16./31. Juli 1916
ßAUZEITUNG
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im vergangenen Jahr die von der Zementinduslrie verlangte
Kontingentsteuer ablehnten. Sie ließen damals erklären:
„Maßnahmen, welche eine Verteuerung von Baumaterialien
herbeiführen könnten, würden sich schon mit Rücksicht
auf die bekannte schwierige Lage des Baugewerbes ver
bieten.“
Für die Bauunternehmer verhängnisvoll ist — abgesehen
von der Ausschaltung des Wettbewerbs im Zementhandel
im allgemeinen — besonders die Bestimmung im § 1 der
Verordnung, nach der Zementlieferungsverträge
über den 31. Dezember hinaus vorläufig (bis 30.
November d. Js.) nicht abgeschlossen werden dürfen.
Dadurch wird dem Unternehmer die Möglichkeit genommen,
sich für Bauten, die er übernommen hat oder übernehmen
will und deren Ausführung in das Jahr 1917 hinübergreift,
mit Zement einzudecken. Viele im Submissionsverfahren
zu festen Preisen vergebene große Bauten, besonders
staatliche und kommunale, haben eine Bauzeit von mehr
als einem Jahre oft von 3—4 Jahren. Die Uebejr-
nahme der Bauausführungen erfolgt auf Grund von Bau-
stofflieferungsverträgen. Ohne solche Verträge ist eine
ordnungsmäßige Erfüllung der Bauverträge kaum denkbar.
Die soliden, vorsichtigen Unternehmer, die in Zukunft
mit einer unbekannten Preissteigerung des Zements während
der Bauausführung rechnen müßten, werden in ihren
Angeboten zu ihrer Sicherheit erheblich höhere Forder
ungen stellen müssen, als bisher. Die Bauaufträge werden
daher vielvach an billigere, leichtfertige oder unerfahrene
Unternehmer fallen, die sich dann zum Schaden der Auf
traggeber für die nicht vorausgesehenen Preissteigerungen
des Zements in anderer Weise schadlos zu halten suchen
werden.
Wir bitten daher, daß die Bestimmung des § 1
wieder aufgehoben wird für solche Bauten, über
welche Bauverträge abgeschlossen sind oder bindende
Angebote abgegeben sind vor der Bekanntgabe der
Preise für das jahr 1917.
Wird die Bestimmung nicht aufgehoben, so müßten
wir um Anweisung an die bauenden Behörden bitten,
daß die sich aus Preissteigerungen des Zementes
seit Abschluß des Bauvertrags ergebenden Mehrkosten
der Unternehmern besonders vergütet werden. Der
bei den Reichs- und Staatsbehörden bestehende Grund
satz, daß die Bauverträge ohne Aenderung zu Gunsten
eines Vertragschließenden zu erfüllen sind — der uns
bei unseren Anträgen aut Rückerstattung der Teuerungs
zulagen der Bauarbeiter erst vor kurzem von Vertretern
der Reichsämter und Preußischen Ministerien wieder
entgegengehalten worden ist, müßte dann endgültig auf
gegeben werden.
Zum Schluß richten wir als Vertreter fast aller leistungs
fähigen deutschen Hochbau- und Betonbau- Geschäfte,
die uns in 31 Landes- und Provinzialverbänden und rund
600 Ortsverbänden angeschlossen sind, die Bitte an den
Hohen Bundesrat, in Zukunft uns vor dem Erlaß von
Verordnungen, die die wichtigsten Fragen unseres Gewerbes
betreffen, anzuhören. An den Vorsitzenden der neu
geschaffenen Reichsstelle für Zement haben wir bereits
den Antrag gestellt, Vertreter unseres Bundes als Sach
verständige zu den Beratungen Uber grundsätzliche Fragen
heranzuziehen. Wir bitten Anweisung zu geben, daß diesem
Antrag Folge geleistet wird.
4. Bundesversammlung des Reichsbundes
baugewerblicher Arbeitgeberverbände.
Am 28. d. M. hielt der Reichsbund baugewerblicher
Arbeitgeberverbände im Architektenhaus zu Berlin seine
4. Bundesversammlung ab, die von Delegierten der dem
Reichsbund angeschlossenen Zentralverbände aus allen
Teilen des Reiches zahlreich besucht war. Die Versamm
lung wurde geleitet vom Vorsitzenden des Reichsbundes
Herrn Architekt und Baumeister Ludwig Popp (Nürn
berg), der zunächst den Bericht über die Tätigkeit des Ver
waltungsausschusses des Reichsbundes seit der letzten
Hauptversammlung erstattete.
In eingehender Weise gab Herr Popp eine Darstel
lung der wirtschaftlichen Lage, wie sie der Krieg für die
arn Baugewerbe beteiligten Berufe geschaffen hat und wie
sie sich in ihren Wirkungen auf die baugewerblichen Ar
beitgeberorganisationen geltend macht.
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