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BAUZEITUNG
Nr. 21
Wetlbewerbsentwurf Warenhaus Tietz Köln Verfasser : Architekt Hans Jooß Charlottenburg
effektvolle Beleuchtung, vor allen Dingen aber auch der
architektonische Rahmen.
Während die Wirkung effektvoll beleuchteter Aus
lagen und der Farbenharmonie der Waren ein viel bespro
chenes Kapitel der Schaufensterdekoration bildet, wird
die Architektur der Ladenfront selten als ein Mittel be
trachtet, den Erfolg des Kaufmanns zu steigern. Sicher
haben nur wenige intelligente Kaufleute diesem Gegen
stände Beachtung geschenkt. (Schluß folgt.)
Die Ladenstraße in der Cölner Werkbund-Ausstellung.
Wie jede Zusammenstellung von Dingen zu einem prak
tischen oder ästhetischen Zweck, unterliegt auch die Ge
staltung des Schaufensters künstlerischen Gesetzen. Und
wie wir in der Kunst wieder den Leitsatz anerkennen, daß
es das Geheimnis des großen Stils ist, mit sparsamen,
aber materialgerechten und sprechend verwendeten Mit
teln das Wesentliche eines Gedankens, einer Erscheinung
erschöpfend darzustellen, so fordern wir auch vom Schau
fenster die schlichte Konzentration auf diese entscheiden
den Werte. Will der Künstler eine Landschaft malen, so
darf er sich nicht vor die Natur setzen und ohne Wahl
gleich einer Kamera wiedergeben, was sich ihm in die
Augen drängt. Er wählt und scheidet aus, was sich nicht
zu einem in Form und Farbe einheitlichen Bilde zusam
menschließen läßt. Und oft sagt uns gerade die strengste
Vereinfachung eines Landschaftsmotivs am meisten. Die
mit sicherem Stift niedergeschriebene Skizze z. B. offen
bart uns mehr vom Wesen einer Landschaft, als das aus
geführte Gemälde. In ihr fehlt alles Zufällige, alles, was
das Auge ablenkt, sie triumphiert gewissermaßen über
die Natur, deren künstlerisch gesteigertes Bild sie ist.
Etwas von dieser Fähigkeit zur ästhetischen Verein
fachung, die Steigerung ist, muß auch dem Gestalter des
Schaufensters eignen. In Zeiten der Entartung hat immer
das Stoffliche, das Was, den Vorrang vor'dem Wie, der
Formung. So galt es lange Zeit hindurch — und noch
heute ist diese Mode nicht überwunden — für geschäft
lich vorteilhaft, die Schaufenster möglichst vollzustopfen
mit Gegenständen, die sich nach Form und Farbe über
haupt nicht miteinander vertragen. Vor allen Dingen
auffallen, blenden mit der Quantität, mit lauten Farben
und grellen Lichtwirkungen, war die Parole der Laden
inhaber. Daß sie in den meisten Fällen an ihren Aus
stellungsgegenständen ein Material hatten, das aus sich
heraus organisch, künstlerisch wertvoll und darum auch
vom rein kaufmännischen Standpunkt aus zweckmäßig
gestaltet werden könne, daran dachten die wenigsten.
Vor allem die Untugend kann nicht genug getadelt
werden, in die Ladenauslage Fremdkörper hineinzustellen,
die zu dem eigentlichen Ausstellungsgegenstand keine
Beziehung haben, wie etwa Gipsfiguren, Bilder u. a. m.
Anders ist es natürlich, wenn der Aussteller Waren in
Beziehung zu Einrichtungen und menschlichen Figuren
setzt, weil er sie so am wirkungsvollsten zu zeigen ver
mag. Es gehört natürlich ein ganz besonderer gesunder
Sinn dazu, auf solche Art nicht ins Groteske zu verfallen.
Es blieb unserer in ästhetischen Fragen so regsamen
Epoche Vorbehalten, in dieses Dunkel von Geschmacks
verirrungen Licht zu bringen. In der Reichshauptstadt,
in Provinzstädten schritt man in der richtigen Erkennt
nis, daß ein Ringen um die Pahne die Kräfte zur äußer
sten Anspannung zwingen und auch das Interesse des
Publikums besonders anregen müsse, zur Veranstaltung
von Schaufenster-Wettbewerben.
Die Ergebnisse dieser Wettbewerbe wird nun die
Ladenstraße in der Werkbund-Ausstellung zu gesteigerter
Wirkung zusammenfassen. In einer architektonischen
Rahmung von vorbildlicher Geschlossenheit werden die
je 24 einander gegenüber liegenden Schaufenster dieser
Straße mit Waren aller Art in mustergiltiger Packung,
Formung und Gestaltung dem Geschäftsmann ein Vor
bild kulturvoller Schaufenster-Reklame geben.
O. A. Schneider.
Grundriß