Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1917/18)

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BAUZEITUNG 
Nr. 5/7 
der Kunst ist einzulenken in die Bahnen eines entschiede 
nen und geschlossenen Nationalismus. 
Hartmann will nun keineswegs eine Wiederholung 
jenes romantischen deutschen Stilsuchers Richard Wag 
nerischer Empfindung, dafür ist der streng logische Ge 
dankengang ein viel zu ernst-wissenschaftlicher bei aller 
unmittelbar lebendiger Frische der Sprache. Er verlangt 
vielmehr vor allem einen Zeitstil von einer gewissen 
Stetigkeit der Entwicklung, die auch Gelegenheit bietet 
zur verfeinerter Aus- und Durchbildung einer angenom 
menen Grundform. Dieser Stil der Zeit oder des Zeit 
alters bewegt sich in dem großen Rahmen des Stils eines 
Volkes, wie er in der jahrtausendjährigen Geschichte eines 
Volkstums niedergelegt ist. Es handelt sich hier nicht 
um die blinde Nachahmung geschichtlich festliegender 
Grundformen, sondern um den Begriff der Achtung vor 
lungen und Irrungen zeigen, wenn auch in sehr gedräng 
ter Form, daß wir es hier mit einer wirklich bahnbrechen 
den Arbeit für ^ie Zukunft deutschen Bauens zu tun 
haben. Angewandte Kunst und Baukunst sind Wechsel 
begriffe. Mit dem deutschen Wohnhaus wird auch die 
Baukunst selbst deutsch werden. Das ist das Ziel, zu 
dem Hartmann als zeitgemäßer moderner Wegweiser mit 
der ganzen Ueberzeugungskraft des Urteils gereiften, Viel 
erfahrenen und Feinempfindenden die Edelsten des Volkes 
aufruft. K. 
"Kleines Landhaus“. 
Das Häuschen soll in Süddeutschland in der Nähe 
eines größeren Dorfes auf einer leicht ansteigenden Höhe, 
Kleines Landhaus. 
Entwurf von Jak. Völker, Architekt, Stetten a. k. M. 
der Ueberlieferung selbst. 
In gleicher Weise bewegt sich der individuelle Eigen 
stil der Einzelpersönlichkeit im Rahmen des Zeitstiles. 
Dieser bildet das das Launenhafte der Künstlerbegabung 
mäßigende und erziehende Moment. Das absolut Neue, 
noch nie Dagewesene ist nicht der erste Zweck aller Kunst, 
allerdings gemessen im objektiven Rahmen der Unsterb 
lichkeit der Baugeschichte. 
Die Beschränkung des Wollens auf ein klar erfaßtes 
Gesamtziel eines Volkes kennzeichnet die Größe der Zeit 
wie echte Begabung, die allerdings meist durch Einfach 
heit des Formgefühls zu sprechen pflegt. Es bestand die 
Gefahr, daß die differenzierte Oeisteswelt vor dem Kriege 
gar nicht in der Lage war, diese schlichte Größe im Volks 
tum als eine solche zu erfassen. Die Größe der Zeit ruft 
nach einer entsprechenden Größe der Formensprache, die 
ja gerade in der Ueberlieferung des deutschen Volkes nie 
ganz erstorben ist. 
Diese wenigen kurzen Gedanken aus den Stilwand 
inmitten eines mit Bäumen bewachsenen Gartens errichtet 
werden. 
Das Erdgeschoß umfaßt zwei Zimmer, eine Küche 
mit anschließender überdeckter Veranda, einen Sitzplatz, 
Diele und Abort. Im Dachgeschoß sind drei Schlafzim 
mer, davon eines mit Balkon, und ein Bad untergebracht. 
Außer einer im Kellergeschoß befindlichen Waschküche 
sind dort noch genügend Räume für Gemüse, Holz usw. 
vorhanden. Die Heizung geschieht durch Kachelofen 
feuerung, auch kann mit Leichtigkeit eine Zentral-Kachel- 
ofenheizung eingebaut werden. 
Der Sockel des Häuschens wird aus Beton verputzt 
und das übrige Mauerwerk aus Backstein ebenfalls ver 
putzt ausgeführt. Die gehaltene Einfachheit bei der Aus 
führung lehnt sich ganz an die gegebenen örtlichen Ver 
hältnisse an, um aber das ganze Häuschen etwas zu be 
leben, werden Fensterläden dunkelgrün gestrichen und 
mit einfacher Bemalumr angebracht. 
Die Baukosten betragen rund 10 000 Mark.
	        
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