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BAUZEITUNG
Nr. 44
1. im Kreise der Berufsgenossen die weitere Auf
fassung von den Pflichten des technischen Standes immer
mehr Boden gewinne, daß immer mehr Techniker ihre
Berufung erkennen, nicht als Nurtechniker mit ihrem
Fachwissen, sondern mit ihrer ganzen — in der Arbeit
des technischen Berufs zur klaren Beurteilung der mo
dernen Lebensbedingungen gelangten — Persönlichkeit
der Allgemeinheit zu dienen;
2. daß ferner eine Fühlung hergestellt wird zwischen
dem technischen Stande und der Allgemeinheit: daß die
Oeffentlichkeit Aufklärung erhält darüber, was der Tech
niker für sie leistet und wieviel mehr er leisten könnte,
wenn er nicht nur als Erzeuger des technischen Werkes
betrachtet, sondern auch darüber hinaus im Dienste des
Gemeinwesens und der Yolkswohlfahrt in Anspruch ge
nommen würde;
3. daß endlich für den Techniker mit allem Nach
druck die Stellung gefordert wird, die ihm kraft seines
Könnens, seiner Fähigkeiten und Leistungen gebührt
und die ihn erst recht dazu führen wird, alle seine Kräfte
im Dienst der Allgemeinheit wirksam zu entfalten.
Wir wünschen und hoffen, daß der neue württem-
bergische Verband auf Grund vorstehender Leitsätze
eine segens- und erfolgreiche Tätigkeit für den Techniker
stand entfalten möge!
Yereinsmitteilimgen
Württ. Baubeamten - Verein. Am 24. Oktober fand
die vierte Ausschußsitzung in diesem Jahre im Gast
hof „St. Joseph“ zu Gmünd statt. Anwesend waren
12 Ausschußmitglieder und 8 Gäste. Nach einer kurzen
Begrüßung gedachte der Vorsitzende in ehrender Weise
der seit der letzten Sitzung verstorbenen Mitglieder und
übermittelte dem anwesenden Herrn Stadtbauinspektor
Mößner die Gratulation des Vereins zu seinem neuen
Titel. Nun wurde der Freude Ausdruck verliehen, daß
die Gmünder und Aalener Kollegen so zahlreich der
Einladung zur Sitzung gefolgt seien und zum geschäft
lichen Beginn die Verhandlungsschrift der letzten Aus
schußsitzung verlesen und genehmigt. Aus der Bekannt
gabe der sehr umfangreichen Einläufe, welche, soweit
dies möglich war, sofort zur Erledigung gebracht wur
den, sind hauptsächlich zu entnehmen; 1. zur weiteren
Behandlung der Angelegenheit der Pensionsverhältnisse
der Körperschaftsbaubeamten wurde eine Kommission
aufgestellt; 2. wegen der wiederholt vorgekommenen An
stellung ungeprüfter Bautechniker in etatmäßige Stellen
sollen weitere Schritte getan werden; 3. die für die
Vorbildungsangelegenheit aufgestellte Kommission wurde
beauftragt, in Gemeinschaft mit dem Bauwerkmeister
verein bzw. dessen Kommission weitere Schritte zu unter
nehmen; 4. wegen Ernennung der Bauamtswei’kmeister
im Finanzdepartement auf bestimmte Stellen und
wegen der gewünschten Titeländerung soll eine Eingabe
zur Vorlage gebracht werden. Ein weiterer Punkt, betref
fend die Besoldungsordnung der Militärbausekretäre mußte
wegen der sehr vorgerückten Zeit vorerst noch zurück
gestellt werden. Zur allgemeinen Freude des Ausschusses
beteiligten sich die als Gäste anwesenden Kollegen leb
haft bei dieser Verhandlung. Neu aufgenommen wurden
dann 9 Mitglieder, ausgetreten sind 2 und gestorben
3 Mitglieder. Die nächste Ausschußsitzung soll im Fe
bruar 1910 stattfinden. Anschließend an die nach 1 Uhr
geschlossene Sitzung fand ein gemeinschaftliches Mittag
essen statt, bei dem Bede und Gegenrede nicht fehlten.
Nach dem Mahle wurden unter kundiger Führung des
Stadtbaumeisters Herkommer das Bathaus und die Heilig
kreuzkirche besichtigt; hierauf an dem von Kollege Her
kommer im Jahre 1902 erstellten stattlichen Gymnasium
vorüber zur neuen Fachschule, die sich als ein künstle
risch empfundenes Bauwerk darstellt, mit prächtigen,
teilweise einzigartigen Sammlungen, ein Asyl des Kunst
gewerbes, um das die Stadt Gmünd wahrhaft zu be
neiden ist. Erfüllt von den geschauten köstlichen Formen
und Farben, gingen wir dankbaren Gemüts noch die
Straßdorfer Höhe hinan, die in dem Moment erreicht
wurde, als die Sonne majestätisch neben den prächtigen
Bergen der Ostalb untertauchte, die alten Türme der
ehemaligen Beichsstadt mit ihren letzten Strahlen ver
goldend. Bei dem nun eingenommenen Abschiedsschoppen
beim „Torbäck“ in der Bocksgasse griff die fröhlichste
Stimmung über den so außerordentlich gelungenen Ver
lauf des schönen Tages Platz und man trennte sich end
lich schweren Herzens. Den Herren Stadtbaumeister
Herkommer und Oberamtsbaumeister Feifel sei auch an
dieser Stelle für ihre Mühe und warmes Entgegenkommen
herzlich gedankt.
Dienstag, den 2. November, Gesellschaftsabend im
Vereinszimmer „Gesellschaftsbaus der Bauhütte“, Büchsen
straße 53, hier, von abends 7 , / 2 Uhr an. — Ihren Beitritt
zum Verein haben angemeldet; Bauamtswerkmeister Georg
Haege-Gmünd, Bauamtswerkmeister Willi. Häßler-Win
nenden, Bauwerkmeister August Angstenberger-Gmünd,
Bauwerkmeister Gustav Dold-Gmünd, Baukontrolleur
Thomas Hirner Gmünd und Bauwerkmeister Friedr.
Kurz-Gmünd.
Württenibergischer Verein für Baukumle. Am
23. Oktober wurde das neue Vereiusjahr mit der
ersten ordentlichen Mitgliederversammlung und gleich
zeitig Hauptversammlung eingeleitet. Der Vorsitzende,
Baurat Kräutle, begrüßte die Erschienenen und lud sie
zu tätiger Mitarbeit im kommenden Winter ein. Sodann
gedachte er der beiden im Sommer dahingegangenen
Mitglieder, Oberbaurat a. D. Gansser, der dem Verein
seit dessen Gründung im Jahr 1842, also 67 Jahre
lang, angehört hatte und noch im Mai seinen 90. Ge
burtstag begehen durfte, sowie des erst vor wenigen
Wochen (28. September) verstorbenen Oberbaurats Find
eisen, der im letzten Jahr für den Verein auf dem Ge
biet der Denkmalpflege in besonderer Weise tätig war
und sich im übrigen an den Vereinsveranstaltungen
jederzeit eifrig beteiligt hatte. Nach Erledigung einiger
Aufnahmegesuche sowie sonstiger geschäftlicher Ange
legenheiten erteilte der Vorsitzende an Baudirektor
v. Bach das Wort zu einem Vortrag über: „Die tat
sächliche Widerstandsfähigkeit von ^]-Eisen“.
Schon in den Jahren 1887 und 1888 hatte der Bedner
eiserne Träger auf ihre Widerstandsfähigkeit gegen Ver
drehung untersucht und war dabei zu dem Ergebnis ge
langt, daß die Flanschen nur eine ganz geringe Er
höhung der Widerstandsfähigkeit bewirkten. Daher
war ihm schon damals der Gedanke gekommen, daß
vermutlich derartige Träger auch bei Biegungsbean
spruchung eine Minderfestigkeit aufweisen dürften gegen
über den durch Bechnung ermittelten Werten. Allein
erst 1902 fand er Zeit, die diesbezüglichen Versuche auszu
führen, die ergaben, daß FJanschenträger nicht viel mehr
Widerstandsfähigkeit gegen Biegung besaßen, als Träger,
bei denen bloß der Steg vorhanden war. Da indes diese Ver
suche mit gußeisernen Trägern ausgeführt worden waren,
die zumeist kleine Gußfehler hatten, und da zudem für
das Gußeisen bekanntlich das Proportionalitätsgesetz
nicht gilt, nach welchem die Dehnung mit Zunahme der
Spannung entsprechend fortschreitet, so konnten die ge
nannten Versuche nicht als unbedingt einwandfrei gelten.
Erst in den letzten Jahren wurden nun auch mit fluß
eisernen Trägern Versuche durchgeführt, um Vergleichs
werte zwischen der tatsächlichen und rechnungsmäßigen
Durchbiegung zu erlangen und die hieraus sich ergebende
Verminderung der Widerstandsfähigkeit dieser Träger
festzulegen. Zunächst wurde der zu untersuchende
Träger an verschiedenen Stellen nach Höhe und Quer
schnitt genau gemessen und hieraus ein Mittelwert für