Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1914)

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BAUZEITUNG 
Nr. 15 
Erdgeschoßgrundriß 
Anwesen 
Kurz in 
Schorndorf 
Architekt: 
Bauwerk 
meister 
‘Walker- 
Schorndorf 
Stuttgarter Bürgerschaft entstanden und entfacht worden 
ist. Es kann ruhig ausgesprochen werden, daß die ge 
samten Aenderungen — von § 35 abgesehen — recht 
wenig Eingriffe in die Kommissionsbeschlüsse bedeuten, 
und wenn mit einem gewissen Recht dem entgegengehalten 
werden wollte, daß diese dann doch besser unterblieben 
wären, so wird mit umso größerem Recht erwidert wer 
den können, wozu von der anderen Seite dann der Lärm. 
Und was ist’s mit diesem § 35, was ist’s mit dem 
Fünfmeter-Abstand in der Zone III bei dreistöckigen Häu 
sern? Die Antwort ist die, man hält im Neubauland, in 
den Vororten aus wirtschaftlichen Erwägungen diesen 
Abstand für genügend groß; man vergesse doch nicht, 
daß es sich hier bloß um eben gelegene Gelände an der 
Peripherie der Stadt und in den Vororten handelt, wo im 
Maximum dreistöckig gebaut werden darf. Für die Zone I 
und II, also für die ganze innere Stadt ist das ganze Rats 
kollegium einig; für die Schonung der direkten Umgebung 
unserer Stadt, für unsere schönen Hügel sorgen die „be 
sonderen Anbauvorschriften“ mit den großen Abständen 
von 10, 12, 14 Metern und mehr, außerdem der § 24, des 
sen Schutzvorschriften für diese Gebiete schon unter Dach 
und Fach sind. Für die Ueberbauung der größten Ge 
bietsteile Stuttgarts und namentlich für die Ueberbauung 
seines Hügelgeländes ist man im ganzen Kollegium einig! 
Bleibt also das Neubauland der Vororte, wo aus wirt 
schaftlichen Gründen, um durch große Abstände die Bau 
plätze nicht zu verteuern, wie dies in der letzten Rathaus 
sitzung vom 26. März bei der Behandlung des Deger- 
J GRVNORi'sS vom CR0GE5CWO55: 
locher Stadtbauplans Herr Dr. Lindemann — bekanntlich 
der „beste Kenner“ auf kommunalpolitischem Gebiet — 
direkt selbst festgestellt und betont hat, wohl zum Entset 
zen seiner Fraktionskollegen und zum Schrecken aller 
Bodenreformer. Es will, um zu wiederholen, aus wirt 
schaftlichen Gründen die Ueberbauung mit 5 m Abstand 
zugestanden werden, ein Abstand, der bei der dort zu 
lässigen niederen Bauweise auch ästhetisch durchaus be 
friedigen kann. Man denke an unser Zone II, in der der 
größte Teil der Bewohner Stuttgarts in fünf- und vier 
stöckigen Häusern mit dem Dreimeter-Abstand lebt und 
leben wird, und man wird zugeben müssen, daß der Vor 
schlag des Fünfmeter-Abstands bei dreistöckigen Häusern 
zulässig erscheint und seine Berechtigung hat. Dieser 
Vorschlag ist letzten Endes doch im Interesse der Mieter 
schaft gelegen, für welche eine unnötige Verteuerung des 
Bauplatzes nichts anderes als eine Verteuerung der Miete 
bedeutet. 
Es muß deshalb aufs Nachdrücklichste die Anschuldi 
gung zurückgewiesen werden, als ob die Arbeit der bürgerl. 
Parteien auf dem Rathaus lediglich vom Gesichtspunkte der 
Vertretung der Haus- und Grundbesitzer, also von einsei 
tiger Interessenpolitik geleitet worden sei. Eingehend ist 
die Abstandsfrage unter Anderem auch von dem Gesichts 
punkt aus behandelt worden, daß bei dem Verlangen zu 
großer Abstände zweifellos das „geschlossene“ Bauen ge 
fördert wird. Man mag über die geschlossene Bauweise 
denken wie man will, sie hat entschieden Vorzüge, 
aber ästhetisch befriedigen kann sie gerade hier 
in Stuttgart „außer dem Stadtinnern“ nicht; und 
wenn dann im Außengebiet statt Einzelhäusern mit fünf 
Meter Abstand ganze geschlossene Häuserreihen ent 
stehen, dann kann mit allem Recht diesen Vertretern der 
Vorwurf nicht erspart bleiben, daß sie statt der weiträumi 
gen Bauweise, die sie erstrebt haben, gerade das Gegen 
teil schaffen, eine Bauweise, die in ihren Wirkungen na 
mentlich auch vom hygienischen Standpunkt aus vielfach 
weniger befriedigt als eine offene Bauart. 
Nicht einseitige Interessenpolitik, aber das Bestreben, 
eine brauchbare Arbeit in dem Sinne der Vereinigung der 
rein wirtschaftlichen und der rein künstlerisch - ideellen 
Auffassung der gesamten Materie zu schaffen, das waren 
die Richtlinien bei den Beschlußfassungen der bürger 
lichen Fraktionen.
	        

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