Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1917/18)

STUTTGART 
f 
BTFÖM 
16.30. Juni 1917 
FÜR WÜRTTEMBERG 
BHDEN* HESSEN‘GL* 
SRSS LOTHRINGEN- 
Inhalt: Eine Norm zur Festsetzung der Entschädigung für Wasserentziehung bei Trieb 
werken und Wertbestimmung im Allgemeinen. Haftung des Bauunternehmers und des 
Bauführers für einen Unfall. Kriegstagung der Sachs, und Reuß. Bau-Innungen. Ver 
schiedenes. Personalien. Bücher. 
Alle Rechte Vorbehalten 
Eine Norm, zur Festsetzung der Entschädigung für Wasserentziehung 
bei Triebwerken und Wertbestimmung im Allgemeinen. 
Von Jngenieur Johonnes Wörner, Cannstatt. (Nachdruck verboten.) 
Wohl die häufigste Klage, welche die Werksbesitzer 
führen, dürfte die sein, daß ihnen ihr Betriebswasser 
zugunsten von Wasserversorgungsanlagen geschmälert 
werde, ohne daß ihnen die entsprechende Entschädigung 
zu teil werde. Die Meinungen über die Bemessung der 
Entschädigungssumme gehen meist zwischen Werks 
besitzer und Entschädigungsbehörde weit auseinander. 
Der Hauptgrund hiefür liegt in dem Fehlen einer Norm 
für die Art der Berechnung. Das Fehlen einer Einheitlich 
keit bringt es auch mit sich, daß selbst unter Sachver 
ständigen auf diesem Gebiet die Ansichten selten über 
einstimmen. So kommt es, |das dem Werksbesitzer von 
seiten seiner Berater, die unheimlichsten Entschädigungs 
summen genannt werden. Die Behörde dagegen beruft 
sich gerne auf das Wassergesetz und dessen Ausführungen, 
nach welchem ein unerheblicher Teil des Betriebs 
wassers entzogen werden kann ohne Entschädigung. 
Der Begriff „unerheblich“ ist sehr dehnbar und liegt 
darin schon eine große Unbestimmtheit für die Beurteilung 
der Frage. Mit diesem Begriff wird der Willkür Tür 
und Tor geöffnet, daher auch die vielen Wasserstreitig 
keiten. Den Zivilprozeßweg zu beschreiten ist sogar 
nicht immer möglich, da die Angelegenheit verwaltungs 
rechtlicher Natur ist. Eine an und für sich unheblich 
kleine Wassermenge einem Triebwerk mit verhältnismäßig 
großer Betriebswassermenge zu entziehen, schadet dem 
Bestand des Triebwerks freilich nichts, dagegen vermißt 
ein Triebwerk mit kleiner Wassermenge, selbst den Ent 
zug von einem Teil eines Sek./Ltr. 
Betrachten wir nun die Wirkung einer Belriebswasser- 
schmälerung näher, so finden wir, daß die Entschädigung 
sich aus drei Posten zusammensetzt. Die jährlichen 
Betriebskosten seien mit „q“ Mark bekannt. Ferner ist 
bekannt die konzessionierte Kraft. Mit Hilfe der Häufig 
keitskurve der Wasserstände und der Wassermengenkurve 
lassen sich die jährlich möglichen PS.-Stunden berechnen. 
Nimmt man weiter an, es werde so und so viel Tage im 
Jahr, und so und so viel Stunden pro Tag die Anlage 
ausgenützt, so können wir von jährlich nutzbaren „Nj“ 
PS.-Stunden sprechen. Die Kosten der PS.-Stunde ist 
Somit zu berechnen nach 
Ki = ^ Mark. 
Ni 
Nach der Entziehung von Betriebswasser sind nun 
die Jahresbe.triebskosten immer noch die gleichen, aber 
die Leistung „Nx“ ist auf „N 2 “ zurückgegangen, so daß 
nun besteht 
K 2 = = Mark. 
n 2 
Die jetzt noch nützlichen PS.-Stunden kosten künftig 
(K 2 — Kj) Mark 
mehr, und somit die jährliche Schädigung 
N 2 (Kg — KO Mark. 
um nun den Wert der PS.-Stunde, also nicht die Kosten 
der PS. als Kraft, beurteilen zu können, ist zu untersuchen, 
wie hoch sich die PS.-Stunde, auf biligstem Weg erzeugt, 
stellt, dem Umfang der (Ni — N 2 ) Leistung entsprechend; 
der Wert ergebe sich zu „S“ Mark. 
Die Schadensberechnung setzt sich nun wie folgt 
zusammen. 
Erstens kosten die noch nützlichen Na PS.-Stunden, 
wie schon oben gesagt, pro Jahr mehr 
Na . (Ka — Kr) Mark. 
Zweitens ist der Wert der total entzogenen Kraft 
leistung pro Jahr 
(Ni — Na) . Ki Mark. 
Drittens ist der Qewinnentgang für die entzogene Kraft 
von „Ki“ auf „S“ pro Jahr 
(Ni — Na) . (S — Ki) Mark. 
Mathematisch ausgedrückt ergibt sich der jährliche Schaden 
zu R = Na . (Ka — Ki) + Ki — (Ni — Na) + (Ni — Na). 
(S — Ki) 
Faßt man diesen Klammerausdruck näher zusammen, so 
ergibt sich R = Na (Ka — Ki) + S (Ni —Na) Mark im Jahr. 
Ist die Schmälerung der Betriebskraft prozentual an 
gegeben, so daß (Ni — Na) = a% von Ni beträgt, so er 
gibt sich die Rentenformel wie folgt 
a(Ni . S +_q) 
R = 1Ö0 Mark 
im Jahr. 
Diese Jahresrente kapitalisiert mit „p°/ 0 “ ergibt das Ab 
lösungskapital A 100 R Mar k 
Wird N 2 = Ni, d. h. wird die ganze Kraft entzogen, so 
richtet sich die Entschädigung nach dem Gesamtjahres 
nutzungswert R’ = Ni (S — Ki) Mark im Jahr. 
Endlich kann nun auch der. Zustand eintreten, daß die 
Entschädigung für die teilweise Wasserentziehung sich 
gleich oder gar höher stellen würde als die für die ganze 
Ablösung der Kraft. Es tritt dann der Moment ein, wo
	        

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