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BAUZEITUNG
Nr. 35/36
gelung in diesem Sinne eintreten. Den Beschluß bildeten
Besprechungen über Wohnungs- und Siedlungs
wesen. Oberbaurat Stadtbaurat Holzer aus Augsburg
hielt dazu einen einleitenden Vortrag, in dem er die von
den Technikern nach dieser Richtung zu stellenden Forder
ungen und den Umfang ihrer Mitwirkung bei der Lösung
dieser Fragen näher umschrieb. Der Vorstand wurde be
auftragt, in diesem Sinne zu wirken.
Mit einer Besichtigung der herrlichen Baudenkmäler
und malerischen Städtebilder, an denen Bamberg so über
reich ist, unter der sachverständigen Führung des Stadt
baurats Oberbaurats Schmitz, der auch die Vorbereitun
gen für die Versammlung in Bamberg freundlichst über
nommen hatte, schloß die Versammlung.
Fragekasten.
Anfrage. 1. Im enggebauten Stadtteil einer kleinen
Oberamtsstadt (neues Ortsbaustatut nicht vorhanden) ist
kurz vor dem Kriege das~aus dem Lageplan ersichtliche
Gebäude Nr, 12. abgebrannt. Dasselbe soll jetzt neu
erstellt und gleichzeitig das baufällige Häuschen Nr. 5
abgebrochen und neu aufgeführt werden, ln Nr. 5, welches
aus Furcht vor dem Einstürzen von den Mietern lange
Zeit gemieden wurde, wohnen auf Veranlassung des
Wohnungsamtes 2 Familien, trotzdem 2 Seiten von außen
gesprießt werden mußten und das Dach keinen gesunden
Sparren mehr aufweist. Dem Hausbesitzer wurde der
beabsichtigte Abbruch und die Neuerstellung als Wohn
gebäude unter Hinweis auf die Wohnungsnot untersagt.
Die Reparaturkosten betragen mehr als das ganze Gebäude
zur Zeit wert ist, außerdem würden durch den Neubau
gesundheitlich bessere Zustände und ein angemessenes
Aeußere der Straßenseiten geschaffen. Wie ist hier die
Rechtslage?
2. Die Wiedererstellung des abgebrannten Gebäudes
Nr. 12 soll in Verbindung mit Nr. 5 als Anbau erfolgen
(Art. 46 kommt nicht in Betracht). Gemäß Art. 45 d. B.-
O. Abs. 2 müßte die Außenseite des Neubaues auf die
Grenze gestellt werden, da die Einhaltung eines Abstandes
von 2,00 m wegen zu geringer Bauplatztiefe nicht möglich
ist. Im Grundbuch ist nun sowohl bei Geb. 12 als auch
bei Geb. 14 bezügl. des Winkels eingetragen „Mit Winkel
und Traufrecht“. Der 1,00 m breite Winkel gehörte dem
nach beiden Besitzern gemeinsam. Ein Überbauen des
halben Winkels ist unmöglich, da hiedurch der Zugang zu
den im Winkel befindlichen Abortgruben der Häuser 7 und
14 wegfallen würde, a) Ist es in solchem Falle zulässig,
als Eigentumsgrenze die ehemalige7Gebäudefront anzu
nehmen und den 1,00 m breiten Winkel unüberbaut zu
lassen, b) Könnte der Nachbar beim Überbauen des
halben Winkels anderweitigen Zugang zu den Abortgruben
vom Bauenden verlangen, c) Muß von einem Hauptfenster
des Gebäudes Nr. 14, welches auf 6,50 m Höhe ange
bracht ist, der verlangte Abstand von 3,00 m eingehalten
werden, wenn die Traufe des Neubaues Geb. 12 sich
auf 7,50 m Höhe befindet?
Da in der Beurteilung dieser Fragen ein gleich
lautendes Urteil nicht erreicht werden konnte, wäre ich
für Behandlung im Fragekasten der Bauzeitnng dankbar.
W. E.
Antwort. Zu L, die Untersagung des Abbruchs,
um des Neuaufbaues des Gebäudes Nr. 5 stützt sich wohl
auf eine Verfügung des Demobilmachungskommissars,
gegen welche die üblichen Rechtsmittel versagen. Es
empfiehlt sich mündliche Rücksprache mit der Wohnungs
abteilung des Ministeriums des Innern (Dorotheenstraße)
und mit der Beratungsstelle des Arbeitsministeriums (Hotel
Silber).
Zu 2. Für die Wiedererstellung des abgebrannten
Gebäudes Nr. 12 ist vor allem die Feststellung von Bau
linien erforderlich. Für die Erneuerung des Gebäudes
kommt Art. 46 d. B.-O. nur dann nicht in Frage, wenn
die beiden Voraussetzungen von Art. 47 Nr. 4 d. B.-O.
zutreffen, d. h. wenn „wesentliche“ Verbesserungen so
wohl für die Gesundheit, als für die Feuersicherheit er
zielt werden. Was die Bestimmung von Art. 45 Abs. 2
betrifft, so kann die ehemalige Gebäudefront nicht als
Eigentumsgrenze angesehen werden, wenn Gebäude und
Winkel im Grundbuch ein einziges Grundstück bilden.
Wenn besondere Rechte des Nachbars das Bauen auf
die Eigentumsgrenze verhindern, ist ein Abstand von 2 m
von dieser einzuhalten, es sei denn daß es dem Bauenden
gelingt, Befreiung von Art. 45 Abs. 2 d. B.-O. von Seiten
des Ministeriums zu erreichen. Die Vorschriften des
Art. 48 d. B.-O. beziehen sich auf das zu erstellende Ge
bäude oder auf Gebäude desselben Grundstücks, aber
nicht auf Gebäude auf Nachbargrundstücken; im vorliegen
den Fall nur auf das Gebäude Nr. 12, nicht auf das Ge
bäude Nr. 14. Die Frage, ob der Nachbar beim Über
bauen des halben Winkels anderweitigen Zugang zu seiner
Abortgrube erlangen kann, läßt sich nicht ohne weiteres
beantworten, da die Rechtslage nicht zu erkennen ist.'
B.
Wettbewerb.
Ulm. Auf Wunsch der Künstlerschaft wurde der
Termin für den Wettbewerb des Ulmer Kriegsgedenk
males endgültig auf 1. Dezember 1919 festgesetzt.
Unpünktliche Zustellung der Bauzeitung.
Wir haben Veranlassung, an das in Nr. T8 Gesagte
zu erinnern. Für die richtige Zustellung hat das zuständige
Postamt zu sorgen und man hat sich daher beim AusbleL
ben der Bauzeitung an dieses zu wenden. Auch die Brief
träger sind verpflichtet, Reklamationen weiterzugeben,
doch ist hiebei zu bedenken, daß die Postämter auf unsere
Vorstellungen hin sich immer wieder darauf berufen, daß
neues Personal angelernt werden müsse und daher mehr
Unregelmäßigkeiten verkommen würden, als dies früher
der Fall gewesen sei. Dieser Tatsache muß Rechnung ge=
tragen werden, indem die Leser sich etwas mehr um den
Briefträger kümmern, bei Wohnungswechsel aber dem
Postamt rechtzeitig Mitteilung machen.
Verantwortlich: Karl Schüler, Stuttgart.
Druck: Gustav Stürnar in Waiblingen.