68
BAUZEITUNG
Nr. 47/50
§ 5.
Das notwendige Geld zur Ausbezahlung der Löhne und
Gehälter ist von der Stadtkasse für die Zahltage soweit als
möglich in gewechseltem Geld bereit zu stellen. Der Unter
nehmer ist verpflichtet, die ungefähren Zahltagsbeträge schon
einige Tage vorher anzugeben.
Alle Forderungen des Unternehmers an die Bauverwaltung
werden dem Unternehmer vom Tag der Entstehung der
Schuldigkeit an mit 5 % Zins vergütet.
Für die Vergütung gemäß § 6 werden fortlaufende monat
liche Abschlagszahlungen bis zu 95 */o der Forderung des
Unternehmers ausbezahlt.
Nach Einstellung der Arbeiten muß innerhalb 4 Wochen
die Abrechnung vom Unternehmer vorgelegt und innerhalb
weiterer 4 Wochen das Restguthaben von der Bauverwaltung,
soweit es nicht von beiden Teilen beanstandet wird, ausbe,
zahlt werden.
Zinsvergütung kommt bei § 6 bis zu diesem Termin nicht
in Frage.
§ 6.
Für die dem Unternehmer entstehenden Unkosten, soweit
diese nicht schon durch die vorstehenden Bestimmungen von
der Bauverwaltung allein getragen werden und als Verdienst
wird dem Unternehmer . . . °/o von dem Wert der vollzo
genen Arbeitsleistungen gewährt.
Der Wert der Arbeitsleistungen wird auf Grund des bei
liegenden, mit den Friedenspreisen vom Jahre 1914 aufge
stellten Kostenvoranschlags vom 26. Juni 1918 bestimmt.
§ 7.
Im Einvernehmen beider Parteien wird ein unparteiischer
Sachverständiger aufgestellt. Dieser Sachverständige ent
scheidet in allen vorerwähnten Streitfragen zwischen Bau-
verwaltung und Unternehmer endgültig. Gegen den Spruch
des Unparteiischen gibt es kein Einspruchsrecht von Seiten
der einzelnen Vertragsschliessenden.
Soweit es sich um sonstige durch den Sachverständigen
nicht zu entscheidende Fragen handelt, bleibt der Rechtsweg
offen.
§ 8.
Der Unternehmer hat sämtliche Vorbereitungen so zu
treffen, daß die Arbeiten nach Aufforderung der Bauverwal
tung sofort an dem der Aufforderung folgenden Tage in An
griff genommen werden können.
Eine Verpflichtung zur Ausführung von Arbeiten hat die
Bauverwaltung keineswegs. Sollte die Aufforderung zum
Arbeitsbeginn innerhalb 6 Wochen vom Tag des Vertragab«
Schlusses gerechnet, nicht erfolgen, so gilt der Vertrag als
aufgehoben.
Alle dem Unternehmer durch die im Einvernehmen mit
der Bauverwaltung getroffenen vorbereitenden Maßnahmen
etwa entstandenen Unkosten werden ihm seitens der Bauver
waltung ersetzt. Dasselbe gilt, wenn die bereits angefangenen
Arbeiten auf Veranlassung der Bauverwaltung unterbrochen
oder ganz beendigt werden.
Die Prozentsätze in den §§ 3, 4 u. 6 sind vom
Unternehmer einzusetzen. Der vorliegende Vertrag unter
scheidet sich gegenüber den bisherigen Abmachungen
nach dem Selbstkostenverfahren, wie sie z. B. während
des Krieges zwischen der Militärverwaltung und dem
Unternehmer in den sog. Kolonialverträgen geübt wurden,
vor allem dadurch, daß der Unternehmergewinn nicht in
•/# der Lohnsumme, sondern in % der vollzogenen
Arbeitsleistung auf Grund eines auf stabilen Preisen
aufgebauten Kostenvoranschlags ausgedrUckt wird.
Hiedurch wird der Unternehmer wesentlich an der För
derung der Arbeiten interessiert, während im anderen
Falle für ihn ein gewisser Anreiz vorliegt, die Arbeiten
zu verzögern und die Lohnsumme bezw. Baukosten mög
lichst hoch zu halten.
Um einen Ueberblick über die im Betrieb befindlichen
Baustellen zu haben, wurde bei der Stadtgemeinde Stutt
gart eine besondere Vermittlungsstelle für Notstandsar
beiten geschaffen, der sämtliche jeweils auszuführenden
Bauarbeiten rechtzeitig einige Tage vor Beginn mitzu
teilen sind. Diese Stelle wird sich dann mit jedem Amt
über die Zahl der zu beschäftigenden Notstandsarbeiter
nach Anhörung des Unternehmers, soweit Akkordarbeit
in Frage kommt, verständigen und dem städtischen Ar
beitsamt Mitteilung machen, wieviele Arbeitslose an eine
bestimmte Baustelle geschickt werden können. Die An
forderung der Arbeitslosen beim städt. Arbeitsamt ge
schieht also nicht unmittelbar von dem ausführenden
Bauamt, sondern von der Vermittlungsstelle aus. Dieses
Verfahren ermöglicht es, die für die Notstandsarbeiten be
schäftigten Aemter, sowie die Anzahl der untergebrachten
Notstandsarbeiter jederzeit zu übersehen.
Vereinsmitteilungen.
Wörtt. Baubeamten-Verein. An unsere Mitglieder!
Der elektrotechn. Verein erließ durch seinen rührigen
Vorstand Oberingenieur Büggele Einladung zu einer Be
sprechung auf 1. Dezember vormittags im Stadtgarten-
Rest. Stuttgart an sämtliche techn. Vereine Württembergs.
Die Besprechung galt dem Wunsche, sich zusammen zu
schließen, um dem Techniker dasjenige Ansehen und die
jenige Stellung bei der Einrichtung der neuen Staats
ordnung zu erkämpfen, die er aus volkswirtschaftlichen
Gründen und kraft seiner Bedeutung nach Zahl und
Wichtigkeit überhaupt beanspruchen kann. Von mehreren
Rednern wurde mit vollem Recht bedauert, daß bis heute
in der ganzen prov. Regierung kein Techniker Platz ge
funden habe, obschon gerade Fragen techn. Natur von
der allergrößten Bedeutung, wie die Notstandsarbeiten,
die Kohlenfrage und dergl., zu bewältigen sind. Die
zahlreich erschienenen Vertreter der techn. Vereinigungen
einigten sich dahin, daß ungesäumt der schon im Jahre
1909 ins Leben gerufene Verband techn. Vereine Würt
tembergs — dessen Arbeit über den Krieg ruhte — in
obigem Sinne mit erweitertem zeitgemäßem Programm
und mit Hilfe des Anschlusses weiterer techn. Vereine
seine Tätigkeit entfalten solle. Alle Techniker ohne
Unterschied der wissenschaftlichen Vorbildung sollen sich
unter seiner Fahne sammeln zur Mitarbeit am Aufbau des
Vaterlandes. Am Schlüsse der Besprechung erklärte ein
Mitglied des geistigen Arbeiter-Rats, Herr Arch. Schmidt,
daß es sehr erfreulich wäre, wenn die beschlossene
Organisation dazu führen würde, daß einige weitere techn.
Delegierte in dem Volks-Rat Aufnahme fänden, da an
solchen unbedingt Mangel sei und deren Mitarbeit wert
volle Früchte tragen könne. Der provis. Vorsitzende
der Versammlung, Herr Büggele, wird sofort den zur
Zeit maßgebenden Reg.-Stellen von der Gründung der
Organisation Kenntnis geben uud die weitere Verbands-
Arbeit einleiten. Nächste Sitzung 3. Dez. abends 6 Uhr.
Bdt.
Wfirttembergischer Baubeamten-Verein. Unsere Ver
einsmitglieder werden hiermit zu der vom „Verband Tech
nischer Vereine Württembergs“, dem auch unser Verein
angeschlossen ist, am Sonntag den 22. Dezember d. J.
vormittags 10 V* Uhr im Stadtgartensaal in Stuttgart statt
findenden öffentlichen Versammlung, in der unsere Wün
sche und Ziele bekannt gegeben werden, freundlich ein
geladen.
Verantwortlich: Karl Schaler, Stuttgart. Druck: GnstaT Stürner in Waiblingen.