Full text: Süd- und Mitteldeutsche Bauzeitung (1919/20)

BAUZEITUNG 
gelegt, die Musterschau erstmals im Frühjahr 1920 zu 
eröffnen, und stellt die Stadt die für solche Zwecke eigens 
erbaute Halle vor dem Aachener Tor zur Verfügung, 
deren Nutzfläche durch geeignete Anbauten auf etwa 
10 000 qm gebracht werden wird. 
Gewinnung von Düngemitteln aus mensch 
lichen Abfallstoffen. *) 
Immer wieder wird von maßgebender Stelle darauf 
hingewiesen, daß sich ein überaus großer Mangel an 
Düngemitteln fühlbar mache. Der Ausschuß für Volks 
wirtschaft in der Nationalversammlung hat sich nach der 
Dem. Partei-Korr. mit der Bildung eines Stickstoff-Syndi 
kats beschäftigt. Es kam dabei zum Ausdruck, daß, nach 
dem die Produktion der Kokereien an schwefelsaurem 
Amoniak im Inland nicht wesentlich gesteigert werden 
konnte und vom Ausland die Zufuhr von stickstoffhaltigen 
Düngemitteln auf ein Minimum zurückging, man den 
werden, als dies normalerweise vor dem Kriege der Fall 
war. Die Landwirtschaft ist bestrebt, möglichst viel aus dem 
Boden herauszuziehen; außerdem hat sich gerade in den 
letzten Jahren der Bedarf an Dünger gegenüber den Vor 
kriegsjahren durch den Anbau früher brach gelegenen 
Bodens gesteigert, außerdem kommt in Betracht, daß 
während der Kriegszeit dem Boden nicht mehr so viel 
Pflanzennährstoffe zugeführt werden konnten, als dies 
früher der Fall war. Der fehlende Bedarf an Dünge 
mitteln kann daher für die nächüen Jahre immerhin auf 
200 000 Tonnen jährlich geschätzt werden. 
Der Ausschuß der Nationalversammlung hat trotz 
erhobener Bedenken, die sich wahrscheinlich gegen die 
Preisgestaltung richten, sein Einverständnis zu der Syn 
dikatsbildung gegeben. 
Die Regierung sollte ersucht werden, den vorhande 
nen Stickstoff umgehend der Landwirtschaft zuzuführen. 
Es ist immer nur davon die Rede, wie Düngemittel 
künstlich erzeugt werden und zur Ertragssteigerung 
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Regie rungs- 
Stations-Oebäude 
in Südwestafrika. 
Ansichten und 
Grundriß der 
Qesamtanlage. 
fehlenden Bedarf (140 000 Tonnen) durch Gewinnung des 
Stickstoffes aus der Luft ersetzen könnte. Dazu stünden 
zwei Verfahren zur Verfügung, und zwar; 
1. die Bindung des Stickstoffes aus der Luft als Kalk 
stickstoff und 
2. die Bindung des Stickstoffes aus der Luft als 
Amoniakstickstoff. 
Die Leistungsfähigkeit der bestehenden Werke wird 
auf rund 500 000 Tonnen jährlich geschätzt. 
Zweifellos kann, abgesehen von den Herstellungs 
preisen, die Möglichkeit als vorhanden bezeichnet wer 
den, den Bedarf an Dünger zu decken, wenn auch zu sa 
gen ist, daß jetzt jährlich mehr an Düngemitteln benötigt 
*) Die Auswirkungen des Krieges zwingen uns, über viele 
lebenswichtige Fragen anders zu denken als in den vergangenen 
Zeiten des Wohlstandes und des Ueberflusses. Dem eingedenk, 
stellten wir die Spalten der Bauzeitung für diese Abhandlung 
zur Verfügung, jedenfalls ist die Frage der Düngemittel im Be 
sonderen des Nachdenkens wert. Die Schriftleilung. 
beitragen sollen. Und wie viele natürliche Düngemittel 
sind vorhanden, denen eine Beachtung nicht geschenkt 
wird, ja man kann sagen, die mit allen möglichen Mitteln 
ganz oder zum großen Teil beseitigt werden sollen. Ab 
gesehen von tierischen Exkrementen, wie der Stallmist und 
der Jauche, deren annähernd gesamter Anfall als Dünger 
Verwendung findet, werden die menschlichen Abfallstoffe 
(Fäkalien) nur bis zu einem gewissen Grade als Pflanzen 
nährstoffe nutzbar gemacht. Auf dem platten Lande und 
den Städten mit überwiegender landbautreibender Bevöl 
kerung werden wohl die anfallenden Fäkalien mit wenigen 
Ausnahmen wie von solchen Gebäuden, die mit einer 
Hauskläranlage versehen sind, restlos zur Düngung ver 
wendet; anders ist dies aber bei den größeren Städten, 
die gerade einen großen Anfall solcher Düngemittel er 
zeugen. Betrachtet man nur den Anfall aus einer Stadt in 
unserem engeren Vaterlande wie Stuttgart mit seinen 
rund 300 000 Einwohnern. 
Nach dem vom Stadt. Statistischen Amt herausgege 
benen Verwaltungsbericht der Oemeindeangelegenheiten 
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