Full text: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen (1917/18)

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BAUZEITUNO 
Nr. 48/50 
werden dem die Gewährung einer zweiten Hypothek nach- 
suchenden Grundstücksbesitzer niemals unnötige Schwie 
rigkeiten bereitet; so wird z. B. nicht verlangt, daß die 
erste Hypothek für eine städtische Stelle, z. B. die Spar 
kasse, eingetragen ist. Verlangt wird jedoch stets, daß, 
soweit eine Abtragung der ersten Hypothek erfolgt, die 
zweite Hypothek im Range entsprechend vorrückt. 
Wenn die Hypothekenanstalt, die erst während des 
Krieges gegründet ist, sich infolge der mangelnden Bau 
tätigkeit bisher im allgemeinen darauf beschränkt hat, be 
reits mit Häusern versehene Grundstücke zu beleihen, so 
ist sie indessen nach ihrer Satzung auch in der Lage, 
sogenannte Baudarlehen zu geben, und es wird allgemein 
gehofft, daß nach Beendigung des Krieges solche Bau 
darlehen in großem Umfange gegeben werden können. 
Eine Spezialaufgabe der Hypothekenanstalt ist noch die, 
den Hausbesitzern durch Gewährung von durch eine zweite 
Hypothek gesicherten Darlehen die Mittel zur Bestreitung 
der Kosten zu verschaffen, die ihnen für Straßenbauten, 
Anschluß an die städtische Kanalisation und für ähnliche 
städtische Einrichtungen entstehen. 
Die Beleihung durch die Hypothekenanstalt darf in 
der Regel nicht über 75% des Wertes des zu belasten 
den Grundstückes hinausgehen, wobei sowohl die in Ab 
teilung II als auch die in Abteilung 111 des Grundbuches 
eingetragene Rechte mit ihrem Werte, Hypotheken und 
Grundschulden, außerdem noch mit dem Betrage ein 
jähriger Zinsen in Ansatz gebracht werden. Im allgemei 
nen wird diese Grenze von 75% des Wertes des zu be 
leihenden Grundstücks eingehalten; nur bei kleineren Wohn 
häusern, insbesondere Einfamilienhäuser, von Arbeitern 
oder unteren Beamten ist die Beleihungsgrenze in einer 
Reihe von Fällen höher als bei 75% gezogen worden. 
Soweit Darlehensschuldner ein gemeinnütziger Verein ist, 
kann allgemein eine Beleihung sogar bis 90% des Wertes 
erfolgen. Bei der Feststellung des Wertes der zu be 
leihenden Grundstücke kann, soweit eine Beleihung zur 
ersten Stelle bereits durch die städtische Sparkasse er 
folgt ist, der durch die Sparkasse ermittelte Wert zu Grunde 
gelegt werden. Im übrigen sind die Einschätzungen der 
betreffenden Grundstücke zur Grundsteuer nach dem ge 
meinen Werte, etwaige Verkaufspreise der letzten Jahre, 
die kapitalisierten Mieterträgnisse und der Bauwert zu 
berücksichtigen; von diesen Werten ist in der Regel der 
mittlere Wert der Beleihung zu Grunde zu legen. Be 
sondere Bestimmungen sind für die Gewährung von Bau 
darlehen getroffen. Es dürfen vor vollständiger Fertig 
stellung des Baues Auszahlungen nur bis zur Hälfte des 
jeweiligen Gesamtwertes erfolgen. Im Interesse des Bau 
handwerks wird in geeignet erscheinenden Fällen die Aus 
zahlung der Baugelddarlehensraten ganz oder teilweise da 
von abhängig gemacht, daß der Hypothekenanstalt der Nach 
weis der Befriedigung derjenigen Handwerker und Lieferan 
ten geführt wird, die aus der Herstellung des Baues her 
rührende Forderungen haben; auch behält sich die Hypothe 
kenanstalt stets das Recht vor, direkte Zahlung an die Bau 
handwerker und Lieferanten zu leisten. Aus diesem Grunde 
ist für jeden von der Anstalt beliehenen Neubau das in 
Abschnitt I des Reichsgesetzes vom 1. Juni 1809 über 
die Sicherung von Bauforderungen verlangte Buch zu füh 
ren und der Anstalt jederzeit Einsicht in das Buch zu ge 
statten. Die Anstalt ist berechtigt, Zahlung des zugesagten 
Darlehens zu verweigern, wenn durch das Stadtbauamt 
festgestellt wird, daß der Bau nicht in solider und dem 
vorgelegten Plan entsprechender Weise ausgeführt ist. 
Schließlich unterliegen in jedem Falle bei Gewährung 
von Baudarlehen Grundriß und Fassade der Genehmig 
ung der Hypothekenanstalt. 
Die Höhe des von den Darlehensnehmern zu zahlen 
den Zinsfußes wird von den städtischen Kollegien nach 
der jeweiligen Lage des Geldmarktes festgesetzt, doch sol 
len die Darlehen in der Regel mit einem Satz verzinst wer 
den, der V 2 % über dem jeweiligen Hypothekenzinsfuß der 
städtischen Sparkasse steht. Zurzeit beträgt der Zinsfuß 
5 1 /4°/o- Da die Stadt wohl damit rechnen kann, daß sie 
für die Gelder, die sie zur Beschaffung von Betriebs 
kapital für die Hypothekenanstalt aufnehmen muß, in ab 
sehbarer Zeit höchstens 5% Zinsen zu zahlen hat, so 
kann jeder Hausbesitzer, der von der Hypothekenanstalt 
eine zweite Hypothek erhalten hat, damit rechnen, daß 
er dauernd für diese zweite Hypothek nicht mehr als 
5*/4% Zinsen zu zahlen und zudem ruhiges Geld hat; 
die Hypothekenanstalt dagegen ist dadurch, daß sie das 
Geld zu einem etwas höheren Zinsfuß ausleiht, als sie 
selbst zahlen muß, in der Lage, sich im Laufe der Jahre 
einen nennenswerten Reservefonds zu schaffen, der es 
ihr ermöglicht, bei der Gewährung von zweiten Hypothe 
ken nicht allzu engherzig zu sein. Sowohl im Interesse 
des Qrundstückbesitzers, als auch der Hypothekenanstalt 
wird in jedem Beleihungsfalle verlangt, daß eine allmäh 
liche Abtragung der Darlehensschuld erfolgt. Diese Amor 
tisation beträgt in der Regel Vs 0 / 0 jährlich; nur bei Dar 
lehen, die zur Bestreitung der Kosten von Straßenbauten, 
Kanalisationsanschlüssen pp. gegeben sind, wird eine hö 
here Amortisation, mindestens eine solche von 5°/ 0 jähr 
lich beansprucht.
	        

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