Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1909)

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BAUZEITUNG 
Nr. 5 
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giebige Verwendung auch als Wärmequelle. In dem 
einen inmitten der Gruppe im Dachfirst ausmündenden 
Kamin klingt die Anlage aus. Die Außenwände sind 
massiv, die inneren teilweise als Packwerk angenommen. 
Die Baukosten betragen rund 12000 M. 
Zwei weitere Arbeiten, die sich in enger Wahl be 
fanden, fügen wir bei, da dieselben noch manch inter 
essanten Gedanken zur Darstellung bringen. 
Städteßaiiteclmisclie Fragen in der 
modernen Großstadt 
Unsre modernen heranwachsenden Großstädte kranken 
sämtlich mehr oder weniger an einem Uebel, das ist ihre 
Altstadt. Noch heute bildet die Altstadt gleichzeitig 
den Mittelpunkt einer jeden Stadt, dorthin flutet der 
ganze Verkehr, und die meistens nicht sonderlich breiten 
Straßen sind bei weitem nicht imstande, den Anforde- 
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Wettbewerb für ein Forstwarthaus in St. Peter in Baden 
Erster Preis. Verfasser Dipl.-Ing. L. Sohmieder-Karlsrube 
rungen zu genügen, welche der Straßenbahn 
verkehr sowie der rege Personen- und Last 
fuhrwerksverkehr an sie stellen. Als die jetzigen 
Großstädte entstanden, baute man eben die 
wenigen öffentlichen Gebäude, das Ratbaus, 
die Kirchen, vielleicht auch eine Schranne und 
ein Zunfthaus, enge zueinander. Um diesen 
kleinen Mittelpunkt des städtischen Lebens 
siedelten sich dann die Kaufleute und die 
Patrizier an, und gar bald war man am Stadttor 
und damit an der Stadtgrenze. Heutzutage 
ist das anders geworden. Eine Anzahl ver 
schiedenartiger öffentlicher Gebäude muß in der 
modernen Großstadt die vielseitigen Bedürfnisse 
ihrer Einwohner befriedigen. Eine Unmasse 
Schulen, die naturnotwendig in den verschie 
densten Stadtteilen zerstreut sein müssen, große 
Krankenhäuser, Polizeiämter u. dgl. können 
Mittelpunkte für den Verkehr werden. Damit 
aber ergeben sich ganz andre Bedingungen für 
die Baugestaltung einer Stadt wie früher. Diese ver 
schiedenen Mittelpunkte des Verkehrs dennoch zu einen 
und künstlerisch durchzubilden, ist Sache der Stadtbau 
ämter, die in den Großstädten zu diesem Zweck eigne 
Stadterweiterungsbureaus gebildet haben. 
Wenn man behauptet, jedes Städtebild sei der Aus 
druck der Kultur und des künstlerischen Verständnisses 
der Bewohner und ihrer Zeit, so müssen unsre Städte 
wohl in erster Linie unsern modernen Zeitbedürfnissen 
Rechnung tragen. Große, breite Straßen mit Reit- und 
Radfahrwegen sind ebenso unerläßlich als freie Plätze 
und möglichst viele gärtnerische Anlagen. Bei den 
modernen Stadterweiterungen wird leider auch auf einen 
andern Umstand viel zu wenig Rücksicht genommen. Man 
ist leider viel zu sehr gewohnt, das Ideal in geradlinigen 
Straßen zu sehen. Wer das angenehme Gefühl schon 
mitgemacht hat, wie der Sturmwind mit eisiger Luft den 
Staub durch diese langen Wiudkanäle wälzt, wird den 
Vorzug unsrer modernen geradlinigen Straßen besonders 
zu würdigen wissen. Prof. Heinrich Tscharmann hat 
unlängst im „Kunstwart“ ein prächtiges urkundliches 
Beweisstück mittelalterlicher Städtebaukunst mitgeteilt. 
Paulus Jenisius (Jenisch), 1576—1594 Rektor zu Anna- 
berg im Erzgebirge, schreibt in seinem 1592 erschienenen 
Buche in bezug auf die 1496 erfolgte Gründung dieser Stadt: 
„Bei Abziehung der Gassen einer Stadt, sonderlich 
im Gebirge, müssen verständige Baumeister besonders 
auf zweierlei sehen, erstens, daß dieselben ansehnlich 
breit werden zur Erhaltung reiner Luft, und zweitens, 
daß dieselben etwas in die Krümme gehen, um einiger 
maßen den Winden zu steuern, welche sonst im Gebirge 
sehr heftig und ungestüm sind. Denn wo solches bei 
Anlegung einer Stadt nicht in acht genommen wird, tun 
die Winde den Leuten auf den Gassen nicht geringe 
Hindernisse. Es dient auch solche Ungeradheit der Gassen 
den Städten an sich zur Zierde, indem es dadurch den 
Anschein erhält, als wäre alles voller Häuser und Ge 
bäude. Es haben also die ersten Baumeister, welche den 
Umfang der Stadt Annaberg und die Richtung der Gassen 
bestimmten, dieses sehr weislich beobachtet. Denn die 
Gassen sind meistenteils etwas gebogen, welches denen, 
die bei ungestümem Wetter auf den Gassen gehen, wohl 
zustatten kommt.“ Man sieht, daß man schon in alten 
Zeiten Grundsätze entwickelte, die wir uns auch heute 
noch gefallen lassen können. 
Wir wollen aber auch nach einer andern Richtung 
uns die Tätigkeit des modernen Städtebautechnikers be 
trachten und wollen uns fragen, ob man denn nicht bei 
unsern heutigen Bestrebungen des Guten zuviel tut und 
dabei nach andrer Richtung allzu kurzsichtig ist. Zwei 
Prägen drängen sich da auf, das ist einmal die Lärm 
frage und dann die Wohnungsfrage.
	        

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