danzig bestimmt. F.
Y ereinsmitteilnngen
Württ. Baubeamten-Verein. Die nächste Aus
schußsitzung findet Sonntag, den 24. Oktober d. J.,
vormittags 10 Uhr, im Gasthof „St. Joseph“ in Gmünd
statt; es werden hierzu die verehrl. Ausschußmitglieder
freundlichst eingeladen, auch die übrigen Vereinsmitglieder
sind herzlich willkommen. Nach den Verhandlungen um
12 Va Uhr gemeinschaftliches Mittagessen und von 2 Uhr
ab Besichtigung der neuen Fachschule und andrer Gmünder
Sehenswürdigkeiten unter kundiger Führung. Zu dem
Mittagessen sowie zu den Besichtigungen mit darauf
folgendem Abendschoppen sind auch die Herren Kollegen,
welche dem Vereine nicht angehören, ebenfalls herzlich
eingeladen. Anmeldungen zum Mittagessen ä 1,60 M.
sind an Herrn Stadtbaumexster Herkommer in Gmünd
zu richten. — Diejenigen Mitglieder unsers Vereins, die
sich in diesem Winter an einem Eisenbetonkurs be
teiligen möchten, werden hiennit ersucht, sich bis zum
20. d. M. bei dem Vereinsvorstand, Bahnliofstraße 17 in
Stuttgart, anzumelden.
Wettbewerbe
Anlegung eines Friedhofs in Bremen. Von der
Deputation für die Friedhöfe der Freien Hansestadt
Bremen wird ein Wettbewerb zur Erlangung eines Planes
für die Anlegung des Osterholzer Friedhofs unter den
deutschen Architekten und Gartenkünstlern mit Termin
bis 1. Februar 1910 mit Preisen von 5000, 4000, 3000 M.
ausgeschrieben. Für zwei Ankäufe sind je 500 M. be
stimmt. Im Preisgericht sind u. a. Baudirektor Ehr
hardt und Prof. Högg-Bremen, K. Gartenbaudh-ektor
F. Encke-Köln a. Rh., Landesbaurat Prof. Th. Göcke-
Berlin, Baurat Hans Grässel-München. Programm und
Grundlagen sind von der Friedhofinspektion An der Tiefer
gegen 5 M., die
wiedererstattet wer
den, zu beziehen.
Kleine
Mitteilungen
Württ. Kunst
verein Stuttgart.
Neu ausgestellt: Ge
burtstagtisch, Vete
ran, Fisch, Prozes
sion, Atelierstill
leben, Akt, Akazien,
Brot und Pfirsiche,
Vörfi-ühling, Im
Freien, Kleine Lui-
senbui'g, Winter
abend, Rheinfall,
Jockgrimer Bauer,
Interieur, Junger
Fischer, Stilleben,
Sommerlandschaft
von Alb. Haueisen;
Heimkehr, Waldbach, Schwarz waldhaus, Kopfstudie,
Herbststimmung, Zirkusszene von Leo Bauer; Däm
merung, Seeufer, Märzahend, Abendglanz, Märzsonne,
Am Berliner Tor, Fischersteg, Herbstabend (Aquarelle)
von Hans Klohß, u. s. w.
Bautechnische Beratung der Gemeinden bei
Schulhausbauten. Im Amtsblatt des Kgl. Württ. Mini
steriums des Kirchen- und Schulwesens wird eine Be
kanntmachung veröffentlicht des Inhalts, daß zur Beratung
der Behörden und Anstalten des Kultdepartements in
bautechnischen und verwandten Fragen ein bautechnischer
Berater aufgestellt ist, dessen Tätigkeit unmittelbar der
Dienstaufsicht des Ministeriums des Kirchen- und
Schulwesens unterliegt. Neben der eingehenden Prüfung
der ihm überwiesenen Akten und Pläne gemäß den be
stehenden Vorschriften und der Abfassung schriftlicher
Gutachten hierüber soll die Beiziehung des Beraters zur
förmlichen Uebernahme eines fertiggestellten Schulhaus
bauwesens erfolgen. Bei bedürftigen Gemeinden können
die Beratungskosten ganz oder teilweise auf die Staats
kasse übernommen wei’den. Die wirtschaftlichen Ver
hältnisse der Gemeinden unter Wahrung der schul
technischen und schulhygienischen Interessen sollen bei
Begutachtung der für Schulzwecke bestimmten Gebäude
und Einrichtungen tunlichst berücksichtigt werden.
Außerdem ist zu prüfen, ob die Bauten dem archi
tektonischen und landschaftlichen Bilde der Umgebung
Deutsches Institut für ärztliche Mission Tübingen
Grundriß des Erd- und ersten Obergeschosses