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BAUZEITUNO
16./30. Juni 1917.
R’ = R wird. Die beiden Bestimmungsgleichungen nach
Nz aufgelöst ergeben für
Nz = ———
(Ki + S)
d. h. wenn die Schmälerung der Betriebskraft auf Nz
zurückgeht ist die Ablösung der Anlage nach Ri zu
empfehlen. Zu überlegen bleibt, ob nunmehr die Anlage,
welche dann unbedingt einen der Nz Leistung entsprechen
den Wassermotor erhalten müßte, noch rentabel bleibt.
Für die Bestimmung von „q“ und „Ni“ mögen nach
stehende Zahlen gelten:
Tilgung Unterh. Verzins. Summe A °/o
Wasserrad 3—4,6% 1,5—2,0% 5% 9,5—11,6%
fallen nnd Rechen 0,8—1,5% 1,0—3,5% 5% 6,8—10%
Wasserbaulicher Teil 0,5—0,8% 0,5—2,0% 5% 6,0— 7,8 %
Turbinen 0,8-3,0% 0,3—1,5% 5% 6,1- 9.5%
Die Jahresleistung in PS.-Std. einer Anlage kann et
wa zu 80% der Leistung angenommen werden, welche
sich ergibt, wenn die der Halbjahrswassermenge ent
sprechende Kraft als konstant angenommen wird. Die
Niederwassermenge dürfte zirka ein Drittel der Halbjahrs
wassermenge betragen. Die vergliechene Jahreswasser
menge dagegen beträgt im allgemeinen fünf Sechstel der
Halbjahrswassermenge.
Schätzungsweis kann angenommen werden, daß die
Niederwassermenge 1,2—1,6 I./S./qkm Einzugsgebiet und
die Mittelwassermenge zirka 5—6 l./S./qkm beträgt.
Ein Beispiel aus letzter Zeit möge verstehende Aus
führungen näher erhellen.
Ein Triebwerksbesitzer klagte er habe eine Trieb
werksanlage, für welche 150 Liter/Sekunde Betriebswasser
bei 3,93 m Nutzgefälle konzessioniert sei. Zum Zwecke
einer Wasserversorgung seien ihm 5 Liter/Sekunde Wasser
von seinem Einzugsgebiet entzogen worden. Später sei
beabsichtigt noch mehr zu entziehen.
Die Schadenersatzberechnung gestaltet sich nun wie
folgt. Der in Betracht kommende Bach führt während
245 Tagen mehr als 150 Liter/Sekunde. Die Mangel
tage berechnen sich somit zu 120 Tagen bei 365 Nutz
tagen und bei 300 Nutztagen im Verhältnis 365 : 300 = 99
Tagen. Die tägliche Arbeitszeit der Anlage betrage 20
Stunden. Mit Rücksicht auf die Niederwasserzeiten, nach
welcher die Gesamtjahresleistung auf 90 % reduziert
werden muß ergeben sich die jährlichen PS.-Stunden zu
29700 = Ni. Die der 5 Liter/Sekunde entsprechende Kraft,
welche künftig entzogen ist wird
(Ni — N«) = 1^5 -99.20 = 364 PS.-Stunden.
Der Ausbauwert der Anlage sei geschätzt zu 6000 Mk.
Die jährlichen Betriebskosten q betragen 10% hievon
= 600 Mk. Es ergibt sich
Ki
K* =
600
29700
600
29700-364
= 0,0202 Mark
= 0,0204 Mark.
oder auch beträgt die Schmälerung a = 1,225% von Nt
die Ersatzkraft S könne zu 12 Pfg. pro K.W. = 13 Pfg.
pro PS.-Stunde bezogen werden. Die Jahresrente ergibt
sich zu R _ 1,225(29700.0.13,600) _ 54 80 Mark
Entschädigungskapital A - -54,80 _ ,Qg 8 Mark.
Das Kapital für die Gesamtablösung würde betragen bei
einem Jahresnutzungswert derselben
R’ = 29700 (0,13 —0,0202) =3260 Mark.
A =
100.3260
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= 65 000 Mark.
Der Moment, wo die Teilentschädigung gleich der Oe
samtentschädigung wird tritt ein,, wenn
^'(äo^ilä)' 8000 ps - stunden wW -
d. h. wenn der Wasserentzug bis zu 100 Liter/Sekunde
betragen würde.
Interessant ist, zu erwähnen, was für Entschädigungs
ansprüche dem Werksbesitzer von anderer Seite aus be
rechnet wurden. Eine Mühlefachzeitschrift führt aus, mit
100 PS.-Stunden können rund 1000 kg Getreide gemahlen
werden. Die Anzahl der Mangeltage betrage 120, die
entzogenen PS.-Stunden hienach 450 pro Jahr. Mit 450
PS.-Stunden können 4500 kg Getreide vermahlen werden,
der Mahllohn betrage 2 Mk. pro 100 kg, somit entgangener
Jahresgewinn 2.45 = 90 Mk. Diese Summe kapitalisiert,
ergibt ein Kapital von . 90.100 , nnn ,
s F A = = 1800 Mark.
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Diese Berechnungsweise ist insofern unrichtig, als die
Mangeltage zu hoch eingeschätzt sind. Dieselben gehören
reduziert im Verhältnis 365 : 300. Ferner ist der Mahl
lohn mit 2 Mk. nicht der Rheingewinn des Müllers, sondern
der Bruttogewinn.
Eine andere Schadensberechnung wurde von der
Kreisregierung Reutlingen aufgestellt, dort wurde die
entgangene Kraft ebenfalls für die Mangelzeit von 120
Tagen ermittelt und mit einem Ersatzkraftwert vermehrt.
(Meines Erinnerns 10 Pfg. PS.-Std.) Die so erhaltene
jährliche Schadenerrsatzsumme wurde mit dem 10—16
fachen Betrag als Abfindungskapital in Aussicht gestellt.
Warum keine feste Norm für die Vervielfachung ange
ordnet werde, hat nach Ansicht der Kreisregierung Reut
lingen ihren Grund darin, daß demjenigen Werksbesitzer,
welcher schlechte Wasserwirtschaft treibt, d. h. vielleicht
ein schlechtes Wasserrad beibehält, oder ein undichtes
Wehr nicht beachtet, gesagt werden kann, daß dies eine
Mißachtung seiner ihm verliehenen Rechte bedeute, und
ihm dementsprechend mit der geringeren Vervielfachung
seiner Jahresentschädigung eine Strafe erteilt werden kann.
Es ist eine erzieherische Maßnahme, welche durchaus
nicht von der Hand zu weisen ist, und die Wasserwerks
besitzer können nicht genug auf sie aufmerksam gemacht
werden. Die von der Kreisregierung Reutlingen vorge
schlagene Entschädigungssumme betrug 755 Mk. Die
Differenz gegenüber 1095 Mk. ist entschieden zu hoch
und hat ihre Ursache darin, daß nur der Posten drei bei
der Bemessung des Schadenersatzes beachtet wurde, d. h.
nur das letzte Glied der Summe (Nj — N 2 ) (S — K t )
Mark. Den ersten zwei Einflüssen wurde keine Rechnung ge
tragen. Dagegen ist die Zahl der Mangeltage zu hoch.
Einen guten Schritt vorwärts kämen wir, wenn die
Behörde vorstehende Art der Schadensberechnung aner
kennen würde, die die Rechnung hauptsächlich bestim
menden Daten können weit sachlicher angenommen werden,
als irgend welche Art der Schadensbemessung. Der
schlechte Wasserwirschaftler kann dadurch getroffen wer
den, daß ihm seine jährlichen Unterhaltungskosten künftig
höher bemessen werden als er sie selbst bisher auf
wendete. Dieser Einfluß für die Bestimmung von K macht
sich in allen drei Gliedern der Rentengleichung bemerk
bar, und ist somit auch auf die Kapitalbestimmung von
Einfluß.
Haftung des Bauunternehmers und des
Bauführers für einen Unfall.
Eine Eisenbahndirektion hatte einem Bauunternehmer
die Errichtung eines Neubaues übertragen, und dieser
hatte seinerseits einen Bauführer mit der Ausführung der
Arbeiten betraut. An der Baustelle, die an einer öffent
lichen Straße lag, herrschte große Unordnung, auf dem
Bürgersteig lagen Kies, Bauschutt und Hölzer umher.
Eines Abends kam eine Frau an der nur spärlich
beleuchteten Baustelle vorbei, und da die Straße nur
mangelhaft aufgeräumt war, stolperte die Passantin und