23. Oktober 1909
BADZEITÜNÖ
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stattfindet, die deren Erledigung gleichfalls ungebührlich
verzögert. Man fragt sich besorgt: Wie soll das nach
Inkrafttreten der neuen Bauordnung werden, wenn die
hiesige Baupolizeibehörde mit einem Kompetenzumfaug
ausgestattet wird, der die Geschäfte derselben mindestens
verdoppelt und an sachlicher Bedeutung ganz wesentlich
erhöht? Wird die hierzu nötige Reorganisation der Bau
polizei nur von Juristen und Verwaltuugsbeamten fest
gelegt oder dürfen die Techniker auch dabei zum Wort
kommen? Die Gemeinde steht ohne Zweifel vor einer
für das öffentliche Bauwesen bzw. für alle, die hier
bauen und zu bauen gezwungen sind, so wichtigen Ein
richtung, daß die hiesigen technischen Körperschaften,
der Architektenklub, der Verein für Baukunde u. s. w.
als solche ihre Ansichten auf Grund ihrer Erfahrungen
geltend machen sollten, ehe es zu spät ist, d. h. bevor
wir aus dem Schoße des Gemeinderats mit einer fertigen
Sache überrascht werden.
Es ist sicher, daß diejenigen Hemmnisse, durch welche
bisher das baupolizeiliche Verfahren zu unserm Schaden
ungebührlich in die Länge gezogen wurde, nur zu be
seitigen sind durch die Initiative einer maßgeben
den autoritativen Persönlichkeit, die nicht nur über
die nötige technische Sachkenntnis verfügt, sondern auch
in ihren Anordnungen unabhängig ist. Erfolgreich diesem
Stadtbaupolizeiamt vorzustehen dürfte nur einem Baurat
möglich sein, dem als Rechtsbeistand bei Bedarf ein
Sekretär (Jurist) an die Hand zu geben wäre. Dieser
Baurat, ein erfahrener Praktiker im Städtebau, hätte
alle das baupolizeiliche Gebiet betreffenden Fragen zu
behandeln, neue Bauvorschriften rechtzeitig in die Wege
zu leiten und insbesondere auch die Beratung des Ge
meinderats in Stadtbauplansachen zu übernehmen und
die Einleitung und Besorgung der Vorarbeiten hierzu
zu überwachen. Die zukünftige Uebertragung der tech
nischen Prüfung der einlaufenden Baugesuche bezirks
weise, d. h. durch die Bezirkstechniker, halten wir nicht
für vorteilhaft, da die diesen Beamten anläßlich der noch
nicht weit zurückliegenden Zusammenlegung der Bau
kontrolle und Feuerschau übertragenen Geschäfte daun
wohl wieder geteilt und durch andre besorgt werden
müßten, während sich die jetzige Einrichtung bewährt
hat. Ferner dünkt uns, daß die Begutachtung unsrer
Baugesuche in möglichst wenig Hände gelegt werden
sollte, da nur dann eine stetige gleichmäßige Behand
lung erwartet werden kann. Im allgemeinen muß bei
der Reorganisation, wenn dieselbe gegen seither einen
Fortschritt bedeuten soll, oberster Grundsatz sein „Zen
tralisation der Behandlung“, d. h. das Schwergewicht
der Prüfung und die Entscheidung ist in die Hände