Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1914)

24. Januar 1914 
BAUZEITUNG 
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daß er der Beklagten einen erheblichen Schaden zufügte. 
Wußte er, daß der Bauverein mit Sicherheit auf die Fer 
tigstellung der Wohnungen rechnete, so mußte er die 
Rechtspflicht der Beklagten gegenüber höher einschätzen, 
als die Ehren- und Anstandspflicht gegen seinen Arbeit 
geberverband. Auch war die Verweigerung, die Arbeit 
dem Bauverein in eigene Regie zu übergeben, nicht be 
rechtigt, da es nicht ersichtlich ist, inwiefern er durch die 
Annahme dieses Vorschlages gegen die sittliche Pflicht 
als Verbandsmitglied verstoßen hätte. Gegen diese Aus 
führungen versuchte der Nachlaßverwalter in der Revi 
sionsinstanz anzukämpfen. Das Reichsgericht wies je 
doch das Rechtsmittel als unbegründet zurück, so daß der 
Abzug der Konventionalstrafe gerechtfertigt bleibt. 
(Anm. der Red. Für unsere Leser aus Unternehmer 
kreisen dürfte vorstehende reichsgerichtliche Entscheidung 
eine dringliche Warnung sein, keine Werkverträge ohne 
Anfügung der Streik- und Aussperrungsklausel abzu- 
schheßen.) 
Vereinsmilteilungen 
Württemb. Baubeamten-Verein. Die I. Ausschußsit 
zung in diesem Jahr findet Sonntag den 8. Februar, vor 
mittags 10 Uhr im Vereinszimmer „Gasthaus zur Bau 
hütte“ in Stuttgart statt, wozu die verehrlichen Ausschuß 
mitglieder hiemit freundlich eingeladen werden. 
Der Vorstand. 
Geselliger Liederkranz der K. Baugewerkschule. Am 
kommenden Samstag den 31. Januar, abends von y 2 8 Uhr 
ab, findet im Festsaal der „Bauhütte“ unser Maskenball 
statt, wozu geziemendst eingeladen wird. Der Ausschuß. 
Württemb. Verein für Baukunde. In der 4. ordent 
lichen Versammlung am 17. Januar, die im Vortragssaal 
des Landesgewerbemuseums abgehalten wurde, sprach 
Regierungsbaumeister O. R a p p o 1 d über den „Bau der 
Wolkenkratzer“. Der Vortrag war begleitet von einer 
Reihe gelungener Lichtbilder, die der Vortragende s. Zt. 
selbst auf einer Reise nach Amerika äufgenommen hat. 
Ueber denselben Gegenstand hat der Redner in einem 
unlängst erschienenen Buch, das mit zahlreichen Abbil 
dungen versehen ist, sich eingehend geäußert. In dem 
Vortrag wurde zunächst der eigenartige Eindruck ge 
schildert, den auf jeden Neuankommenden das Hafenbild 
von New-York mit seinen gewaltigen Bauriesen auf der 
Südspitze der Halbinsel Manhattan macht. Diese Halb 
insel, die einerseits vom Hudson, andererseits vom East 
River mit seinen großen Brückenbauten umflossen ist, 
stellt das Geschäftsviertel der Millionenstadt dar. Da in 
diesem Stadtteil infolge seiner Einengung durch das Was 
ser kein weiterer Platz mehr zur Verfügung stand und 
man sich auch nicht allzusehr nach Norden zu von dem 
Verkehrsmittelpunkt entfernen wollte, blieb nichts anderes 
übrig, als mit den Gebäuden in die Höhe zu gehen. Bis 
Anfang der 80er Jahre baute man in Amerika auch nicht 
höher als bei uns; doch gingen die Mauern in voller Stärke 
bis zum Dache durch. Nachdem man aber bei zehnstok- 
kigen Gebäuden angelangt war, mußte man den Mauern 
die Deckenlasten abnehmen und diese auf eiserne Stützen 
übertragen, welche in die Mauern eingestellt wurden. 
Die Mauern hatten jetzt nur noch ihr Eigengewicht zu 
tragen. Auf diese Weise gelangte man bis zu zwanzig 
stöckigen Häusern. Schließlich stützte man auch das 
Mauerwerk auf das Eisengerippe ab, womit sich die 
schweren Wandmassen in leichte Verkleidungen umwan 
delten, die unten nur wenig stärker sind als oben. Da 
in Amerika die Gebäudehöhe gesetzlich nicht beschränkt 
wird, ist es möglich, daß z. B. in einer Seitenstraße des 
Broadway, die 12 m breit ist, die Gebäude bis zu 100 m 
Höhe eraporragen, d. h. achtmal so hoch sind, als die 
Straße breit ist. Daß man in derartigen Gebäuden nur 
wenig Licht und Luft hat, nimmt der Amerikaner nicht 
schwer, da er darin nur sechs Stunden täglich zubringt, 
im übrigen aber außerhalb der Geschäftsstadt wohnt. Die 
technische Möglichkeit, derartige Gebäude auszuführen, 
hängt in erster Linie von der Erfindung des selbsttragen 
den eisernen Knochengerüstes ab, das feuer- und rostsicher 
ummantelt wird. Ferner kommt dabei in Betracht die 
Einführung sicherer und schnellfahrender Aufzüge. Durch 
die letzteren ist erst die wirtschaftliche Ausnützung die 
ser Baukörper möglich geworden. Während früher, vor 
Einführung der Aufzüge, die urftersten Stockwerke am be 
gehrtesten und teuersten waren, ist es jetzt gerade umge 
kehrt, da die paar Sekunden, die man mit dem Aufzug zu 
fahren hat, keine Rolle mehr spielen. Die Gründung ge 
schieht entweder auf Fundamentplatten (als Flachgrün 
dung) oder, wie neuerdings meistens, als Tiefgründung 
mit Pfählen, offenem Schachtaushub oder mit Luftdruck 
verfahren. Große Schwierigkeiten bereitet bei den engen 
und verkehrsreichen Straßen die Erdabfuhr. Man hat 
deshalb in Chicago bereits angefangen, die Untergrund 
bahn zu Hilfe zu nehmen und die Bodenmassen durch 
einen Schacht unmittelbar in die Rollwagen einzuwerfen, 
die auf einem eigens erstellten Seitengeleise der Unter 
grundbahn bereitgestellt wurden. Die Pfähle wurden 
früher aus Holz gemacht, neuerdings verwendet man 
eiserne oder Betonpfähle, letztere in der Regel nach Sy 
stem Raymond oder Simplex. Da die Rammungen für die 
benachbarten Gebäude häufig schädliche Folgen haben, 
müssen diese zuvor nach unten abgestützt werden; häufig 
wird für die Pfähle auch das Einspülverfahren verwendet. 
Sehr häufig wird neuerdings die Druckluftgründung an 
gewendet, die bekanntlich bei uns in der Regel nur für 
Ingenieurbauten Verwendung findet. Der Redner be 
schrieb im einzelnen den Vorgang bei diesen Arbeiten, 
insbesondere die Durchschleusung der Materialaufzüge. 
Bei der ganzen Konstruktion wird das Hauptgewicht auf 
eine möglichst große Steifigkeit gelegt, es werden deshalb 
nicht nur die Stege, sondern auch die Flanschen an die 
Säulen angeschlossen. Häufig muß zur Aufnahme des 
Kippmoments infolge Winddrucks auch noch eine Ver 
ankerung der Säulen in den Fundamenten stattfinden. 
Bei den Decken pflegen die Träger in der Regel einen Ab 
stand von 1,50 m zu haben, auf große Spannweite wird
	        

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