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BAUZEITUNG
Nr. 4
Das neue englische Patentgesetz und
seine Bedeutung für die deutsche Industrie
Von Patentanwalt B o s c h - Stuttgart
Das neue englische Patentgesetz vom 1. Januar 1908
hat zahlreiche Neuerungen mit sich gebracht, von denen
nachstehend nur die wichtigsten herausgegriffen werden
sollen. Während bisher nur eine beschränkte Neuheits
prüfung bestand, die den Yorprüfer nur zu einem ent
sprechenden Vermerk in der Patentschrift, jedoch nicht
zu einer Zurückweisung des Patentgesuchs berechtigte,
kann jetzt wegen mangelnder Neuheit auch die Zurück
weisung des Patentes stattfinden. Ein Vorzug des Ge
setzes besteht darin, daß jetzt auch Zusatzpatente an
gemeldet werden können; ferner ist es möglich, unter
gewissen Umständen Patente, die infolge Nichtzahlung
der Gebühr erloschen sind, Wiederaufleben zu lassen.
Die bisherigen Grundsätze für die Erteilung einer
Zwangslizenz bzw. Rücknahme des Patentes auf Antrag
nach drei Jahren vom Patentdatum sind auch im neuen
Gesetz im wesentlichen beibehalten.
Die wesentlichste Abänderung des neuen Patentgesetzes
besteht jedoch nach Art. 27 darin, daß ein Patent inner
halb vier Jahren, vom Tage der Anmeldung ab gerechnet,
als zurückgenommen erklärt werden kann, wenn der
patentierte Gegenstand oder das patentierte Verfahren
ausschließlich oder hauptsächlich außerhalb des Vereinigten
Königreichs hergestellt oder zur Ausführung gebracht
wird.
Soll das Patent nicht für zurückgenommen erklärt
werden, so hat der Patentinhaber den Nachweis zu er
bringen, daß der Gegenstand des Patentes in ange
messenem Umfange im Vereinigten Königreich hergestellt
oder zur Ausführung gebracht wird, oder daß der Patent
inhaber ausreichende Gründe anführt, warum der Patent
gegenstand nicht in diesem Umfange hergestellt oder zur
Ausführung gebracht wird.
Im letzteren Fall, d. h. bei Anführung ausreichender
Gründe, kann eine Frist von zwölf Monaten bewilligt
werden.
Es ist hieraus ersichtlich, daß der erwähnte Art. 27
für die deutsche Industrie von großem Nachteil ist, in
sofern sie dadurch gezwungen wird, ihre Patente in Eng
land ausführen zu lassen, was für das englische National
vermögen, da hierbei in der Hauptsache nur englische
Arbeiter Beschäftigung finden werden, von immenser
Tragweite ist, besonders wenn man noch berücksichtigt,
daß die Fabrikation eines einzigen Patentartikels nur
selten die Errichtung einer Fabrik rentabel gestaltet, daß
vielmehr in Verbindung mit diesem Artikel noch andre
nichtpatentierte Gegenstände fabriziert werden müssen,
die sonst in Deutschland hergestellt würden. Von vielen
Seiten wird diese Maßregel als eine große Härte empfunden;
jedoch hat Deutschland keinen Anlaß, sich darüber zu
beklagen, denn erstens richtet sich der genannte Artikel
nicht nur gegen Deutschland, sondern auch gegen die
gesamte nichtenglische Industrie, und zweitens ist der
Art. 27 in der Hauptsache lediglich dem § 11 des deut
schen Patentgesetzes nachgebildet, wonach die Zurück
nahme des Patentes ebenfalls ausgesprochen werden kann,
wenn innerhalb dreier Jahre, von der Patenterteilung ab
gerechnet, nicht in angemessenem Umfang in Deutschland
fabriziert oder doch alles getan wird, um diese Ausführung
zu sichern.
Die Befürchtungen, die die deutsche Industrie wegen
der Handhabung des Art. 27 hegt, dürften übertrieben
und im wesentlichen durch die bereits in die Wege
geleiteten Etablierungen einer Anzahl von deutschen
chemischen Großfabriken veranlaßt sein.
Diese Etablierungen sind aber nicht allein wegen des
Art. 27 erfolgt, sondern auch deshalb, weil mit einer
Niederlassung in England wesentliche Vergünstigungen,
namentlich im Verkehr mit den englischen Kolonien, ver
knüpft sind. •
Allerdings hat der Vater des neuen englischen Patent
gesetzes, der Schatzkanzler Lloyd George, sich dahin
ausgesprochen, daß das Gesetz streng gehandhabt werde
und daß jeder Versuch, mit demselben zu spielen, für
den Betreffenden von ernstlichen Folgen begleitet sein
könne.
Anderseits hat sich der Präsident des englischen
Patentamtes dahin geäußert, daß die Bestimmungen des
Art. 27 von den englischen Gerichten in ähnlicher Weise
wie in Deutschland interpretiert würden.
Die Besitzer wertvoller Patente werden also in Eng
land fabrizieren müssen, und sie werden wohl innerhalb
vier Jahren dort auch Interessenten finden, die die Fabri
kation übernehmen.
Was die weniger wichtigen Patente anbelangt, so wird
bei diesen der Schaden wahrscheinlich nicht zu groß sein,
denn diese sind bisher schon zum größten Teil vor Be
ginn des fünften Patentjahres erloschen, weil der Erfinder
keine Patentgebühren mehr bezahlt hat, wenn er inner
halb vier Jahren keinen Interessenten fand.
Eine Aufhebung des für manche Betriebe zweifellos
lästigen und im allgemeinen für die deutsche Industrie
nachteiligen Art. 27 dürfte wohl nur dann in Aussicht
zu nehmen sein, wenn auch andre Staaten, vor allem
Deutschland, mit der Authebung dieser Bestimmung Vor
gehen.
A Tom Holzmarkt
Die winterliche Witterung ist für die Ausdehnung
eines größeren Handels am rheinischen Holzmarkte sehr
hinderlich. Dabei läßt sich über die Aussichten, die
sich gegenwärtig über den Umfang der Bautätigkeit
bieten, noch nichts Bestimmtes sagen. Kein Wunder,
wenn sich die Händler mit der Eingehung von Engage
ments zurückhalten. Ganz leblos liegt der Verkehr frei
lich nicht, denn ab und zu finden immer Umsätze statt. Ja,
es hat sogar den Anschein, als ob sich in allerjüngster
Zeit eine etwas, bessere Kauflust herausgebildet hätte.
Da die Preise im verflossenen Jahre in allen Artikeln
fast sehr herabgedrückt wurden, läßt es sich erklären,
daß die Verkäufer nunmehr mit Versuchen, bessere Er
löse zu erzielen, hervortreten. Wenn sich auch auf die
erhöhten Forderungen hin die Zurückhaltung weiter aus
prägte, so ist doch auf der andern Seite zu konstatieren,