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BAUZEITUNQ
Nr. 7/8
Die hierzu vorgenommenen Ermittelungen haben er
geben, daß bei den heutigen Preisen die wirtschaftlichste
Form des Wohnungsbaues auf Gelände innerhalb des be
bauten Stadtgebiets einer Großstadt das Mittelhaus in
weiträumiger Bebauung mit höchstens 3 Vollgeschossen
ist. Mit dieser Wohnungsform wird auch der Freizügig
keit der Inhaber dieser Wohnungen am besten Rechnung
getragen.
Als erste Bauaufgabe verwirklicht die .Siedelungsge
sellschaft das hier abgebildete Projekt. Das Baugelände
liegt inmitten des Stadtgebiets in guter Verkehrslage, je
doch abseits von dem Hauptverkehr. Es erstreckt sich
in freier Fage an einem nach Osten abdachenden Tal
abhang mit schönem Ausblick auf den gegenüber liegen
den Stadtpark, und die daran anschließenden bewaldeten
Höhen. Die Wohnstraßen haben zwecks guter Besonnung
der Mehrzahl der Häuser und Gärten ungefähr die Rich
tung von Norden nach Süden erhalten.
Als Hauptmotiv der Siedelung liegt im Mittelpunkt
derselben ein offener Spielplatz, nach Norden und Süden
mit geschlossenen Platzwandungen, im Westen, an der
höchstgelegenen Stelle des Geländes zwei höher grup
pierte Wohnbauten mit überbauter Durchfahrt, als arch.
Abschluß im Osten das in tiefem Vorgarten behäbig
gelagerte Pfarrhaus. Einen weiteren Vorteil bietet der
gute Baugrund des Geländes. Er besteht durchweg aus
dem guten Kies und Sand, so daß die ganzen Keller
mauern mit dem vorhandenen Material betoniert werden
können. Die Wohnstraßen sind 8 m, der auf den Spiel
platz ausmündende Wohnweg 4 m breit. An dem Ausbau
der Straßen usw. wird infolge des guten Baugrundes viel
gespart.
Für die Häuser sind, wie eingangs erwähnt, grund
sätzlich Mietwohnungen in 2 Voll- und ausgebautem
Dachgeschoß bzw. in 3 Vollgeschossen gewählt. Die
verschiedenen Wünsche und Bedürfnisse machten es not
wendig, trotz der nicht allzugroßen Anlage, 6 verschie
dene Haustypen zu verwenden. .Da es in Saarbrücken
in der Hauptsache an 3 Zimmerwohnungen fehlt, so ist
dieser Typ in der Mehrzahl. In den meisten Fällen liegen
3 Wohnungen an einer Treppe, was unter Berücksichti
gung der bestehenden Umstände gegenüber der Miets
kaserne ein recht erfreulicher Verzicht zugunsten gesund
heitlicher Erwägungen bedeutet.
Das zu iedem Haus zugehörige Gartenland wird man
denjenigen Hausbewohnern überweisen, denen der Beruf
Zeit zur Gartenarbeit übrig läßt. In den Straßenecken
werden Verkaufsläden eingerichtet.
Bei der Architektur war klare und ruhige Haltung der
Bauten Vorbedingung. An wichtigen Punkten, Straßen
ecken, Abschlüssen wechselt und wächst der Ausdruck,
bleibt aber, der Zeit und Zeitstimmung entsprechend,
immer in den knappsten arch. Formen. Wie in ieder
modern gedachten Siedelungsanlage, wird hier aller Wert
auf das große Zusammenklingen klar erfaßter räumlicher
Rhythmen gelegt, in denen der einzelne Baukörper nur
noch die Rolle eines Gliedes spielen kann und soll.
Der Baukunstrat für Württemberg.
Bericht über die Sitzung vom 29. Januar 1920.
Der Vorsitzende Prof. Elsaesser stellt Oaleriedirektor
Dr. Redslob als Reichskunstwart vor und weist darauf
hin, daß durch das Erscheinen eines Reichskunstwarts der
Baukunstrat für Württemberg sich in seiner Tätigkeit
nicht nur nicht beeinträchtigt sieht, sondern im Gegenteil
von einem Zusammenarbeiten mit ihm erhebliche Vorteile
verspricht.
Herr Dr. Redslob begrüßt die Organisation des Bau
kunstrats in Württemberg als vorbildlich für die anderen
Länder des Reiches und hofft, daß der südwestdeutsche
Kanalbau bald Anlaß geben wird zu gemeinsamer Arbeit
für Baukunstrat und Reichskunstwart.
Der Baukunstrat soll in allen Baufragen, wenn das
Reich im Lande baut, gehört werden. Es sollen in den
einzelnen Bundesstaaten und Provinzen dem Reichskunst
wart Werkräte zur Seite stehen, die z. B. in Württemberg
aus dem Baukunstrat gewählt werden.
Ueber die Einflußnahme des Baukunstrats auf die bau
künstlerischen Fragen beim Kanalbau entwickelt sich eine
lebhafte Aussprache. Die Weiterbehandlung der Sache
wird der Kommission für Heimatschutz, Baupolizei und
Bauberatung übertragen, und es wird ein Beschluß dahin
gefaßt, daß der Baukunstrat an die Behörde das dringliche
Ersuchen richtet, daß bei der ganzen Kanalbaufrage der
Baukunstrat bzw. der von diesem gewählte Werkrat als
berufener Vertreter der Oeffentlichkeit in baukünst
lerischen Fragen gehört werden soll.
Des weiteren führte Galeriedirektor Dr. Redslob über
die Erhaltung der württembergischen Schlösser aus, daß
doch endlich sich ein ernstlicher Wille für die Erhaltung
der Schlösser zeigen soll und die Gebäude einer würdigen
Benützung wieder zugeführt werden mögen.
Nach weiterem Bericht des Landeskonservators für
Baudenkmäler Prof. Fiechter über die Schwierigkeiten,
die sich bei einem Vorgehen in der Sache entgegenstellen,
wird eine Entschließung dahin gefaßt, daß der Baukunst
rat sich in der Frage der Erhaltung der Schlösser ein
stimmig hinter Prof. Fiechter und hinter Dr. Redslob
stellt und entschieden gegen die ietzige Profanierung, ins
besondere des neuen Schlosses, Einspruch erhebt.
Ueber die Tätigkeit der Kommission zur Fühlung
nahme mit den Behörden, worüber Prof. Elsaesser sprach,
wird berichtet, daß die Minister, die die Vertreter des
Baukunstrats persönlich empfangen haben, unseren Be
strebungen ihre Unterstützung und die Anerkennung des
Baukunstrats zugesagt haben.
Die Beratung der Satzungen konnte noch nicht abge
schlossen werden. Diese sollen nach einer zweiten Lesung
in Bälde der allgemeinen Baukunstabteilung vorgelegt
werden.
Baumesse.
Die Frühjahrs-Baumesse in Leipzig findet statt vom
14. bis 19. März. Die Baumesse ist eine Abteilung der zu
gleicher Zeit statt findenden großen Technischen Messe.
Sie wird im Stadtinnern abgehalten, und zwar im Meß
haus „Baumesse“, Markt 8, unter Hinzunahme des Städti
schen Kaufhauses. Baumaschinen, die sich zur Aufstellung
in den Meßhöfen und -häusern ihrer Größe und Schwere