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BAUZEITUNG
Nr. 7/10
Kleinhäuser-Entwürfe
von
Friedrich Imbery, Architekt D. F. A.
Stuttgart-Solingen
zur Zeit im Felde.
der Bevölkerung durch die Erstellung von Kleinhäusern
mit nur einer oder nur ganz wenigen Kleinwohnungen
in besonderen Siedlungen zu befriedigen.
Unter einer Kleinwohnung ist eine Wohnung zu ver
stehen, die nur wenige Aufenthaltsräume von mäßiger
Größe und bescheidener Bauart und nur wenige eben
solche Nebenräume enthält, unter Kleinhaus ein Gebäude
von nicht mehr als zwei vollen Stockwerken (gemessen
nach § 28 der Vollz.-Verf. zur Bau-O.), das nur eine
oder nur ganz wenige Kleinwohnungen enthält. Bei der
Vorbereitung und Ausführung von Kleinhaussiedlungen
kommt neben einer Reihe von Fragen über Land- und
Geldbeschaffung, Erbbau- und Wiederkaufsrecht, Eigen
heim oder Mietwohnung, Verbesserung und Beschleunig
ung des Verkehrs und drgl. namentlich auch die zweck
mäßige Aufstellung des Plans und der Anbauvorschriften
sowie die Vereinfachung und Verbilligung des Bauens in
Betracht. Wie dies im Rahmen der Bauordnung vom 28.
Juli 1910 (Reg. Bl. S. 333), der Vollzugs-Verfügung da
zu vom 10. Mai 1911 (Reg. Bl. S. 77) und der Ministerial-
verfügung über Feuerungseinrichtungen vom 28. Juli 1911
(Reg. Bl. S. 7) erfolgen kann, sollen die in der Anlage
enthaltenen Richtlinien für die baupolizeiliche Behandlung
von Kleinhaussiedlungen erläutern. So notwendig die
tunlichste Verbilligung ist, so ist es doch nicht angängig,
den Kleinhausbau und die Kleinhaussiedlung durch eine
allzu starke Einschränkung in der Zahl und Größe der
einzelnen Räume oder eine zu weit gehende Nachsicht in
der Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen fördern
zu wollen. Soll eine Wohnung den sittlichen und ge
sundheitlichen Anforderungen unserer Zeit entsprechen,
soll namentlich auch die erforderliche Trennung der Schlaf
räume Erwachsener und größerer Kinder und bei diesen
wieder der verschiedenen Geschlechter durchführbar sein,
so dürfen Größe und Zahl der Räume nicht zu knapp
bemessen werden. Auch genügende Nebenräume sind
notwendig, damit die Wohn- und Schlafräume nicht in
unzweckmäßiger Weise benützt, Ordnung und Reinlichkeit
dadurch erschwert werden und ein behagliches Wohnen
verhindert wird. Eine allzu leichte oder gar schlechte
Bauausführung ist auch beim Kleinhaus zu vermeiden.
Bei manchen Bauausführungen und scheinbaren Verein
fachungen fallen die auf dem Papier oft hoch berechneten
Ersparnisse in Wirklichkeit erheblich geringer aus oder
werden durch vermehrte Unterhaltungskosten aufgewogen.
Zu schwache Wände und Decken haben neben anderen
störenden Nebenerscheinungen einen verminderten Wetter
schutz und einen erhöhten Aufwand an Brennstoff im
Winter zur Folge. Bei der Planung der ganzen Sied
lung wie des einzelnen Hauses sind die Wirtschaftsver
hältnisse und die Lebensgewohnheiten ihrer künftigen Be
wohner in den Vordergrund zu stellen; auch ist auf die
Anlegung von Nutzgärten und auf die Kleintierhaltung
Rücksicht zu nehmen. Die Aufstellung einiger sorgfältig
durchgearbeiteter Typen vereinfacht die Arbeit und ver
mindert die Kosten. Bei der baupolizeilichen Behandlung
des Plans, der Anbauvorschriften und der einzelnen Bau
gesuche werden sämtliche Baupolizeibehörden sich stets
vor Augen halten, daß die Beschaffung geeigneter Woh
nungen von großer Bedeutung für das Volkswohl ist.
Fleischhauer.
Richtlinien für die baupolizeiliche Behandlung
von Kleinhaussiedlungen.
A. Der Ortsbauplan ist bei der Kleinhaussied
lung von weitgehender Bedeutung. In Art. 7 Abs. 1 Satz 1
der Bau-Ordnung wird es den Gemeinden zur Pflicht ge
macht, nach dem jeweils auftretenden Bedürfnis Ortsbau
pläne festzustellen und in Abs. 2 desselben Artikels wird
als besonderer Grund für die Aufstellung neuer Ortsbau
pläne der Fall hervorgehoben, daß eine dem Bedürfnis
entsprechende Zahl von Bauplätzen in geeigneter Lage
zur Schaffung zweckmäßiger Wohnungen nicht vorhanden
ist. Sobald also erkannt wird, daß in einer Gemeinde
Bauplätze, wie sie sich für eine größere Zahl von Klein
wohnungen oder Kleinhäusern eignen, notwendig sind oder
in kurzer Zeit notwendig werden, ist die Gemeinde ver
pflichtet und kann nötigenfalls von der Aufsichtsbehörde
.dazu angehalten werden, durch Aufstellung eines Ortsbau
plans solche Bauplätze zu schaffen. Dieser Orlsbauplan
ist ganz den jeweiligen Verhältnissen anzupassen. Es ist
in Art. 11 Abs. 1 der Bau-Ordnung ausdrücklich darauf