Januar 1918.
BAUZEITUNG
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sein, jedoch macht der bestehende Rohstoffmangel eine
allgemeine Wiederaufnahme der Arbeit in der ersten Frie
denszeit unmöglich. Es wird daher sicher im Interesse
vieler Arbeiter des Baugewerbes liegen, wenn sie von der
Heeresverwaltung nicht sofort, sondern erst entlassen wer
den, wenn wenigstens die Wahrscheinlichkeit besteht, daß
sie in ihrem Berufe Beschäftigung und Verdienst finden.
Hinsichtlich der Reihenfolge der Entlassung schließt
sich der Reichsbund baugewerblicher Arbeitgeberverbände
den auch von anderen Stellen insbesondere von Handel
und Industrie gemachten Vorschlägen an.
Die erste Voraussetzung zur Wiederaufnahme der
Friedenswirtschaft und der Beschäftigung zahlreicher An
gestellten und Arbeiter ist die Wiedereröffnung der infolge
Einziehung der Inhaber zum Heeresdienst geschlossenen
Gewerbebetriebe.
Es dürfte daher geboten sein, die selbständigen
Gewerbetreibenden und ausserdem die zur Vor
bereitung neuer Geschäftstätigkeit der Betriebe
unentbehrlichen Verwaltungsbeamten, Techniker,
Werkmeister, Poliere und Vorarbeiter zuerst zu
entlassen; letztere Gruppe, soweit sie von den Be
triebsinhabern persönlich für bestimmte Betriebe
angefordert werden.
gönnen ist, so muß er doch möglichst der Gefahr ent
zogen werden, längere Zeit arbeits- und erwerblos zu
bleiben.
Dieser Gefahr durch die Einführung der staatlichen
oder kommunalen Arbeitslosenunterstützung begegnen zu
wollen, wie die Gewerkschaften vorschlagen, halten wir
für äußerst bedenklich. Wir haben bereits im Dezember
1913 in einer Eingabe an Bundesrat und Reichstag unter
ausführlicher Darlegung der Gründe erklärt, daß wir Geg
ner einer öffentlichen Arbeitslosenversicherung sind. Die
Gründe, die wir damals angegeben haben, bestehen heute
noch in verstärktem Maße. Die zunächst weiterbesteh
ende Teuerung sämtlicher Bedarfsartikel und die zu er
wartenden gewaltigen steuerlichen Anforderungen des
Staates und der Gemeinden würden eine Heranziehung
der zu Versichernden, also der Arbeiter, mit ihrem Ar
beitslohn zu den Kosten einer Arbeitslosenversicherung
in gebührendem Maße verbieten. Zu tragen hätte sie in
der Hauptsache der Unternehmer, und das kann er in
allen Gewerben, die durch den Krieg schwer getroffen
sind, weder in Form von Beiträgen zur Versicherung,
noch in Form von erhöhten Steuern. Jetzt, wo jeder
Stand unter den schweren wirtschaftlichen Nöten zu lei
den hat, wäre es eine völlig verfehlte Maßnahme, eine
Bild 3
Doppel-Einfahrt
mit Taubenhäusern
in Lor.
Hinsichtlich der Entlassung der verschiedenen Kate
gorien der gelernten und ungelernten Arbeiter sollte in
den ersten Monaten nach Friedensschluß aber der wirk
lich eintretende Bedarf maßgebend sein, den die großen
Arbeitgeber-Zentralverbände schätzungsweise zu be
stimmten Terminen angeben könnten.
Es ist für uns eine Selbstverständlichkeit, daß bei
der Entlassung der Heerespflichtigen die Kleinbetriebe
in der gleichen Weise berücksichtigt werden müssen, wie
die Großbetriebe.
Ein sofortiger dringender Bedarf wird bei sämtlichen
Baustoffindustrien bestehen, welche zunächst das erfor
derliche Material herstellen müssen, ehe eine Bautätigkeit
in größerem Rahmen begonnen werden kann.
Daß im übrigen auch persönliche Gründe bei Ent
lassung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern weitgehend
zu berücksichtigen, also z. B. Familienväter vor den Un
verheirateten zu entlassen wären, bedarf keiner beson
deren Erwähnung.
Wir glauben, mit unseren Vorschlägen dem Gewerbe
und mittelbar auch den Arbeitern bessere Dienste zu leis
ten, als die Gewerkschaften mit ihrem Vorschläge einer
sofortigen allgemeinen Entlassung aller Heerespflichtigen.
So sehr jedem einzelnen Manne nach den Anstrengungen
und Leiden der Kriegszeit eine schnelle Heimkehr zu
Bevölkerungsklasse, die selbst der Hilfe bedürftig ist, zu
belasten, um einer anderen Vorteile zu verschaffen. Wenn
ferner nach Friedensschluß die Rohstoffversorgung gere
gelt und wieder überall Arbeitsmöglichkeit vorhanden ist,
dann hat auch der Letzte die Pflicht, zu arbeiten und da
durch an seinem Teil zur Beseitigung der Schäden des
Krieges beizutragen. Diese moralische und wirtschaftliche
Pflicht wird aber durch Einführung einer Arbeitslosen
versicherung untergraben. Zu bedenken ist auch, daß
der Gegensatz zwischen Stadt und Land, den möglichst
auszugleichen wir für wünschenswert halten müssen, durch
die Arbeitslosenversicherung der gewerblichen Arbeiter
noch verschärft werden würde.
Durch die allmähliche Entlassung der Heerespflich
tigen in der von uns vorgeschlagenen Weise werden die
Nachteile einer umfangreichen Arbeitslosigkeit vermieden,
und das Wirtschaftsleben wird sich dann ohne schwere
Erschütterungen leichter wieder in normale Bahnen len
ken lassen.
II. Regelung der Arbeitsbedingungen. Es liegt
nicht nur im Interesse der Arbeitgeber und Arbeitnehmer
des Baugewerbes, sondern der gesamten deutschen Volks
wirtschaft, daß das Wiederaufleben der Bautätigkeit nach
dem Kriege nicht alsbald durch Lohnkämpfe unterbrochen
wird. Die seit langen Jahren im Baugewerbe und den