Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1909)

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BAUZEITUNG 
Nr. 52 
liehen Würsten ausgewalzt sind. Die Granite erscheinen 
schiefrig statt körnig und können daher von den Sedi 
mentgesteinen, die ebenfalls kristallinschiefrig sind, nur 
schwer getrennt werden. All diese Erscheinungen sind 
hervorgerufen worden durch den großen Gebirgsdruck zu 
sammen mit einer entsprechend gesteigerten Temperatur. — 
Im Anschluß au diese Ausführungen zeigte der Redner 
eine Reihe prächtiger Lichtbilder von Ooliten, Graniten, 
Augiten, Quarzporphyren und Marmorstücken unter ver 
schiedenen Druckverhältnissen. Dabei konnte man leicht 
erkennen, wie mit zunehmendem Druck die einzelnen 
eingesprengten Gesteinstücke mehr und mehr verschwin 
den und statt derselben ein raörtelartiges Gemenge 
auftritt. — Im einzelnen wurde sodann noch auf das 
Simplongebiet näher eingegangen, das bei Gelegenheit 
des Tunnelbaus genauer als die andern Gegenden er 
forscht worden ist. Dabei fand man, daß hier auf eine 
Länge von 20 km wahrscheinlich sechs übereinander ge 
schobene Falten zu unterscheiden sind, die bei einem 
Ausglätten der Falten eine Länge von 120 km ergeben 
würden. Ergänzt man diese Falten nach oben, so kommt 
man auf eine Höhe von etwa 9000 m, die bis auf die 
heutige Oberfläche des Gebirgs inzwischen wieder ab 
getragen worden ist. Es fanden sich in dem Stollen 
über 200 Quellen, darunter jedoch nur drei kräftigere, 
nämlich eine solche von 30 Sekundenlitern, eine weitere 
von 1000 Sekundenlitern, die ihre Entstehung einem auf der 
Oberfläche vorhandenen und später versiegenden Bachlauf 
verdankt, und endlicheinem Heißen-Wasser-Vorkommen von 
über 50°. Weitere Schwierigkeiten des Tunnelbaüs be 
standen im Auftreten einer 43 m langen Druckstelle, in 
Solenblähungen, Bergschlägen u. s. w.; bei den letzteren 
sprangen fortwährend dünne Platten mit knallartigem Ge 
räusch ab, auch klangen die Wände beim Anklopfen überall 
hohl. — Auch diese Mitteilungen wurden durch verschie 
dene Lichtbilder sowie aufgehängte Pläne und Zeich 
nungen im einzelnen erläutert. Nach Schluß des Vortrags 
sprach der Vorsitzende dem Redner für seine überaus wert 
vollen Ausführungen unter dem lebhaften Beifall der An 
wesenden den herzlichsten Dank des Vereins aus. W. 
Akad. Architekten-Verein „Motiv“, Stuttgart. 
Die erste Hälfte des laufenden Wintersemesters wurde 
mit dem am letzten Freitag, den 17. Dezember, im Beet 
hovensaal der Liederhalle gefeierten Weihnachtsfest stim 
mungsvoll abgeschlossen. Der mit brennenden Christ 
bäumen und Tannenreis reich geschmückte Saal, die 
herzliche Begrüßung durch den Vorsitzenden und die 
einleitenden Musikvorträge und gemeinschaftlich gesun 
genen Lieder schufen bald eine festlichfrohe Stimmung 
unter den zahlreichen A.H.A.H., Gästen und aktiven 
Mitgliedern. In markigen Worten überbrachte nun A. H. 
Regierungsbaumeister Remppis die Glückwünsche des 
A. H. Verbands, streifte nochmals kurz die Aufgabe der 
A. H.Konkurrenz, die Zwecke und Bestrebungen unsers 
Vereins besonders hervorhebend, um alsdann die im 
Mittelpunkt des Abends stehende Preisverteilung vor 
zunehmen. Wohl war jetzt die Zeit schon weit vor 
geschritten, doch ob der Fülle des Gebotenen war das 
Heimgehen leicht zu vergessen. Zusehends steigerte sich 
der Frohsinn, und die folgende urkomische Posse, mehrere 
Mimiken und eine gelungene Lichtputscher wurden mit 
lebhaftem Beifall aufgenommen. Eine hübsche Verlosung 
brachte manchem willkommene Ueberraschungen, und der 
liebe Pelzmärte mit seinem Gehilfen hatte für jeden etwas 
übrig. So war es kein Wunder, wenn sich die Fidelität 
in hohem Maße entfaltete und man sich erst in früher 
Stunde trennen konnte. K- 
Wettbewerbe 
Norwegen hat die dortige Hafenverwaltung mit Frist 
bis zum 1. August 1910 ausgeschrieben und drei Preise 
ausgesetzt: 7000, 4000 und 2000 Kronen (etwa 7700, 4400 
und 2200 M.). Die Unterlagen sind vom Bauamt des 
Stadtingenieurs (Stadsingeniorenskontor) gegen Einsen 
dung von 20 Kronen zu beziehen. 
Kleine Mitteilungen 
Württ. Kunstverein Stuttgart. Neu ausgestellt: 
Porträt von Mary Irber; Brustbild, Tänzerin, Laura, 
drei Porträte, Magdalena, Mignon von Willi. Auberlen; 
eine Kollektion Landschaften, Stilleben von H. Finkbeiner: 
Wolken, Alblandschaft von Gotth. Mohr; Auf dem Heim 
weg, Die sieben Schwaben (farbige Zeichnung), Musi 
kalisches Kleeblatt (farbige Zeichnung) von Otto Palmer 
u s. w. 
Bauopfer im Altertum. Ein über die ganze Erde 
verbreiteter Aberglaube ist es, daß man einem Bauwerk 
besondere Festigkeit zu verleihen und gegen feindliche 
Einflüsse zu schützen meint, wenn ein lebendes Wesen, am 
besten ein Mensch, geopfert und in den Bau eingemauert 
wird. Dieser Glaube, der besonders stark auf der Balkan 
halbinsel verbreitet ist, war in Italien bisher noch nicht 
nachgewiesen. Prof. A. Mau hat nun darauf hingewiesen, 
daß der Unterbau des Fortunatempels in Pompeji einen 
Hohlraum enthielt, in dem man nichts weiter fand als 
eine Schildkrötenschale in vier Stücken. Es *war also 
hier als Bauopfer eine Schildkröte eingemauert worden, 
wie sich auch aus der Anordnung des Quaderbelags noch 
deutlich erkennen ließ. In Italien mag dieser Aberglaube 
schon früh in Vergessenheit geraten sein; der römischen 
Religion war das Menschenopfer überhaupt fremd und 
wurde nur unter griechischem Einfluß gelegentlich geübt. 
Da aber bei den alten Griechen Menschenopfer nicht 
ungewöhnlich waren und in Griechenland wie den Nachbar 
ländern die Volksüberlieferung vom Bauopfer noch stark 
ist, so wird wohl auch im alten Griechenland das Bau 
opfer bekannt gewesen sein. Beispiele des Bauopfers aus 
dem Altertum sind allerdings nicht häufig; alle, von 
denen wir wissen, stammen aus dem griechischen Orient. 
Gewöhnlich wurde eine Jungfrau geopfert, die zugleich 
der Schutzgeist des Baues wurde. So ließ Trajan in 
Antiochia die Statue des Mädchens, das bei dem Wiederauf 
bau nach einem Erdbeben geopfert worden war, im Theater 
als die Tyche, die Glücksgöttin der Stadt, aufstellen. 
Dieselbe Vorstellung liegt noch heute dem Aberglauben 
des Bauopfers zugrunde. Man schließt einen Menschen 
in den Bau ein, damit seine Seele darin lebe und nicht 
entweichen könne. Heute ist an die Stelle des Menschen 
opfers ein „Ersatzopfer“ getreten. Und zwar wird das 
Menschenopfer entweder nur symbolisch vollzogen, indem 
man einen Menschen oder seinen Schatten mißt und die 
das Maß darstellende Schnur einmauert, oder indem man 
ein Tier opfert, das vorher geschlachtet oder auch lebendig 
der Mauer eingefügt wird. Ein solches „Ersatzopfer“ ist 
die Schildkröte des pompejanischen Tempels; die Schild 
kröte wählte man wohl, weil dieses Tier lange ohne 
Nahrung leben kann und man meinte, der Zauber sei 
besonders wirksam, solange das eingemauerte Wesen lebe. 
Briefkasten 
Antwort. Die eiserne Türe, welche einen Schwefelraum ab 
schließt, dürfte vor dem Rosten durch einen Anstrich mit schwarzer 
Siderosthen-Lubrose geschützt werden können, vorausgesetzt, daß 
eine Grundierung mit roter Medium-Lubrose und ein dreimaliger 
Deokanstrich mit schwarzer Siderosthen-Lubrose erfolgt. G. S. 
11 «l 1 Cll UII l<lg;d) ill DlOlltheim. Einen Wettbewerb Verantwortliche Schriftleitung: Chefredakteur und Herausgeber Adolf Fausol. 
Um Entwürfe für neue Hafenanlagen in Drontheim in Architekt W.Klatte, beide in Stuttgart. Druck : DeutscheVerlags-Anstalt in Stuttgart.
	        
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