Full text: Süd- und Mitteldeutsche Bauzeitung (1919/20)

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BAUZEITUNG 
Nr. 33/34 
Unternehmer nicht mehr zur Verantwortung gezogen 
werden kann. Diese Grenze beträgt, wie gesagt, falls die 
Parteien nicht etwas anderes vereinbart haben, fünf Jahre 
seit der Abnahme des Baus. 
Damit entsteht die Frage, was versteht man unter Ab 
nahme eines Bauwerks? Eine Frage, die immer wieder 
den Gegenstand zahlloser Differenzen und Meinungsver 
schiedenheiten bildet! Denn immer wieder versucht der 
Bauherr, der nach langen Jahren einen Mangel am Bau 
zu entdecken glaubt, die Situation dadurch für sich zu 
retten, daß er behauptet, er habe den Bau nicht abge 
nommen. 
Man kann mit Befriedigung konstatieren, daß die 
Rechtsprechung des Reichsgerichts über den Begriff der 
Abnahme einen günstigen Kurs genommen hat. Der 
oberste Gerichtshof trat den Versuchen gewinnsüchtiger 
Vorbehalten haben. Man nehme zum Beispiel an, der 
Bauherr erklärt ausdrücklich, er wolle zunächst einmal das 
Haus zur Probe beziehen, um sich über seine Beschaffen 
heit ein klares Bild machen zu können. Hier fallen Einzug 
in das Haus und Abnahme natürlich nicht zusammen. 
Man wird aber auch hier dem Bauherrn keine allzulange 
Probefrist zubilligen können, und es ist dann am Unter 
nehmer, den Bauherrn zu einer Abnahme-Erklärung zu 
drängen, um so die Verjährungsfrist in Lauf zu setzen. 
Uebrigens müßte man wohl in einem solchen Falle nach 
einer angemessenen Probefrist auch ohne Erklärung des 
Bauherrn annehmen, daß er nunmehr den Bau abgenom 
men habe. 
Damit berühren wir einen Punkt, der in einer der 
neuesten Entschließungen des Reichsgerichts sich findet, 
und die dem Unternehmer günstige Judikatur in einer 
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Grundriß vom^Erdgeschoß. 
Bauherrn, die Verjährungsfrist durch Bestreitung der Ab 
nahme sich ins Ungemessene zu verlängern, immer ent 
schiedener und wirksamer entgegen. 
Hiernach gilt der Bau als abgenommen, wenn der 
Bauherr ihn körperlich hingenommen hat und zugleich 
durch sein Verhalten bei und nach der Hinnahme zu er 
kennen gab, daß er den Bau als in der Hauptsache 
dem Vertrag entsprechend anerkenne. Wenn der Bau 
herr den Bau nach der Fertigstellung bezieht und etwa 
erklärt, er sei mit dem Bau ganz zufrieden, nur die Läden 
müßten noch einmal nachgestrichen werden, so hat er 
trotz dieses Vorbehaltes den Bau abgenommen. Denn 
er hat zu erkennen gegeben, daß er in der Flauptsache 
den Bau als vertragsmäßig anerkennt; die Rüge des klei 
nen Mangels hindert die Abnahme nicht und hat das 
Reichsgericht dies wiederholt betont. 
Selbstverständlich sind auch Fälle denkbar, daß der 
Bauherr, obwohl er schon längere Zeit das Haus bewohnt, 
dasselbe immer noch nicht im Rechtssinne abgenommen 
hat. Dann muß er aber beim Einzug das ausdrücklich 
sehr bemerkenswerten, bei den Beteiligten allerdings noch 
wenig bekannten, Weise zum Abschlüsse bringt. Das 
Reichsgericht verkennt nicht, daß es für den Unternehmer 
gegenüber übelwollenden Bauherren mitunter recht 
schwierig sein kann, zu beweisen, daß sie durch ihr Ver 
halten den Willen der Abnahme dargetan haben. Des 
halb soll es nach dem neuesten Standpunkte des obersten 
Gerichtshofes für den Begriff der Abnahme genügen, daß 
der Besteller das Werk tatsächlich hingenommen und sich 
so in die Lage versetzt hat, es zu prüfen. Während man 
also früher zu dem Begriff der Abnahme immer noch 
einen, wenigstens stillschweigenden, Willen des Bauherrn, 
das Haus in der Hauptsache zu billigen, forderte, ist es 
jetzt schon hinreichend, daß der Bauherr das Haus be 
zieht, denn dadurch hat er die Möglichkeit, das Haus zu 
prüfen.
	        

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