Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1914)

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BAUZEITUNO 
Nr. 14 
rung seitens der obersten Reichsinstanz für die sozialen 
Angelegenheiten mit Befriedigung aufgenommen worden. 
Es sei zu wünschen, daß die Regierung auch fernerhin an 
diesem Standpunkte festhalte und allen Bestrebungen, 
durch die dem Mittelstände neue Lasten auferlegt würden, 
Einhalt gebiete. 
Nach Erstattung des Geschäftsberichts, an den sich 
eine Diskussion nicht anschloß, wurde in die übrigen 
Punkte der Tagesordnung eingetreten. Im Mittelpunkte 
der Verhandlungen während des ersten Verhandlungs- 
lages standen Organisationsfragen, im besonderen die Frage 
über die Mittel und Wege zur weiteren Erstarkung des 
Bundes. Als erster Referent zu dieser Frage sprach der 
Vorsitzende des Organisationsausschusses, Herr Maurer 
meister Holst-Hamburg, der über die Organisationstätig 
keit in den Bezirks- und Ortsverbänden referierte. Das 
beste Mittel und der sicherste Weg zu einer weiteren Er 
starkung des Bundes sei die Organisationsarbeit in den 
Bezirks- und Ortsverbänden, die während der beiden noch 
zur Verfügung stehenden Jahre des Tariffriedens eifrigst 
gefördert werden müßte, insbesondere auch durch den 
örtlichen Zusammenschluß des Baugewerbes mit den Bau 
nebengewerben in örtlichen Baugewerbekartellen. 
Im Anschluß an das Referat des Vorsitzenden des Or 
ganisationsausschusses folgte das Referat des bisheri 
gen zweiten stellvertretenden Vorsitzenden, des Herrn Ar 
chitekten und Baumeisters Popp-Nürnberg, der ebenfalls 
über das Thema „Mittel und Wege zu einer weiteren Er 
starkung des Bundes“ sprach. Dieser Referent, der — 
nebenbei bemerkt — auch Vorsitzender des Reichsbundes 
baugewerblicher Arbeitgeberverbände ist, behandelte das 
Thema ausschließlich unter dem Gesichtspunkte des Zu 
sammenschlusses des Baugewerbes mit den Bauneben 
gewerben. 
Hierauf ergriff der bisherige erste stellvertretende Vor 
sitzende, Architekt und Maurermeister Behrens-Hannover, 
als dritter Referent zu dem Punkte: „Mittel und Wege zu 
einer weiteren Erstarkung des Bundes“ das Wort. Wäh 
rend die beiden Vorredner als Mittel für die weitere Er 
starkung des Bundes den Ausbau der eigenen Organisa 
tion und das Zusammenarbeiten mit den Baunebengewer 
ben empfahlen, schlug dieser Referent als weiteren Weg 
und als weiteres Mittel zur Erstarkung des Bundes den 
Anschluß an die Vereinigung der Deutschen Arbeitgeber 
verbände vor. Durch den Beitritt des Bundes zur Ver 
einigung würde einer Zersplitterung der Kräfte vorgebeugt 
werden. Die Vereinigung umfasse zurzeit Verbände und 
Betriebe mit einer Arbeiterzahl von 1 800 00 und einer 
Lohnsumme von über 2 Milliarden Mark. Von der Ver 
sammlung wurde einstimmig der Beitritt zur Vereinigung 
erklärt. 
Herr Rechtsanwalt und Syndikus Grampp-Nürnberg 
wies in einem längeren Vortrage auf die Notwendigkeit 
der Einfügung der Aussperrungs- und Streikklausel in 
alle Werkverträge infolge der neuesten Rechtsprechung 
hin. Einleitend führte er aus, daß der Deutsche Arbeit 
geberbund für das Baugewerbe von allem Anfang an 
das größte Gewicht darauf gelegt habe, die Einführung 
der Streikklausel in die Bauverträge überall durchzu 
setzen. Bereits im Jahre 1910 habe der Bund eine Denk 
schrift herausgegeben, in welcher die Notwendigkeit 
der Streikklausel aus sozialpolitischen und wirtschaft 
lichen Gründen betont wurde. Diese Notwendigkeit 
bestehe auch heute noch für das Baugewerbe, trotz der 
hervorragenden Bedeutung, welche das Tarifvertrags 
wesen gerade im Baugewerbe gewonnen habe; denn 
trotz aller Friedensgarantien könnten auch heute noch 
in nicht seltenen Fällen Streiks und Sperren eintreten. 
Außerdem müsse beachtet werden, daß bei dem jedes 
maligen Ablauf der Tarifverträge im Baugewerbe stets 
mit der Möglichkeit großer einschneidender Lohn 
kämpfe gerechnet werden müsse. Für einen Arbeit 
geber, der sich in solchen Zeiten zur fristgerechten Her 
stellung der Bauarbeiten eventuell unter Uebernahme 
hoher Konventionalstrafen verpflichtet habe, könnte 
unter Umständen ein ausbrechender Streik den wirt 
schaftlichen Ruin bedeuten. Dies sei ein schwerwiegen 
der Grund, welcher die allgemeine Einführung der 
Streikklausel in die Bauverträge als unbedingt notwen 
dig erscheinen lasse. Das Reichsgericht habe in einer 
sehr beachtenswerten Entscheidung vom 16. Dezember 
1913 (siehe Bauzeitung Nr. 4, 1914. Die Redaktion.) 
zum Ausdruck gebracht, daß Streiks und Aussper 
rungen nicht als „höhere Gewalt“ angesehen werden 
können. Im vorliegenden Falle habe es sich um einen 
Baumeister — Mitglied des Arbeitgeberverbandes — 
gehandelt, der im Februar 1910, also noch vor Ablauf 
des alten Tarifvertrags, Bauarbeiten übernommen und 
sich bei Vermeidung einer Vertragsstrafe verpflichtet 
habe, die Arbeiten bis zu einem bestimmten Termine 
fertigzustellen. Die Aussperrungs- und Streikklausel 
habe jedoch im Bauverträge gefehlt. Infolge der vom 
Arbeitgeberverband beschlossenen und vom 16. April 
bis 16. Juni 1910 dauernden Aussperrung habe der ver 
einbarte Fertigstellungstermin nicht eingehalten werden 
können mit der Folge, daß nunmehr der Bauherr die 
vertragsmäßige Konventionalstrafe geltend machte. So 
wohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht 
habe den Baumeister zur Zahlung der Vertragsstrafe 
verpflichtet. Und auch das Reichsgericht sei dieser Ent 
scheidung beigetreten. 
Die Lehre, welche die Arbeitgeberkreise im eigensten 
Interesse aus dieser und anderen in der jüngsten Zeit
	        

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