Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1909)

23. Oktober 1909 
BADZEITÜNÖ 
339 
stattfindet, die deren Erledigung gleichfalls ungebührlich 
verzögert. Man fragt sich besorgt: Wie soll das nach 
Inkrafttreten der neuen Bauordnung werden, wenn die 
hiesige Baupolizeibehörde mit einem Kompetenzumfaug 
ausgestattet wird, der die Geschäfte derselben mindestens 
verdoppelt und an sachlicher Bedeutung ganz wesentlich 
erhöht? Wird die hierzu nötige Reorganisation der Bau 
polizei nur von Juristen und Verwaltuugsbeamten fest 
gelegt oder dürfen die Techniker auch dabei zum Wort 
kommen? Die Gemeinde steht ohne Zweifel vor einer 
für das öffentliche Bauwesen bzw. für alle, die hier 
bauen und zu bauen gezwungen sind, so wichtigen Ein 
richtung, daß die hiesigen technischen Körperschaften, 
der Architektenklub, der Verein für Baukunde u. s. w. 
als solche ihre Ansichten auf Grund ihrer Erfahrungen 
geltend machen sollten, ehe es zu spät ist, d. h. bevor 
wir aus dem Schoße des Gemeinderats mit einer fertigen 
Sache überrascht werden. 
Es ist sicher, daß diejenigen Hemmnisse, durch welche 
bisher das baupolizeiliche Verfahren zu unserm Schaden 
ungebührlich in die Länge gezogen wurde, nur zu be 
seitigen sind durch die Initiative einer maßgeben 
den autoritativen Persönlichkeit, die nicht nur über 
die nötige technische Sachkenntnis verfügt, sondern auch 
in ihren Anordnungen unabhängig ist. Erfolgreich diesem 
Stadtbaupolizeiamt vorzustehen dürfte nur einem Baurat 
möglich sein, dem als Rechtsbeistand bei Bedarf ein 
Sekretär (Jurist) an die Hand zu geben wäre. Dieser 
Baurat, ein erfahrener Praktiker im Städtebau, hätte 
alle das baupolizeiliche Gebiet betreffenden Fragen zu 
behandeln, neue Bauvorschriften rechtzeitig in die Wege 
zu leiten und insbesondere auch die Beratung des Ge 
meinderats in Stadtbauplansachen zu übernehmen und 
die Einleitung und Besorgung der Vorarbeiten hierzu 
zu überwachen. Die zukünftige Uebertragung der tech 
nischen Prüfung der einlaufenden Baugesuche bezirks 
weise, d. h. durch die Bezirkstechniker, halten wir nicht 
für vorteilhaft, da die diesen Beamten anläßlich der noch 
nicht weit zurückliegenden Zusammenlegung der Bau 
kontrolle und Feuerschau übertragenen Geschäfte daun 
wohl wieder geteilt und durch andre besorgt werden 
müßten, während sich die jetzige Einrichtung bewährt 
hat. Ferner dünkt uns, daß die Begutachtung unsrer 
Baugesuche in möglichst wenig Hände gelegt werden 
sollte, da nur dann eine stetige gleichmäßige Behand 
lung erwartet werden kann. Im allgemeinen muß bei 
der Reorganisation, wenn dieselbe gegen seither einen 
Fortschritt bedeuten soll, oberster Grundsatz sein „Zen 
tralisation der Behandlung“, d. h. das Schwergewicht 
der Prüfung und die Entscheidung ist in die Hände
	        

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