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BAUZEITUNG
Nr. 37/39
Bezirk IV.
Die am 14. September 1919 in Heidelberg in Gegen
wart des 1. Vorsitzenden, Kollegen Frischmuth, statt
gefundene Bezirksversammlung war von 30 Mitgliedern
besucht. In Anbetracht der Wichtigkeit der zur Beratung
stehenden Fragen ist dieser Besuch als äußerst gering zu
bezeichnen und erwartet der Bezirksvorstand künftighin
zahlreichere Beteiligung.
Kollege Frischmuth berichtete über die Arbeiten des
Vorstandes, besonders über den Stand der Prüfungs- und
Titelfrage. Die vom Bezirksvorstand in dieser Sache
vorgeschlagenen Anträge zur Hauptversammlung wurden
nach reger Aussprache gutgeheißen, desgleichen ein An
trag, die Führung des Meistertitels und Anleitung von
Lehrlingen betreffend. Lebhafte Aussprache ergab sich
über das Heimstättengesetz und auf einstimmigen Beschluß
wurde der Beitritt zum Werbeausschuß abgelehnt. Die
Besprechung verschiedener Standesfragen bildete den
Schluß der sehr anregend verlaufenen Versammlung.
Der Obmann.
Badische Architektenschaft.
Am 20. August d. Js. fand im Rathaussaale zu Karls
ruhe eine Tagung der badischen selbständigen Privatarchi-
teckten statt, die unter der Leitung des Vorsitzenden der
Ortsgruppe Karlsruhe des B.D, A. Architekten Deines einen
außerordenlich anregenden und würdigen Verlauf nahm.
Durch den vierjährigen Krieg und seinen unglücklichen
Ausgang hat jegliche Bautätigkeit im ganzen deutschen
Vaterlande und besonders im badischen Ländle völlig auf
gehört und kein Stand wird hiedurch wirtschaftlich so
vernichtend getroffen, als der für die Kultur unseres Volkes
unentbehrliche Stand der Architekten, der Baukünstler.
Daß der unerbittlichen Gewalt der Tatsache gegenüber
der einzelne Architekt im Kampfe unterliegen muß, daß
aber das gemeinsame Vorgehen schließlich den ganzen
Stand noch retten kann, das haben die badischen Archi
tekten auf dieser Tagung klar erkannt und sich in der
„Badischen Architektenschaft“ zu einer Organi
sation zusammengeschlossen, die im Anschluß und als
Glied des Bundes Deutscher Architekten den
Zweck verfolgt, die Interessen der selbständigen Privat
architekten ausschließlich zu vertreten.
War die große Architektenversammlung in Karlsruhe
dazu ausersehen, die Baukünstler des ganzen Landes zur
Bekundung ihrer Zusammengehörigkeit und zur Erklärung
ihrer Bereitwilligkeit zu bringen, mit allen Mitteln und
Opfern den gemeinsamen Kampf um ihre Existenz zu
führen, so war die am 20. Sept. in Offenburg stattgehabte
Sitzung des Architektenbezirksrates der praktischen Arbeit
der Ausführung der Organisation gewidmet. Den Vorsitz
der Badischen Architektenschaft führt der Architekt Emil
Deines in Karlsruhe, während Mannheim den Architekten
Tillessen, den Stellvertreter, stellt. Die Geschäftsstelle ist
Karlsruhe. Weinbrennerstraße 3.
Dem Vorstand zur Seite steht der Bezirksrat, der sich
aus den Abgeordneten der zwölf Kreise des Landes, ent
sprechend ihrer Mitgliederzahl, zusammensetzt. Diese
Kreise sind; 1. Konstanz, 2 Villingen, 3. Waldshut, 4. Frei
burg, 5. Lörrach, 6. Offenburg, 7. Baden-Baden, 8. Karls
ruhe, 9. Pforzheim, 10. Mannheim, 11. Heidelberg, 12. Mos
bach, die von Obmännern verwaltet werden und sich
wieder in Amtsbezirke einteilen, denen Vertrauensmänner
verstehen. Mitglied der Badischen Architektenschaft ist
jeder selbständige Privatarchitekt Badens. Die Zahl be
trägt etwa 300. Die Badische Archilektenschaft ist die
einzige berufliche Vertretung der selbständigen Privatarchi-
tekten innerhalb des Gebietes der freien Republik Baden.
Die Aufgaben der Organisation sind gewaltige und
erfordern die äußerste Kraftanstrengung nicht nur des Vor
standes und Bezirksrates, sondern aller Mitglieder. Sie
gipfeln zusammengefaßt darin, daß; „Durch entsprechende
Anregungen gesetzgeberischer Natur und gemeinsame
Maßnahmen das freie Arbeitsgebiet der Architekten er
weitert und deren Arbeitsbedingungen verbessert werden
und dem Privatarchitekten diejenige Stellung im öffent
lichen Leben gesichert wird, die er vermöge seiner Bild
ung und künstlerischen Veranlagung und Erziehung zu
beanspruchen und in Rücksicht auf seine Verantwortlich
keit zu erwarten hat. „Im besonderen erstrecken sich
diese Aufgaben auf folgende Gebiete:
1. Anerkennung des Architektenrates der B. A. als
alleinige Vertretung der freien Architekten Badens
und als beratende Stelle für Staat, Gemeinden und
sonstige Körperschaften in allen Baufragen.
2. Durchführung des Gesetzes, daß Baupolizeieingaben
für private Bauten in Baden nur durch die Mitglieder
der B. A. eingereicht werden dürfen, für Bauten der
Behörden durch deren Baubeamte oder durch obige
Mitglieder.
3. Aufgabe der Architekturbüros seitens aller Bau
geschäfte.
4. Gesetzliche Anerkennung der Gebührenordnung der
Architekten und Ingenieure als Mindesthonorarsatz
im öffentlichen Leben bei allen Gerichten und Ver
waltungsbehörden.
5. Anteil der Privatarchitekten an staatlichen und städt
ischen Bauten.
6. Beseitigung der Bestimmung über die Privattätigkeit
der Staatsbaubeamten, Verbot dieser Arbeiten und
dafür angemessene Besoldung der Beamten.
7. Ueberleitung der staatlichen und sonstigen Bau
beratungsstellen an die Organisation der B. A.
8. Standesschutz, Erziehungsfragen, Stellungsnahme und
Regelung der Forderungen der Mitarbeiter.
9. Neuregelung des Wettbewerbswesens und der Aus
stellungen.
10. Ernennung der Architekten zu Beratern der Kommissi
onen in Staat und Gemeinden in Bezug auf die
Wohlfart, Bildung und Aufklärung des Volkes.
11. Beteiligung der Architekten am Wiederaufbau in
Frankreich.
Die B. A. wird diese Aufgaben mit ihrer ganzen Kraft
zu lösen bestrebt sein, nicht sowohl, um die Interessen
ihres Berufes zu wahren, als vor allem um für ihr Teil mitzu
arbeiten am Wiederaufbau unseres deutschen Vaterlandes.
Bauwerkmeisterverein Württembergs e. V.
Am Sonntag, den 5. Oktober d. Js., findet ein geo
logischer Ausflug in der Umgebung von Stuttgart statt, bei
dem Herr Prof. Dr. K. E. Endriß (ehern. Dozent für Geo
logie an der Techn. Hochschule) über die Geologie- und
Wasserverhältnisse der Umgebung Stuttgarts sprechen
wird. Treffpunkt vorm. 9 Uhr an der Kunstgewerbeschule,
Weißenhof. Damen und Gäste willkommen !
Wi ede rauf bau von Nordfrankreich. Kollegen,
welche beim Wiederaufbau Nordfrankreichs verwendet
werden wollen, bitten wir, uns umgehend ihre genaue
Anschrift zuzusenden. Wir machen jedoch darauf auf
merksam, daß die Verhandlungen über die Verwendung
der Techniker noch nicht abgeschlossen sind, und daß
wir deshalb noch keinerlei nähere Auskunft erteilen können.
Es handelt sich vorläufig nur darum festzustellen wieviel
Kollegen (auch Nichtmitglieder) bereit sind nach Nord
frankreich zu gehen. Näheres folgt rechtzeitig.
Verantwortlich: Karl Schüler, Stuttgart.
Druck: ‘Gustav Stürner in Waiblingen.