1./30. Nov. 1917.
BAUZEITUNO
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Erwägen wir nun noch einmal die Vorteile, die das
Erbbaurecht für den Bau von Kriegerheimstätten bietet,
so finden wir vor allen Dingen die wesentliche Erleichterung
der Beschaffung des Grund und Bodens. Für den Eiwerb
desselben braucht keine Kaufsumme gezahlt zu werden,
sondern nur ein mäßiger jährlicher Erbbauzins, in der
Regel 2—3°/« des Bodenwertes. Der Erbbauzins kann,
wenn nicht besonders vertraglich festgelegt, nicht gesteigert
werden trotz steigender Bodenwerte. Diese Ersparnis
der Kaufsumme bietet natürlich bei dem verhältnismäßig
kleinem Kapital, das dem Kriegsinvaliden oder dem Krieger
zum Heimstättenerwerb zur Verfügung steht, eine außer
ordentlich große Rolle.
Ein weiterer Vorteil besteht aber auch darin, daß der
Staat und die Gemeinden, wenn sie Land in Erbbaurecht
vergeben, dieses Land der Spekulation entziehen und
unnötigen Bodenpreistreibereien damit Einhalt tun. Sie
selbst bleiben auch im Besitz des Landes; und fällt, nach
Ablauf der Erbbaufrist das Land wieder ihnen zu, so
kommt ihnen der steigende Bodenwert zu gute. Auch wenn
sie das Land wieder in Erbbau geben, so können sie doch
Heimstätten für Arbeiter und
Krieger in Franken.
Der vorliegende Entwurf ist gedacht für eine Industrie
stadt Frankens. Die Wohnhäuser der Siedlung bestehen
aus verschiedenen Hausarten, die sowohl als Einzelhäu
ser oder zu Gebäudegruppen vereinigt erbaut werden kön
nen. Einzelhäuser kommen jedoch weniger in Frage, da
möglichst viel Gartenland erhalten bleiben soll und um
Baumaterial zu sparen. Die Wohnungen bestehen aus
solchen von 2—4 Zimmern, mit Wohn- oder Einzelküche,
die Zimmer entweder auf ein Stockwerk oder einen Schlaf
raum im Dachstock verteilt. Kleine Stallungen sind vor
gesehen. Wenn die Siedlung entsprechende Grösse er
reicht hat, sollen um einen Gemeindeplatz gruppiert ein Ge
meinde- (Verwaltungshaus) Kauf- und Gasthaus errichtet
werden. Weiteran eineneigenenFriedhof anschliessend eine
Kapelle für Gottesdienste mit einer Wohnung für einen In
validen als Meßner, Totengräber usw. Für die Kranken
und Gebrechlichen der Siedlung ein Siechenhaus. Unter
diesmal infolge des im Laufe der Jahre gestiegenen Boden
wertes einen höheren Erbbauzins verlangen. Staat und
Gemeinden werden also einen gerechten Gewinn durch
das Steigen des Grund und Bodens erzielen, was natur
gemäß ja dann wieder der Allgemeinheit zu gute kommt.
Staat und Gemeinde sollten — zu dieser Erkenntnis ist
wohl jeder gekommen, der sich einmal mit der Frage
der Bodenreform beschäftigt hat — möglichst viel Grund
und Boden selbst im Besitz haben. Wenn sie sich aber
desselben nicht wieder enteignen und ihn nicht wieder
der ungesunden Spekulation preisgeben wollen so können
sie ihn nur durch das Erbbaurecht Siedelungszwecken
zugänglich machen. Allenfalls käme, um allein diesen
Zweck zu erreichen, ja noch das Ulmer Wiederkaufs
recht in Frage, doch muß ja hierbei für den Grundstücks
erwerb die Kaufsumme gezahlt werden, der Vorteil wäre
hierbei nur auf Seiten des das Grundstück ausgebenden
Teiles.
So ist dann zu hoffen, daß das Erbaurecht von Staat
und Gemeinden in möglichst umfangreichem Maße an
gewendet werden möge, um unseren Kriegern den wohl
verdienten Erwerb einer Heimstätte auf dem heldenmütig
verteidigten Vaterlandsboden zu erleichtern.
Umständen wird später bei Notwendigkeit eine Kirche
mit Schulhaus usw. erbaut. Die Architektur lehnt sich
an die heimisch fränkische Bauweise an. Eine Zierde
der Siedlung soll einmal der Gemeindeplatz werden und
dementsprechend eine etwas reichere Ausbildung der ihn
umgebenden Gebäude erhalten. Aus frischem Grün oder
dem brennenden Rot des Herbstes sollen die Heimstätten
ein sauberes Gesicht zeigen. Ein schmucker Giebel, ein
behebiger Ercker sollen die malerische Wirkung erhöhen.
Und schmuck wie ihre Häuschen und Gärten sollen auch
die Bewohner sein, gesunde, zufriedene Menschen her
anzubilden ist nicht zuletzt der Endzweck der Siedlung.
K.
Bedenken gegen großstädtische Kleinhaus-
siedelungen.
In einem „Das Ziel der Wohnungsreform“ über-
schriebenen Aufsatz äußert Dr. R. Van der Borght in der
Grundeigentümerzeitung mehrfache Bedenken gegen Klein
siedelungen in der Nähe der Großstädte. Er schreibt:
„Da, wo die Kleinhaussiedelung mit Vorteil durchgeführt
werden kann, ohne Zuhilfenahme künstlicher Begünsti