Full text: Süd- und Mitteldeutsche Bauzeitung (1919/20)

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BAUZEITUNQ 
Nr. 7/8 
Die hierzu vorgenommenen Ermittelungen haben er 
geben, daß bei den heutigen Preisen die wirtschaftlichste 
Form des Wohnungsbaues auf Gelände innerhalb des be 
bauten Stadtgebiets einer Großstadt das Mittelhaus in 
weiträumiger Bebauung mit höchstens 3 Vollgeschossen 
ist. Mit dieser Wohnungsform wird auch der Freizügig 
keit der Inhaber dieser Wohnungen am besten Rechnung 
getragen. 
Als erste Bauaufgabe verwirklicht die .Siedelungsge 
sellschaft das hier abgebildete Projekt. Das Baugelände 
liegt inmitten des Stadtgebiets in guter Verkehrslage, je 
doch abseits von dem Hauptverkehr. Es erstreckt sich 
in freier Fage an einem nach Osten abdachenden Tal 
abhang mit schönem Ausblick auf den gegenüber liegen 
den Stadtpark, und die daran anschließenden bewaldeten 
Höhen. Die Wohnstraßen haben zwecks guter Besonnung 
der Mehrzahl der Häuser und Gärten ungefähr die Rich 
tung von Norden nach Süden erhalten. 
Als Hauptmotiv der Siedelung liegt im Mittelpunkt 
derselben ein offener Spielplatz, nach Norden und Süden 
mit geschlossenen Platzwandungen, im Westen, an der 
höchstgelegenen Stelle des Geländes zwei höher grup 
pierte Wohnbauten mit überbauter Durchfahrt, als arch. 
Abschluß im Osten das in tiefem Vorgarten behäbig 
gelagerte Pfarrhaus. Einen weiteren Vorteil bietet der 
gute Baugrund des Geländes. Er besteht durchweg aus 
dem guten Kies und Sand, so daß die ganzen Keller 
mauern mit dem vorhandenen Material betoniert werden 
können. Die Wohnstraßen sind 8 m, der auf den Spiel 
platz ausmündende Wohnweg 4 m breit. An dem Ausbau 
der Straßen usw. wird infolge des guten Baugrundes viel 
gespart. 
Für die Häuser sind, wie eingangs erwähnt, grund 
sätzlich Mietwohnungen in 2 Voll- und ausgebautem 
Dachgeschoß bzw. in 3 Vollgeschossen gewählt. Die 
verschiedenen Wünsche und Bedürfnisse machten es not 
wendig, trotz der nicht allzugroßen Anlage, 6 verschie 
dene Haustypen zu verwenden. .Da es in Saarbrücken 
in der Hauptsache an 3 Zimmerwohnungen fehlt, so ist 
dieser Typ in der Mehrzahl. In den meisten Fällen liegen 
3 Wohnungen an einer Treppe, was unter Berücksichti 
gung der bestehenden Umstände gegenüber der Miets 
kaserne ein recht erfreulicher Verzicht zugunsten gesund 
heitlicher Erwägungen bedeutet. 
Das zu iedem Haus zugehörige Gartenland wird man 
denjenigen Hausbewohnern überweisen, denen der Beruf 
Zeit zur Gartenarbeit übrig läßt. In den Straßenecken 
werden Verkaufsläden eingerichtet. 
Bei der Architektur war klare und ruhige Haltung der 
Bauten Vorbedingung. An wichtigen Punkten, Straßen 
ecken, Abschlüssen wechselt und wächst der Ausdruck, 
bleibt aber, der Zeit und Zeitstimmung entsprechend, 
immer in den knappsten arch. Formen. Wie in ieder 
modern gedachten Siedelungsanlage, wird hier aller Wert 
auf das große Zusammenklingen klar erfaßter räumlicher 
Rhythmen gelegt, in denen der einzelne Baukörper nur 
noch die Rolle eines Gliedes spielen kann und soll. 
Der Baukunstrat für Württemberg. 
Bericht über die Sitzung vom 29. Januar 1920. 
Der Vorsitzende Prof. Elsaesser stellt Oaleriedirektor 
Dr. Redslob als Reichskunstwart vor und weist darauf 
hin, daß durch das Erscheinen eines Reichskunstwarts der 
Baukunstrat für Württemberg sich in seiner Tätigkeit 
nicht nur nicht beeinträchtigt sieht, sondern im Gegenteil 
von einem Zusammenarbeiten mit ihm erhebliche Vorteile 
verspricht. 
Herr Dr. Redslob begrüßt die Organisation des Bau 
kunstrats in Württemberg als vorbildlich für die anderen 
Länder des Reiches und hofft, daß der südwestdeutsche 
Kanalbau bald Anlaß geben wird zu gemeinsamer Arbeit 
für Baukunstrat und Reichskunstwart. 
Der Baukunstrat soll in allen Baufragen, wenn das 
Reich im Lande baut, gehört werden. Es sollen in den 
einzelnen Bundesstaaten und Provinzen dem Reichskunst 
wart Werkräte zur Seite stehen, die z. B. in Württemberg 
aus dem Baukunstrat gewählt werden. 
Ueber die Einflußnahme des Baukunstrats auf die bau 
künstlerischen Fragen beim Kanalbau entwickelt sich eine 
lebhafte Aussprache. Die Weiterbehandlung der Sache 
wird der Kommission für Heimatschutz, Baupolizei und 
Bauberatung übertragen, und es wird ein Beschluß dahin 
gefaßt, daß der Baukunstrat an die Behörde das dringliche 
Ersuchen richtet, daß bei der ganzen Kanalbaufrage der 
Baukunstrat bzw. der von diesem gewählte Werkrat als 
berufener Vertreter der Oeffentlichkeit in baukünst 
lerischen Fragen gehört werden soll. 
Des weiteren führte Galeriedirektor Dr. Redslob über 
die Erhaltung der württembergischen Schlösser aus, daß 
doch endlich sich ein ernstlicher Wille für die Erhaltung 
der Schlösser zeigen soll und die Gebäude einer würdigen 
Benützung wieder zugeführt werden mögen. 
Nach weiterem Bericht des Landeskonservators für 
Baudenkmäler Prof. Fiechter über die Schwierigkeiten, 
die sich bei einem Vorgehen in der Sache entgegenstellen, 
wird eine Entschließung dahin gefaßt, daß der Baukunst 
rat sich in der Frage der Erhaltung der Schlösser ein 
stimmig hinter Prof. Fiechter und hinter Dr. Redslob 
stellt und entschieden gegen die ietzige Profanierung, ins 
besondere des neuen Schlosses, Einspruch erhebt. 
Ueber die Tätigkeit der Kommission zur Fühlung 
nahme mit den Behörden, worüber Prof. Elsaesser sprach, 
wird berichtet, daß die Minister, die die Vertreter des 
Baukunstrats persönlich empfangen haben, unseren Be 
strebungen ihre Unterstützung und die Anerkennung des 
Baukunstrats zugesagt haben. 
Die Beratung der Satzungen konnte noch nicht abge 
schlossen werden. Diese sollen nach einer zweiten Lesung 
in Bälde der allgemeinen Baukunstabteilung vorgelegt 
werden. 
Baumesse. 
Die Frühjahrs-Baumesse in Leipzig findet statt vom 
14. bis 19. März. Die Baumesse ist eine Abteilung der zu 
gleicher Zeit statt findenden großen Technischen Messe. 
Sie wird im Stadtinnern abgehalten, und zwar im Meß 
haus „Baumesse“, Markt 8, unter Hinzunahme des Städti 
schen Kaufhauses. Baumaschinen, die sich zur Aufstellung 
in den Meßhöfen und -häusern ihrer Größe und Schwere
	        
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