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BAUZEITUNO
Nr. 24/25
der Deutsche Bund für Heimatschutz ein solches jetzt
schon in Bearbeitung hat.
Ferner wäre die Errichtung von Zweigstellen der
Werkstättengemeinschaft mit ständigen Ausstellungsräumen
in den größeren Städten unseres Landes notwendig.
Natürlich müßten auf diesen die zu Beginn meiner Aus
führungen geschilderten Fehler der ostpreußischen Wander
ausstellung vermieden bleiben. Diese Werkstätten können
bei richtiger Organisation für das heimische Kunstgewerbe
namentlich im Hinblick auf die großen Wiederaufbau
arbeiten von großem Nutzen sein. Leider ist eine Or
ganisation auf die oben ausgeführle Weise für unser
Land recht schwer zu erreichen, weil uns ein besonderes
Gewerbe-Förderungsamt, wie es uns aus anderen
Bundesstaaten bekannt ist, immer noch fehlt. Wir müssen
uns daher in Ermangelung eines Gewerbeförderungsamtes
auf dem Wege der Selbsthilfe eine Zentralstelle zu schaffen
suchen, in der alle die Organe, die zur Mitarbeit in der
Organisation berufen sind, zusammengefaßt weiden.
Demzufolge wäre zunächst eine Arbeitsgemeinschaft
zwischen der Handwerkskammer, den gewei blichen In
teressenverbänden und den Genossenschaftsorganisationen
unseres Landes herbeizuführen. Von dieser Stelle hätten
dann alle weiteren praktischen Arbeiten zur Organisation
des Wiederaufbaues ihren Ausgang zu nehmen.
Hiermit hätte ich Ihnen in großen Zügen die Ge
danken vorgetragen, die ich mir über die auf dem Wege
der Selbsthilfe zu schaffende Organisation des Wieder
aufbaues unseres Landes zurechtgelegt habe. Ich bitte
nunmehr die verehrlichen Anwesenden, ihre Meinungen
über den im Interesse unseres heimischen Kunstgewerbes
am besten zu betretenden Weg zu äußern. Helfen Sie
gütigst, meine sehr geehrten Herren, mitraten, daß wir
die geeignete Grundlage finden, auf der wir unserem
heimischen Kunstgewerbe den ihm gebührenden Anteil
an den Wiederaufbauarbeiten sichern. Helfen Sie durch
Ihren Rat und Ihre Mitarbeit, den Wiederaufbau zu einem
Werk zu gestalten, das unserem schönen Lande und
seiner Zukunft zur Ehre und all seinen Einwohnern zur
dauernden Freude gereicht.
Versicherungszwang für vor dem Kriege selbst
ständige Erwerbstätige, die durch den Krieg
zu Lohnarbeit gezwungen werden.
Mehrere Gewerbetreibende, die viele Jahre lang selbst
ständig gewesen waren, hatte der Krieg gezwungen, eine
Stellung anzunehmen, in der sie täglich 3.50 M. verdienten.
Diese Angestellten sollten nach der Meinung des Ver
sicherungsamtes dem Versicherungszwange nicht unter
liegen, weil ihre Beschäftigung nur eine „vorübergehende“
im Sinne des § 1232 der Reichsversicherungsordnung sei.
Die hiergegen eingelegte Beschwerde hat das Reichs-
versicherungsamt für begründet erklärt, und sich dahin
ausgesprochen, daß die Angestellten versicherungspfiichtig
seien. Wenn auch die in Rede stehenden Gewerbetreibenden
offenbar nicht die Absicht hatten, sich dauernd dieser
Beschäftigung zu widmen, sondern ihre alte Tätigkeit
wieder in vollem Umfange aufnehmen wollien, sobald
die Kriegslage es gestatten würde, so ergibt doch der
Sachverhalt, daß sie zur Zeit für ihr Geschäft nur neben
her arbeiten, soweit ihnen Zeit übrig bleibt und soweit
es sich lohnt. Wie lange dieser Zustand dauert, hängt
voraussichtlich von der Dauer des Krieges ab. Diese
ist aber ungewiß. — Das Versicherungsamt irrt, so führte
das Reichsversicherungsamt weiter aus, wenn es das
maßgebende Merkmal für die gelegentliche Beschäftigung
darin sieht, daß die Beschäftigten die Lohnarbeit nur
mit Rücksicht auf die derzeitigen Verhältnisse und nicht
in der Absicht verrichten, sich ihr dauernd zu widmen;
denn auf dem Gebiete der Reichsversicherung kommt
es nicht so sehr auf den Willen der Beiteiligten als auf
die tatsächliche Gestaltung der Verhältnisse an.
Wollte man eine versicherungspflichtige Beschäftigung
immer erst von dem Zeitpunkt ab annehmen, zu dem
der Beschäftigte seine Lohnarbeit, unabhängig vom Zwange
der jeweiligen Verhältnisse, für die Dauer verrichtet, so
würde den Beschäftigten nicht nur ein Teil der unter
gleichen Bedingungen verrichteten Arbeit für die Ver
sicherung nicht angerechnet werden, sondern es würde
auch an einem Zuverlässigen Merkmahl fehlen, ob und
seit wann jemand Versicherungspflichtig ist. Eine solche
Beurteilung würde auch der Natur der Reichsversicherung
widersprechen, da diese auf Zwangsversicherung beruht.
Diese wird auch gerade Fällen der vorliegenden Art ge
recht, da Personen, deren wirtschaftliche Selbständigkeit
durch die Ungunst der Verhältnisse in Zweifel gestellt
ist, beizeiten in den Schutz der Versicherung treten
müssen.
Kleine Mitteilungen
Eine Erhöhung der Teuerungszulagen für die
deutschen Bauarbeiter um 3 Pfg für die Stunde (in
Orten mit weniger als 5000 Einwohnern um 2 Pfg.) soll
wie die baugewerblichen Arbeitgeber- und Arbeiter
organisationen nach den im Mai d. J. unter Leitung des
Reichsamts des Innern stattgefundenen Verhandlungen
beschlossen haben, vom 1. Juli d. J. ab eintreten. Eine
weitere Erhöhung um 2 Pfg. (bezw. 1 Pfg.) soll am 1.
September d. J. folgen. Die Bewilligung ist seitens der
Arbeitgeber im Interesse des Burgfriedens in der Vor
aussetzung erfolgt, daß die bauenden Behörden ihnen
die Teuerungszulagen zurückerstatten, soweit letztere
beim Abschluß der Bauverträge noch nicht bekannt
waren, ln den letzten Wochen sind demnach ausführlich
begründete Erstattungsanträge an alle Reichsämter, Staats
ministerien, Stadtverwaltungen usw. vom Deutschen Arbeit
geberbund für das Baugewerbe und von dem ihm an
geschlossenen Verbänden gerichtet worden. Die Antworten
stehen leider fast sämtlich noch aus, trotzdem das Reichs
amt des Innern den obersten Behörden Berücksichtigung
empfohlen hat. Eine Ablehnung der Anträge würde sicher
große Störungen im Baugewerbe verursachen, da dann
in vielen Bezirken die Zahlung der erhöhten Teuerungs
zulagen wahrscheinlich nicht durchführbar sein würde.
Man hofft daher im deutschen Baugewerbe bestimmt bis
zum Ende dieses Monats Entscheidungen der Behörden
zu erhalten, die eine den herrschenden Teuerungsverhält
nissen Rechnung tragende Bezahlung der Bauarbeiten
gestatten und damit den wirtschaftlichen Frieden im Bau
gewerbe erhalten.
Personalien
Württemberg. Befördert: tit. Oberbahnmeister Gabst in
Horb I zum Oberbahnmeister auf seiner jetzigen Stelle.
Versetzt: Bahnmeister Bernhard in Mühlacker nach
Winnenden und Hornung in Leutkirch 1 nach Tuttlingen je ihrem
Ansuchen entsprechend.
Graser, Militär-Bauinspektor und Vorstand des Militär-
Neubauamts in Eßlingen wird zum 1. Juli 1916 in gleicher Eigen
schaft nach Böblingen versetzt.
Ernannt: Hofbauamtswerkmeister Krafft zum ersten Hof
bauamtswerkmeister mit dem Titel „Hofbauamtsinspektor“ und
Werkmeister Nägele zum Hofbauamtswerkmeister.
Verantwortlich: Karl Schüler, Stuttgart.
Druck: Gustav Stürner in Waiblingen