1./18. März 1918.
BAUZEITUNG
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hingewiesen, daß dem Wohnungsbedürfnis und den sonstigen
wirtschaftlichen Verhältnissen der Einwohner, also auch
der Minderbemittelten in Stadt und Land, Rechnung zu
tragen ist, daß insbesondere auch die Breite der Straßen
sowie die Tiefe der Baublöcke den Verhältnissen und
Bedürfnissen entsprechend abgestuft wird. Die Bestim
mungen ermöglichen es auch, schmale Verbindungswege,
Gartengänge, Wirtschaftswege und dergl. sowie freie Hof-
und Gartenflächen im Innern der Baublöcke vorzusehen
(Art. 11 Abs. 4 der Bau-Ordnung). Gemeinde und Plan-
fertiger müssen sich klar darüber werden, wie den Bedürf
nissen der Beteiligten und den örtlichen Verhältnissen
zweckmäßig, wirtschaftlich und schönheitlich am besten
entsprochen wird. Da dies nicht ganz einfach ist, wird
in Art. 7 Abs. 1 der Bau-Ordnung und § 11 der Vollz.
Verf. dazu auf eine sachverständige Beratung der Gemein
den hingewiesen. Auf Ansuchen wird die Ministerialab-
teilung für das Hochbauwesen den Gemeinden Sachver
ständige namhaft machen. Als Anhaltspunkt für Ortsbau
pläne zu Kleinhaussiedlungen kommen besonders in Be
tracht: 1. Zur Anlage von Kleinhaussiedlungen ist jedes
Gelände geeignet, das eine gesunde und ruhige Lage hat
und in Beziehung auf Zugänglichkeit, Wasserversorgung,
Entwässerungsmögiichkeit, sowie auf die Beschaffenheit
seiner Oberfläche und seines Untergrundes einfache Ver
hältnisse aufweist. Die Siedlungen sollen abseits von
Hauptverkehrsstraßen liegen, aber von diesen aus leicht
erreichbar sein. 2. Freiflächen sollen als Ausweich- und
Wendeplätze zur Erleichterung des Verkehrs, sowie als
Erholungs-, Tummel- und Spielplätze in einer der Be
siedlungsdichte entsprechenden Gesamtfläche und in zweck
mäßiger Verteilung über die Siedlung vorgesehen werden.
3. Das Straßennetz soll möglichst einfach entworfen wer
den. Nur solche Straßen haben eine Daseinsberechtigung,
die ein nachweisbares Verkehrsbedürfnis befriedigen oder
die Aufschließung eines Geländes ermöglichen, dessen
Größe in einem angemessenen Verhältnis zu den Straßen
kosten steht. 4. Die Straßenführung soll möglichst un
gezwungen sein. Von ausschlaggebender Bedeutung müs
sen hiebei die Neigungsverhältnisse des Geländes, an das
sich die Straßen tunlichst anschmiegen sollen, sowie die
richtige Besonnung der Wohnräume der an den Straßen
zur Erstellung kommenden Gebäude sein; daneben soll
aber auch auf die Schaffung anmutiger Straßen- und
Landschaftsbilder Bedacht genommen werden. Die Ab
zweigung der Straßen des Kleinsiedlungsgebiets von
Hauptverkehrsstraßen soll unter Anwendung von Ab
biegungen, Versetzungen und dergl. so gestaltet werden,
daß der Durchgangsverkehr nicht in die Siedlung herein
geleitet wird. 5. Die Straßenbreite ist davon abhängig,
ob die Straße eine Verkehrs- oder eine Wohnstraße ist.
Bei untergeordneten Wohnstraßen kann ohne Trennung
des Fuhrverkehrs vom Fußverkehr bis auf 3 m Straßen
breite (Gartengänge) gegangen werden. Bei kürzeren
Straßen, sowie bei Straßen im Hanggelände genügt bei
schwachem Verkehr eine einspurige Fahrbahn von 3 m
und ein einseitiger Gehweg von 1,5 m Breite, bei mäßi
gem Verkehr eine Fahrbahn von 4,5 m Breite, die ein
Ausweichen auch breiter Fuhrwerke gestattet, und ein
einseitiger Gehweg von 1,5 m oder ein doppelter von
1,25 m Breite. Es müssen jedoch nach Bedarf in an
gemessenen Abständen Ausweich- und Wendeplätze an
geordnet und die Häuserreihen der Straßen mittelst Vor
gärten oder Vorplätzen in dem für einen genügenden
Lichteinfall nötigen Abstand von einander gehalten werden.
6. Die Anlage und Form der Baublöcke, sowie der
Grundstücke müssen der Berufsart und der täglichen
Lebensführung der Bevölkerung, für die eine Kleinhaus
siedlung bestimmt ist, angepasst werden; insbesondere
kommt in Betracht, ob es sich um überwiegend landwirt
schaftliche oder gewerbliche Betätigung der Bewohner
handelt. Im allgemeinen sind langgestreckte Baublöcke
anzustreben. Wenig breite, aber tiefe Grundstücke sind
für den Bauenden wirtschaftlicher als breite und wenig
tiefe, da bei den ersteren der Anteil an den Straßen
kosten samt den damit verbundenen Nebenauslagen ge
ringer wird.
(Fortsetzung folgt.)
Verschiedenes.
Staatliche Verbürgung für zweite Hypotheken.
Dem badischen Landtag ist ein Gesetzentwurf zugegangen,
der sich mit der staatlichen Verbürgung für zweite Hypo
theken befaßt. Diese Bürgschaft soll übernommen werden
für Darlehen an gemeinnützige Baugenossenschaften und
an solche Personen oder Stellen, welche ausreichende
Sicherheit für eine dauernd gemeinnützige Verwertung der
von ihnen errichteten Kleinwohnungen geben. Der Stadt
rat von Karlsruhe hat sich mit diesem Gesetzentwurf be
schäftigt und dazu geäußert: Die staatliche Förderung des
Kleinwohnungsbaus müsse, wenn sie wirksam sein solle,
nicht nur den sogenannten „gemeinnützigen“ Bauunter
nehmungen, sondern auch den privaten Unternehmungen
in weiter gehendem Maße zugewendet werden, als dies
der Gesetzentwurf vorsehe, weil nur bei reger Beteiligung
dieser an der Herstellung von Kleinwohnungen der Be
darf an solchen einigermaßen werde gedeckt werden
können. Bei einseitiger Bevorzugung der sogenannten
„gemeinnützigen Bauunternehmungen“ dagegen würden
die Privatunternehmer sich der Errichtung der Kleinwoh
nungen, mangels der Aussicht einer hinreichenden Rente,
noch mehr enthalten, als dies bedauerlicherweise schon
vor dem Kriege der Fall war. Der Stadtrat stimmte da
her, einer zugleich im Namen der übrigen Städte in die
sem Sinne an das Ministerium des Innern zu richtenden
Vorstellung zu.