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BAUZEITUNO
Nr. 1/3
Baunebengewerben üblichen Tarifverträge verbürgen bei
der jetzigen Rechtsunsicherheit des Tarivertragswesens
und bei der durch § 152 2 RGO. bedingten Rechtlosigkeit
der die Verträge abschließenden Berufsvereine den Wirt
schaftsfrieden nicht in ausreichender Weise. Der Reichs
bund erachtet daher eine umgehende gesetzliche Regelung
der Tarifvertäge für wünschenswert, die zwar einen Zwang
zum Abschluß von Tarifverträgen nicht vorschreibt, aber
diejenigen Gewerbe, welche Tarifverträge abschließen wol
len, während der Vertragsdauer vor jeder Störung des
Arbeitsfriedens durch tarifwidrige Forderungen und vor
Arbeitseinstellung unbedingt schützt, indem sie die Berufs
vereine für Tarifverletzungen, die sie oder ihre Mit
glieder begehen, haftbar macht. In dem Tarifvertrags
gesetz wäre die in der Praxis bereits größtenteils aner
kannte Unabdingbarkeit der Tarifverträge festzulegen und
zu fordern, daß die eigentlichen Arbeitsbedingungen (Ar
beitszeit, Arbeitsleistung, Arbeitslohn) in den Verträgen
bestimmt als Höchst- Einheits- oder Mindestmaß bezeich
net werden, damit in Zukunft in Streitfällen nicht mehr
unberechtigter Weise von den Arbeiterverbänden behaup
tet werden kann, die tariflichen Leistungen des Arbeit-
von Tarif Streitigkeiten und Arbeitsdifferenzen, die nicht
durch die zuständigen Instanzen der Tarifverträge erledigt
werden können, lehnt der Reichsbund ab, da er nach den
schlechten Erfahrungen mit den Schlichtungsstellen des
Hilfdienstgesetzes befürchten muß, daß die Vorsitzenden
derartiger Stellen nicht für strikte Durchführung der Tarif
verträge sorgen, sondern auch tarifwidrige Forderungen
der Arbeiterverbände unterstützen werden. Viel zweck
mäßiger zur Sicherung des Arbeitsfriedens ist die vor
erwähnte gesetzliche Regelung der Tarifverträge.
Daß mit der Außerkraftsetzung des Hilfsdienstgesetzes
auch wieder die Einrichtung der Arbeiter- und Angestellten
ausschüsse in Betrieben mit mehr als 50 Arbeitern oder
Angestellten beseitigt wird, muß entgegen dem von Arbeiter
seite gestellten Verlangen auf Beibehaltung dieser Aus
schüsse ohne weiteres erwartet werden. In den Tarif
gewerben besonders sind derartige Ausschüsse vollständig
überflüssig, da alle Streitigkeiten von den Tarifinstanzen
geschlichtet werden.
Die Errichtung von Arbeitskammern erscheint für das
Baugewerbe und die Baunebengewerbe überflüssig, so
lange das Tarifvertragsverhältnis zwischen Arbeitgebern
Bild 4
Dorf-Brunnen
in La Selve.
gebers seien das Mindestmaß, die tariflichen Leistungen
des Arbeitnehmers das Höchstmaß der Verpflichtungen.
Die Rechtlosigkeit der Berufsvereine ihren eigenen Mit
gliedern gegenüber muß gleichzeitig beseitgt werden. Der
Reichsverband baugewerblicher Arbeitgeberverbände for
dert daher erneut die Aufhebung des § 152 2 RGO. oder
mindestens Aenderung dieses Paragraphen dahin, daß den
Berufsvereinen ein klagbares Recht auf Erfüllung ihrer
Satzungen zugestanden wird. Nur wenn dieser Forderung
der Arbeitgeberverbände stattgegeben wird, können diese
ihre Bedenken gegen die von den Gewerkschaften ver
langte Aufhebung des § 153 RGO., welche zu einer er
heblichen Stärkung der Gewerkschaften führen würde,
zurückstellen.
Das Tarifvertrags wesen im Baugewerbe hat während
der Kriegszeit durch störende Eingriffe der in Tarifan
gelegenheiten meist unerfahrenen Vorsitzenden der Schlich
tungsausschüsse des Hilfsdienstgesetzes erheblichen Scha
den erlitten. Der Reichsbund setzt als selbstverständlich
voraus, daß das Hilfsdienstgesetz mit Beendigung des
Krieges sofort außer Kraft gesetzt und damit auch die
Schlichtungsausschüsse beseitigt werden. Die von den
Gewerkschaften geforderte Einsetzung „amtlicher Schlich
tungsstellen auf paritätischer Grundlage“ zur Schlichtung
und Arbeitnehmern weiterbesteht. Die Errichtung würde
dem Gewerbe nur neue Kosten aufbürden, die nach dem
jahrelangen Darniederliegen des Baugewerbes besonders
schwer empfunden werden würden. So wünschenswert
die Betätigung gemeinsamer Interessen durch Arbeitgeber-
und Arbeitnehmervertreter ist, so außerordentlich schwer
ist sie in der Praxis durchzuführen.
III. Regelung der Arbeitslöhne. Der Reichsbund
baugewerblicher Arbeitgeberverbände ist von jeher dafür
eingetreten, daß dem tüchtigen Arbeiter ein auskömmlicher
Lohn gezahlt wird. Er ist der Ansicht, daß die Kriegsteil
nehmer, denen der Dank des Vaterlandes in höchstem
Maße gebührt, nach der Heimkehr in die Lage versetzt
werden müssen, aus eigener Kraft für den Lebensunter
halt ihrer Familien in ausreichender Weise zu sorgen.
Nur durch feste Regelung der Arbeitslöhne, die ein sprung
haftes Fallen und Steigen der Löhne ausschließt, wird es
möglich, einen sonst bei übergroßem Arbeiterangebot in
der Uebergangszeit wahrscheinlichen plötzlichen Sturz der
Arbeitslöhne abzuwenden. Zu derartigen tariflichen Ver
einbarungen und damit zum Verzicht auf die Ausnützung
einer für die Unternehmer günstigen Lage werden die im
Reichsbund vereinigten Gewerbe, soweit sie bisher schon
Tarifverträge abgeschlossen haben, weiterhin aber nur