16 /31. Dezember 1916.
BAUZEITUNO
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vollem Recht die Lösung der Wohnungsfrage für eine
Grundaufgabe der Gemeinden, wäscht aber seine Hände
in Unschuld. Letzteres nicht mit demselben Recht.
Schließlich ist doch er, das heißt: die Allgemeinheit, der
Leidtragende, wenn die Gemeinden ihre Pflichten nicht er
kennen oder aus finanziellen Gründen nicht zu erfüllen
vermögen. Darum bleibt letzten Endes die Notwendigkeit,
für Wohnungen zu sorgen, doch am Staate hängen.
W i e er für Bereitstellung der Gelder, wie für Zu
weisung billigen Baulandes, wie für eine angemessene
Unterstützung der durch Kleinwohnungsbau zu ihrem
Nachteil sich belastenden Gemeinden sorgen muß, w i e er
die unbestritten vorhandene finanzielle Bedrängnis des
Hausbesitzerstandes lindert, das sind Streitfragen, deren
Erörterung schon ganze Büchereien füllt, und die auch
ruf bezwecke, ist lediglich die Erkenntnis; daß wir jetzt
mit Hochdruck und unter Anwendung aller be
hördlichen Machtmittel bauen, bauen und aber
mals bauen, menschenwürdige Wohnungen in ge
nügender Zahl für unsere Volksgenossen bereitstellen
müssen, und daß keine Stunde mehr zu ver
lieren ist.
Der von einer Seite erhobene Einwurf, daß aus
Mangel an Stein, Mörtel und Balken zurzeit manchenorts
gar nicht gebaut werden könne, auch wenn man wolle,
ist doch nur ein weiterer Beweis dafür, daß von Reichs
wegen eingegriffen und eine überlegte Vertei
lung der tatsächlich zur Genüge vor
handenen Baustoffe bewerkstelligt werden muß,
statt gottergeben die Hände in den Schoß zu legen.
vor dem Friedensschluß nicht mehr zu allseitiger Zufrie
denheit geschlichtet werden können. Meine Meinung ist,
daß sie bei der ungeheuren Dringlichkeit der Verhältnisse
vorläufig auf diktatorischem Wege beseitigt wer
den müssen, damitgebautwerden kann.
Denn das möchte ich zum Schluß und entgegen der
vielfach mißverständlichen Auffassung meiner Worte noch
einmal mit aller Deutlichkeit aussprechen: mich bewegt
zur Stunde nicht so sehr die Gestaltung idealer
Kriegersiedelungen, nicht der praktisch undurchführbare
Ruf: „Jedem Krieger sein Eigenheim!“, nicht einmal in
erster Reihe der Eifer um das Kleinhaus im Gegensatz zur
Mietskaserne. Ob in der Stadt, ob auf dem platten Lande,
ob im Eigenheim oder in Miete unser Volk nach dem
Krieg untergebracht wird, das alles scheint mir spätere
Sorge. Jetzt handelt es sich darum, daß es über
haupt untergebracht wird. Was ich mit meinem Warn-
Eine ständige Ausstellung für Bau
wesen im Architektenhaus zu Berlin.
Wie sich die Völker im Frieden für den Krieg rüsten,
so müssen auch in den Zeiten des Kriegszustandes die
Vorbereitungen für den Frieden getroffen werden. Die
durch den Krieg wohl am meisten gehemmte Bautätigkeit
wird mit dem kommenden Frieden ohne Zweifel eine
außerordentliche Entwicklung erfahren. Sowohl die Er
richtung der vielen öffentlichen und privaten Bauten,
welche aus Mangel an Arbeitskräften und Material zu
rückgestellt werden mußten, als auch der Wiederaufbau
der zerstörten und besetzten Landesteile werden große
Anforderungen an die Bauindustrie stellen. Es liegt da
her nahe, für alle Bauinteressenten eine Sammelstätte des
Neuesten und Besten auf dem Gebiete des Bauwesens vor
Augen zu führen und gleichzeitig die befreundeten und