13. Februar 1909
BAUZE1TUNG
51
Kennwort „Blautopf“
Denkmalrat für das Groß-
herzogtum Hessen
Am 18. Dezember v. J. trat in Darm
stadt der Denkmalrat für das Großherzog
tum zu einer Tagung — der 6. Plenar
sitzung seit seinem Bestehen — zusammen.
Der Vorsitzende, Geheimrat Prhr.
v. Biegeleben, begrüßte die Erschienenen
und erteilte dem Geh. Oberbaurat Hof
mann das Wort zu Punkt 8 der Tages
ordnung: Mitteilung über die Verhand
lungen auf dem 9. Denkmalpflpgetag
in Lübeck 1908 betr. Umgebung des
Wormser Doms. Der Redner gab
die Ausführungen wieder, die nach dem
stenographischen Sitzungsbericht Geh.
Hofrat Prof. Gurlitt-Dresden in seinem
Vortrag über die Freilegung und Um
bauung alter Kirchen auch über den
Wormser Dom und seine Umgebung ge
macht hatte, und erörterte den heutigen
Stand der Angelegenheit. Er verlas auch seine Aeußerung,
die er in Lübeck getan und die in der Hauptsache fest
stellte, daß die Frage, die im wesentlichen nur eine Frage
der Platzgestaltung sei, nicht brennend und vor allem noch
nicht spruchreif sei, sowie daß zu ihrer Begutachtung in
erster Linie der für den Wormser Dom von der Regierung
bestellte besondere Kunstrat berufen sein werde. Diese
Ausführungen wurden durch den Vorsitzenden ergänzt.
Er bemerkte auch, daß man keineswegs beabsichtige,
der Oeffentlichkeit die geplanten Maßnahmen vorzuent
halten, daß es aber zu einer Erörterung vor einem
größeren Forum noch nicht an der Zeit sei. Es müsse
daher Vorbehalten bleiben, nachdem sämtliche zur Beur
teilung zunächst berufenen amtlichen Organe der Denkmal
pflege (hierbei auch eventuell der Denkmalrat) gehört
worden seien, auch dem Denkmalpflegetag durch die
Dombauleitung eingehendere Mitteilung über die geplanten
Maßnahmen zukommen zu lassen, und zwar solle dies
dann zu einem Zeitpunkte geschehen, in dem ein Beschluß
über die Ausführung noch nicht gefaßt sein werde.
Bei üebergang zu Punkt 1 der Tagesordnung folgten
geschäftliche Mitteilungen. Infolge des Uebertritts des
seitherigen Denkmalpflegers für die Altertümer und
beweglichen Gegenstände, Prof. Dr. Müller, in den Dienst
der Stadt Frankfurt a. M. als Direktor des dortigen
historischen Museums ist die Bestellung eines Nach
folgers erforderlich geworden. Der Vorsitzende gibt Auf
schluß über die anläßlich des Personenwechsels geplante (in
zwischen vollzogene) Organisationsänderung sowie über die
Regelung der Nachfolge. Mit Wirkung vom 1. Januar 1909
wurde die Stelle eines Denkmalpflegers für die Alter
tümer dem Oberlehrer Prof. Dr. Anthes zu Darmstadt
bis auf weiteres übertragen. Die Fürsorge für die be
weglichen Gegenstände des Mittelalters und der Neuzeit
in jeder Provinz ist auf den für diese bestellten Denkmal
pfleger für die Baudenkmäler übergegangen. Zu dem
Amt des Denkmalpflegers für die Altertümer gehört auch
die Teilnahme an der Inventarisation der Altertümer und
die wissenschaftliche Mitarbeit an der Tätigkeit des Landes
museums auf archäologischem Gebiet. Den Denkmal
pflegern für die Baudenkmäler ■steht in Fragen kunst
geschichtlicher und museumstechnischer Art der Direktor
der Kunst- und historischen Sammlungen des Landes
museums, dessen Konservierungsbureau und Personal zur
Verfügung.
Mit Rücksicht auf die vorjährigen Verhandlungen und
die vor einiger Zeit eingetretene Berufung des Prof.
Pützer als Kirchenbauraeister für die evangelische Kirche
und die geplante ähnliche Einrichtung durch die katho
lische Kirchenbehörde wird der Geschäftsgang bei Begut
Zum Ankauf empfohlen
Architekt Ad. Retter-Stuttgart
achtung von Kirchenbaufragen besprochen. In der
Besprechung werden die Vorteile anerkannt, die durch
ein Zusammenwirken von Kirchenbaumeister und Denk
malpfleger schon im frühen Stadium von Kirchenbau
fragen erzielt werden. Die Gemeinden werden von vorn
herein richtig beraten und erhalten eine Richtschnur für
das weitere Vorgehen bei der Projektierung. Es kam
schließlich der Wunsch zum Ausdruck, daß der Geschäfts
gang — unbeschadet der sachgemäßen bureaukratischen
Erledigung und selbstverständlich unter Wahrung aller
beteiligten Instanzen — so frei wie möglich gehalten und
daß rasch gearbeitet werde. In diesem Sinne möchten
Vorschläge an maßgebender Stelle erwogen werden. —
Es wurde dann noch über die bevorstehende Einrichtung
von Denkmalpflegekursen für Geistliche auf
dem Predigerseminar in Friedberg berichtet. Endgültige
Vorschläge über die Einrichtung, die voraussichtlich im
Sommer 1909 in Kraft treten soll, werden von den drei
Baudenkmalpflegern in Verbindung mit Prof. Dr. Kautzsch
dem Oberkonsistorium unterbreitet werden. Leber die
Art der Abhaltung und Einrichtung archäologischer
Kurse für Oberlehrer werden von der Ministerial-
abteilung für Schulangelegenheiten noch Verhandlungen
geführt. Der von Baurat Wagner entworfene Geschäfts
bericht über die seitherige Tätigkeit des Denkmalrats
wird verlesen und vorbehaltlich einiger Ergänzungen und
der redaktionellen Feststellung gutgeheißen.
Zu Punkt 2 der Tagesordnung berichtet Oberst Frhr.
v. Heyl über die Arbeiten, die die vom Denkmalrat letzt
hin bestellte Kommission bezüglich der Frage der Förde
rung der archäologischen Aufgaben der Denkmal
pflege und der Altertumsforschung geleistet hat. Aus
der ersten hierüber erstatteten Denkschrift ist hervorzu
heben, daß die seitherigen, von den oberen Schulbehörden