FÜR WÜRTTEMBERG
ERDEN*HESSEN-EL
SHSS-LOTHRINGEN*
Inhalt: Durchlaufende Träger mit ungleichen Stützweiten aber gleichem Steifigkeits
Verhältnis. Zahlenrechtecke und Tabellen für Einflußlinien und Streckenlasten. -
Schwemmsystem. — Tarifverträge. — Vereinsmitteilungen.
Alle Rechte Vorbehalten.
Durchlaufende Träger mit ungleichen Stützweiten aber gleichem
Steifigkeitsverhältnis. Zahlenrechtecke und Tabellen für Einfluß
linien und Streckenlasten.
(Von Dr.-Ing. Dr. sc. nat. Lewe, Leiter der Bauprüfungsstelle in Bromberg).
W f . h-
M
Einwandfreie Berechnungen durchlaufender Träger sind
zuerst um die Mitte des vorigen Jahrhunderts aufgestellt
worden. Der berühmte, fälschlich Clapeyron zuge
schriebene Dreimomentensatz wurde im Jahre 1855 von
Bertöt, erst im Jahre 1857 von Clapeyron aufgestellt.
Weiter haben sich Kopeke und Mohr, in den siebziger
Jahren C u 11 mann und dessen Schüler Ritter mit diesen
Trägern beschäftigt. Die erste tabellenmäßige Behand
lung durchlaufender Träger gab Winkler, indem er in
den sogenannten Winkler’sehen Zahlen für durch
laufende Träger bis zu 5 Stützpunkten, die maximalen
und minimalen Momente und Querkräfte bei Feldbelast
ung und unter Berücksichtigung gleicher Feldweiten
angab. Neuere Tabellenwerke von Lederer 1 ) und
Griot 8 ) für die Einflußlinien der Biegungsmomente
setzen ebenfalls einen Trägerquerschnitt mit überall
gleichem Trägheitsmoment voraus.
Diese Annahme des Vorhandenseins eines überall
gleichen Trägheitsmoments ist nur durch die Ueberlieferung
aus den Zeiten gerechtfertigt, in denen als hauptsäch
liches Baumaterial hölzerne Balken und später eiserne
Walzträger verwendet wurden. Mit dem Auftreten des
Eisenbetonbaues und der Verwendung von Blechträgern,
auch im Hochbau zwang der sich mehr und mehr ver
schärfende Wettbewerb, die Querschnitte der Träger
in den einzelnen Oeffnungen verschieden, entsprechend
den einzelnen Stützweiten zu wählen. Im Brückenbau
ist eine solche Verschiedenheit in der Wahl der Träger
höhen von jeher üblich gewesen.
Die weite Verbreitung der vorbenannten Werke von
G r i o t und Lederer, die zudem nur wenige Stützweiten
verhältnisse betreffen, sowie der allgemein übliche Ge
brauch des bekannten ebenfalls gleichen Trägerquer
schnitt voraussetzenden graphischen Verfahrens, findet
weder in der Theorie noch auch in Vorzügen der leich
teren Anwendbarheit seine Berechtigung. Bei leichter
Konstruktion und schwerer einzelner Verkehrslast wird
das Widerstandsmoment proportional der Stützweite, bei
dem Ueberwiegen gleichmäßig verteilter Lasten, propor
tional dem Quadrate der Stützweiten sein. Wählt man
einen Träger überall gleicher Höhe, so ist im ersteren
Falle das Widerstandsmoment
’) Dr. Lederer. Analytische Ermiltelung von Einflußlinien.
a ) Griot. Tabellen zum Aufträgen der Einflußlinien, Zürich 1904.
Das Trägheitsmoment wird in diesem Falle also
proportional der Stützweiten. Im zweiten Falle würde
man Proportionalität mit dem Quadrate der Stützweitert
erhalten. Zu demselben Resultate kommt man, wenn
man einen Balken mit rechteckigem Querschnitt zugrunde
legt, dessen Höhe h konstant, die Breite b aber variabel
entsprechend den Beanspruchungen in den einzelnen
Oeffnungen sein soll. Untersucht man den Gegenfall
eines Balkens, dessen Breite konstant und dessen Höhe
in den einzelnen Oeffnungen wechseln darf, so würde
man bei einer Einzellast und leichter Konstruktion Pro
portionalität des Trägheitsmoments mit der Wurzel aus
d^r dritten Potenz, im Falle des Vorliegens der gleich
mäßig verteilten Lasten Proportionalität des Trägheits
moments mit der dritten Potenz der Stützweite erhalten.
Architektonische Gründe, die Berücksichtigung der Quer
kräfte und der negativen Momente in den kleineren
Oeffnungen führen dazu, daß bei praktischen Ausführungen
in der Regel der Querschnitt des Trägers nur innerhalb
der größten Oeffnungen aufs äußerste bemessen wird,
daß in den kleineren Oeffnungen das Material gewöhn
lich nicht bis zur zulässigen Grenze ausgenützt ist.
Diese Ausführungen beweisen, daß bei der Berechnung
durchlaufender Träger mit ungleichen Stützweiten, die
Annahme eines Trägsheilsmoments, das von Oeffnung
zu Oeffnung proportional der Stützweite wechselt, eine
bessere Annäherung an die wirklich vorliegenden Ver
hältnisse darstellt, als die Annahme eines gleichen Träg
heitsmoments. Daß diese Annahme auch zu einer leich
teren und einfachem Darstellung der Einflußwerte der
statisch Unbestimmten führt, zeigen die folgenden wenigen
Zahlenwerte für Träger bis zu acht oder beliebig viele
verschieden weite Oeffnungen, die genügen, um sofort
die Größe eines statisch unbestimmten Stützmomentes
infolge einer Einzelkraft, einer slreckenmäßig oder gleich
mäßig über das ganze Feld verteilten Last anzugeben.