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BAUZEITUNG
Nr, 14/16
Französische Dorfstraßen.
Die Dorfstraßen in Frankreich wechseln gebietsweise
ihr Aussehen. Nicht nur in der Verwendung verschie
denartiger Baumaterialien, sondern auch in der Grundriß-
bildung und in der Lage der Gebäude untereinander sind
die Verschiedenartigkeiten zu suchen.
Im nordöstlichen Teil der Champagne findet man
lange, gleichmäßige, meist parallel zueinander angelegte
Straßenzüge (Abb. 1). ln geschlossener Bauweise sind die
schmalfrontigen Bauernhöfe, Haus an Haus aneinander
gereiht (Grundriß Abb. 1 a). Das an der Straße stehende
zwei- oder einstöckige, mit hohem Kniestock erbaute
Wohnhaus ist durch eine geräumige hohe Durchfahrt,
welche zu einem schmalen, aber tiefen Wirtschaftshof und
zu den Wirtschaftsgebäuden führt, durchbrochen. Es ent
hält im Erdgeschoß meist die von der Durchfahrt aus zu
gängliche Küche mit drei anschließenden Zimmern, wovon
mindestens zwei von der Küche aus zugänglich sind. Im
Obergeschoß (Dachgeschoß) findet man je nach Größe
des Anwesens noch einige Zimmer oder Kammern. Das
Stallgebäude steht entlang einer Nebenseite und die Scheune
bildet durch ihre Querstellung den Abschluß des Hofes.
Kleinviehställe und Abort liegen zwischen Wohnhaus und
Stallgebäude. In einer gegenüberliegenden Ecke ist der
Düngerhaufen und häufig auch ein Ziehbrunnen angelegt.
Hinter der Scheune schließt sich ein Gemüsegarten an,
welcher nach den übrigen 3 Seiten, gegen 2 Nachbarn
und eine rückwärtige Straße, durch hohe Mauern abge
schlossen ist. Ein Bild einer solchen rückwärtigen Parallel
straße mit ihren über mannshohen Gartenmauern aus
Kreidequadern zeigt die Abbildung 4.
Der kreidereichen Bodenbeschaffenheit der Gegend
entsprechend ist der weiche Kreidequader fast ausschließ
lich als Baumaterial der Wohnhäuser, auf alle Fälle aber
für die unteren Stockwerke verwendet. Dagegen sind
die Nebengebäude, wie Schuppen und Scheunen und zum
Teil auch die Kniestockwerke der Wohnhäuser von
schwachem, eng gestelltem Fachwerk konstruiert, dessen
Zwischenfelder mit kleinen Kreide- oder anderen Bruch
steinen, welche durch eine beidseitige Verschindelung
gehalten werden, ausgefüllt sind.
Die flachen Dächer, über welche die zerfallenen
Schornsteinstutzen heraussehen, sind meist mit Hohlziegel
eingedeckt. Derselben Gegend entstammt das Bild Ab
bildung 2, welches eine Straße eines größeren Ortes mit
gemischter Bevölkerung zeigt. Zum Teil mehrere Häuser
unter einem Dache, oder willkürlich nebeneinandergestellte
kleinere ein- oder zweistöckige Gebäude ergeben an
schmaler Straße wenig karaktervolle Straßenbilder. Eine
etwas andere Bauweise zeigt das ländliche Gebiet von
Französisch Lothringen (Abb. 3 und 3 a). Auch hier
herrscht die geschlossene Bauweise vor. Gegenüber in
in der Champagne sind hier die Häuser massiv und die
Straßen auffallend breit. Wohnräume und Ställe wie auch
die Scheune sind unter einem durchgehenden flachen mit
Hohlziegeln eingedecktem Dache untergebracht. Die meist
sehr großen Tiefen der Häuser — manchmal über 20 m —
und die geschlossene Bauweise sind die Ursache, daß
oft mehrere finstere, unbewohnbare Räume vorhanden
sind. (Abb. 3 a rechts.)]
Kleinere Bauernhäuser entbehren bisweilen auch eine
Scheune (Abb. 3 a links). Kleine Schuppen, Kleinvieh
ställe u. s. w. sind an der Rückseite des Hauses unter
dem verlängerten Hauptdache angehängt.
Ein- oder zweistöckige, von Steinquadern oder Bruch
steinen erbaute Häuser, deren Fassaden meist verputzt
und denen Düngerhaufen vorgelegt sind, ergeben die
wenig reizvollen und wenig reinlichen Straßenbilder der
Abbildung 1—6. (Linke Seite 1, 3, 5; rechte 2, 4, 6.)