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BAUZEITUNG
Nr. 48/50
denen Wechsel der Anschauungen über die Unterbringung
der Fronttruppen zeigt. In der glühenden Begeisterung,
mit der man in’s Feld zog, nahm man zu Beginn des
Kriegs Strapazen aller Art als ganz selbstverständlich hin.
Man schlief in der Regel auf der freien Erde neben seinen
Geschützen. Trotz aller körperlicher Anstrengungen, die
der Bewegungskrieg mit sich brachte, sorgte doch der
stete Wechsel und die fortwährenden neuen Eindrücke für
eine geistige Frische, die uns auch Schweres mit Humor
überwinden ließ.
Gegen Jahresschluß 1914 war die Front in West und
Ost erstarrt. Das Einerlei des Stellungskriegs, das Ge
bundensein an den Ort begann. Man fing an sich in der
Feuerstellung'etwas „einzurichten.“ Wie dieses „Ein
richten,“ das dem doppelten Zweck dient, Schutz gegen
die Unbilden der Witterung und gegen das feindliche
Feuer zu bieten, sich im Laufe der Zeit und der hierin
gesammelten harten Erfahrungen aus den einfachsten An
befindlichen Mannschaften verbrachten ihre Zeit ebenfalls
bei diesem Tross, um dort Körper und Kleidung wieder
in Stand zu setzen. So erweiterte sich langsam die ur
sprüngliche „Protzensammelstelle“ zum „Ruhequartier“
der Truppe.
Die Unterkunftsorte lagen in diesem Stadium des
Kriegs meist nicht allzuweit hinter der vorderen Linie und
blieben anfänglich vom Feinde fast gänzlich unbehelligt.
Mit der Verschärfung der Kriegsformen, die sich im Laufe
des langen Feldzugs immer noch mehr gesteigert hat,
bildeten jedoch bald die Ruhedörfer der Truppen ein
häufiges Ziel feindlicher Granaten. Zur Vermeidung un
nötiger Verluste wurden deshalb vielfach die unter Feuer
liegenden Ortschaften geräumt und der feindlichen Flie
gereinsicht verborgene Unterkunft in Wäldern bezogen.
Da man sich dazumal über die Dauer des Kriegs eine
etwas andere Vorstellung machte als heute, erfolgte die
erste Anlage solcher Waldlager ziemlich primitiv. Teil
fängen bis zu einer gewissen technischen Vollkommenheit
entwickelt hat, soll als außerhalb des Rahmens dieser Be
trachtung liegend, hier nicht weiter verfolgt werden.
Doch zu jeder Truppe gehört ein Tross für deren
Versorgung mit Verpflegung, Munition u. s. f. Dieser bil
det das Bindeglied zwischen der fechtenden Truppe und
den äußersten Ausläufern der rückwärtigen Verbindungen
und ließ sich am besten in der Mitte zwischen beiden
nieder, möglichst in einem Dorf oder einer größeren Ferme,
wo Unterkunft für Pferde und Mannschaften vorhanden
war. Die Möglichkeit eines mehr geregelten Dienstes in
der Feuerstellung gestattete es, auch einen Teil der Ge
schützbedienung für kurze Zeit abzulösen. Die in Ruhe
weise begnügte man sich mit Erdhöhlen, wo Zeit, Mate
rial und Arbeitskräfte vorhanden waren, wurden Wellblech-
und Holzhütten errichtet. Aus solchen Hütten entstand
im Sommer 1915 an einem nicht allzusteilen Waldhang
auch unser Waldlager.
Ueber ein Jahr genügte die so geschaffene Anlage
allen Bedürfnissen. Die Batterie war inzwischen in mo
natelange schwere Kämpfe verwickelt wo alle Kräfte da
zu ausgenützt werden mußten, in den jeweiligen Feuer
stellungen sich gegen das heftige feindliche Feuer einzu
bauen. Auch hoffte man immer wieder von neuem auf
Abtransport nach einem andern Kriegsschauplatz. So
fehlte es zunächst an Zeit und Lust zu einer Weiteraus