1./30. Sept. 1917.
BAUZEITUNG
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zehnte unsere heimatlichen Landschaften verunzieren, daß
auf dem Lande ein städtisches Bauernhaus und in der
Stadt ein bäurisches Stadthaus entsteht. Dann werden
wir nicht mehr erleben, daß wir in einer Villa eine Bau
ernstube mit Polstermöbel und Nippsachen antreffen und
draußen auf dem Lande einem verunglückten städtischen
Salon begegnen. Das müssen wir anstreben, solche Zwit
tergebilde dürfen nicht mehr geschaffen werden.
Dem klaren Erfassen des Bedürfnisses, der richtigen
Anwendung der Mittel soll sich die individuelle „Künst-
lerlaune“ unterordnen, dann werden wir das erste große
gemeinsame Ziel für das zukünftige Kunstschaffen erreicht
haben. Im Rahmen dieses so Erstandenen Zeitstils hat
dann der individuelle Eigenstil der Einzelpersönlichkeiten
noch ein weites fruchtbares Feld der Betätigung.
Karl Ehninger, z. Zt. im Felde.
Verschiedenes.
ln Weissensee in Thüringen wurde eine Baube
ratungsstelle eingerichtet, deren Vorsitzender Kreisbau
meister Salzer ist.
Das Klausmoor bei Gifhorn wird jetzt zum Zwecke
der Errichtung von ländlichen Siedelungen kultiviert. Die
städtischen Kollegien in Gifhorn beschlossen einen Be
bauungsplan für das Moor herstellen zu lassen und sich
zu dem Zweck mit der Landwirtschaftskammer in Han
nover in Verbindung zu setzen.
Augsburg. Der Magistrat beabsichtigt Massnahmen
zu treffen für die Zeit des Uebergangs von der Kriegs
in die Friedenswirtschaft, um dem Haus- und Grundbe
sitz die Schwierigkeiten der Uebergangswirtschaft zu er
leichtern und wirtschaftlichen Schädigungen zu begegnen,
zugleich aber das Wohnungswesen für die socialen Auf
gaben der Uebergangswirtschaft vorzubereiten.
Das Walchensee-Kraftwerk. Die wichtigsten Bau
ten für das Werk, das Wehr bei Krünn, der Zulaufkanal
bis Wallgau, der Stollen Wallgau-Sachensee, das Einlauf-
Bauwerk bei Urfeld, der Tunnel durch den Kesselberg,
das Wasserschloss, die Rohrbahn, der Unterwasser-Kanal
und der Unterbau für das Krafthaus wurden vom Staats
ministerium des Innern nunmehr endgültig vergeben. Die
von Dr. von Miller entworfenen Verträge, die mit den
Eisenbeton- und Tiefbau-Firmen Friedrich Büchner in Würz
burg, Rudolf Wolle in Leipzig und Edward & Hummel
(Alfred Kunz) in München abgeschlossen wurden, bieten
bezüglich der technischen Ausführung und des finanziellen
Risikos und der Ausführungstermine für den Staat die
größtmöglichste Sicherheit. Der Bau muß 3 Monate nach
Kriegsende begonnen werden und spätestens in 3 Jahren
vollendet sein.
Deutsche Steinwerke C. Vetter, Aktiengesellschaft
in Berlin. Die Bilanz der F’ per 31. Dez. 1916 schließt
mit einem Verlust von JC 147,687 — bei einem Aktien-
Kapital von JC 700,000 — ab.
Ein Techniker als Bürgermeister. Die Stadtver
ordneten von Tangermünde haben Dipl. Ing. Ernst Lenz
aus Leipzig zum zweiten Bürgermeister gewählt.
Eintragung einer Sicherungshypothek au! dem
Grundstück eines Kriegsteilnehmers im Wege der
Zwangsvollstreckung. Ein Grundstückseigentümer, der
bei Ausbruch des Krieges gerade einen Neubau auf sei
nem Gelände errichtete, wurde unmittelbar danach einbe
rufen. Als er an der Front war, wurde im Wege der Zwangs
vollstreckung eine Sicherungshypothek auf seinem Grund
stück eingetragen, ohne daß seiner Vorgesetzten Militärbe
hörde davon Anzeige gemacht worden wäre, und infolge
dieses Umstandes erklärte das Kammergericht die Eintrag
ung für unwirksam, ohne den Einwand des Gläubigers, daß
der Schuldner inzwischen aus dem Heeresdienste entlas
sen sei, zu beachten. Der § 752 der Zivilprozeßordnung
bestimmt ausdrücklich, so führt das Kammergericht aus,
daß gegen eine dem Heere angehörende Militärperson die
Zwangsvollstreckung erst beginnen darf, nachdem die Vor
gesetzte Militärbehörde davon Anzeige erhalten hat. Diese
Vorschrift ist unbedingt auch auf den Kriegsfall zu beziehen.
Die Sicherungshypothek ist im vorliegenden Falle im Wege
der Zwangsvollstreckung auf dem Grundstücke des zum
Heeresdienst einberufenen Schuldners unter Verletzung der
Bestimmung des § 752 eingetragen worden, die im öf
fentlichen Interesse, und zwar in erster Linie aus mili
tärischen Rücksichten getroffen ist. Dieser Mangel kann
weder durch die bloße Entlassung des Schuldners aus
dem Heeresdienste geheilt werden, noch durch Verzicht
des Schuldners. Die gegenteilige Annahme würde eine
Vereitelung des Zweckes des § 752 der Zivilprozeßord
nung fördern. Die durch Eintragung der Sicherungshy
pothek unter Verletzung des § 752 vorgenommene un
zulässige Zwangsvollstreckungshandlung bleibt also auch
dem Schuldner gegenüber nichtig.
Personalien
Die Würde eines Doktor-Ingenieurs, ehrenhalber,
hat der Senat der Techn. Hochschule Braunschweig, dem
Baudirektor des Hamburgischen Staates, Prof. Fritz
Schumacher verliehen.
Württemberg. Ernannt: Den tit. Bauinspektor
Wolfart bei der Generaldirektion der Posten und Tele
graphen zum Bauinspektor des inneren Dienstes (Bureau
vorstand) bei dieser Generaldirektion, — den Bauwerk
meister Leickhardt zum technischen Postsekretär bei
der Telegrapheninspektion Stuttgart.
Briefkasten.
W. L. Die Württ. Viertel-Jahrs-Hefte der Wiirlt. Landesge
schichte erscheinen im Verlag von W. Kohlhammer Stuttgart. Der
betr. Jahrgang ist vielleicht noch im Antiquariatsbuchhandel zu haben