Abb. 10.
Markt zu Bensheim
gang gewährten. Der Architekt hatte den knappen
Eaum so praktisch und gesund, wie man’s nur wünschen
konnte, verteilt. Die Luft konnte durchs Wohn- und
Schlafzimmer strömen, Licht und Sonne konnten von
zwei Seiten hinein.
Und wie hielten es soundso viele der Bewohner? Die
Fensterladen wurden beim allerschönsten Sonnenschein
geschlossen. Fragte man die Leute, warum sie Licht
und Luft ab hielten, sagten sie zunächst: Lüften wäre
nicht notwendig, die Wohnung sei ja schön trocken.
Drang man tiefer, kam aber der wahre Grund heraus.
Die „gute Stube“! Und zumal dieses kleine bunte Ding
darin, der Teppich! Nämlich: der verträgt die Sonne
nicht, der verschießt! Und er hat doch so schöne
Farben! Hatte er auch, alles echt Anilin.
Also darum lieber schlechte Luft einatmen, darum
lieber in der Küche wohnen, darum die Besuche auf
dem Korridor empfangen und mit allen Schlichen ver
hindern, daß sie nicht die „gute Stube“ betreten. Die
ist nur fürs Bewußtsein, kaum für den Sonntagnachmit
tagskaffee da.
Woraus zu ersehen: Vorläufig ist bei sehr vielen das
Wichtigste der Anilinteppich. Das Wohnungsreformieren
allein, das tut’s noch nicht, die Aufklärung muß dazu
kommen.
Yereinsmitteilungen
Württ. ßaubeamten-Verein. Als Vereinsmitglied
hat sich angemeldet: Karl Schweizer, Bauwerkmeister
in Stuttgart, Raitelsbergstraße 29.
Württ. Verein für Baukunde. Am 3. November
fand eine Besichtigung des neuen Stuttgarter Schlacht-
und Viehhofes statt. Die Mitglieder sammelten sich
am Haupteingang und wurden dort vom Erbauer des
Ganzen, Oberbaurat Mayer, an Hand eines aufgehängten
Lageplans zunächst über die Gesamtanlage unterrichtet.
Das Anwesen zerfällt in verschiedene mittels durch
gehender Drahtzäune völlig voneinander abgetrennte
Teile; gegen das Neckartal zu, anschließend an die
Bahngleise, der Viehhof, auf der Gaisburger Seite der
Schlachthof, senkrecht zu beiden verlaufend gegen Wangen
zunächst die Ueberständer-, sodann die Auslandviehställe
und endlich von der ganzen übrigen Anlage getrennt
und zurzeit noch im Bau begriffen die Sanitätsschlächterei
sowie das Pferdeschlachthaus. Die Viehhofanlage
enthält entlang der Gleise eine 430 m lange Rampen
anlage mit einer großen Anzahl von Viehbuchten, die
mit starken eisernen Geländern eingezäunt sind und zur
ersten Unterbringung des von der Bahn aus herein
geschafften Viehs dienen. Hier werden die Tiere ärzt
lich untersucht, und erst, wenn sie gesund erfunden wor
den sind, dürfen sie in die anschließenden Markthallen
getrieben werden. Die dem Eingang nächstgelegene
Halle für Schweine und Kleinvieh ist wiederum in ein
zelne Buchten eingeteilt und so eingerichtet, daß die
Tiere hier zugleich gefüttert werden können. Diese Halle
vermag etwa 800 Kälber und 1600 Schweine gleichzeitig
aufzunehmen. Es folgt die Markthalle für Großvieh, die
nur mit Anbindevorrichtungen versehen ist, da hier ledig
lich der Verkauf, nicht aber die Fütterung stattfinden
darf. Die letztere geschieht in besonderen Ställen, die
in acht Abteilungen für 320 Stück Raum gewähren. Die
Markthalle selbst vermag 800 Stück zu beherbergen.
Für die nicht verkauften Tiere sind besondere Ueber-
standsställe angeordnet, wo die Tiere bis zum nächsten
Markttag verbleiben können. In den beiden Verkaufs
hallen sind außer den Haupträumen noch kleinere Räum
lichkeiten für Tierärzte, Hallenmeister u. s. w. sowie auch
die erforderlichen Bedürfnisanstalten eingerichtet. Die
verkauften Schlachttiere werden sofort nach dem Verkauf
in den andern Teil der Gesamtanlage übergeführt, wofür
der abtrennende Drahtzaun mit verschiedenen Durch
gängen versehen ist, die je von Pförtnerhäuscheu be-