Full text: Süd- und Mitteldeutsche Bauzeitung (1919/20)

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BAUZEITUNG 
Nr. 9 10 
immer ein Schmerzenskind bei der Terrazzoverwendung. 
Seine Abnützung bei starker Beanspruchung war erheb 
lich. Das Ausbröckeln der Körnung, die ständig erforder 
liche Pflege mit Oel oder Wachs zur Erhaltung eines 
sauberen Aussehens und die damit verbundene Glätte, 
die Unmöglichkeit seiner Verwendung in Räumen, in 
denen mit Säuren oder säurebildenden Flüssigkeiten 
hantiert werden muß, sind Nachteile, die durch den Vor 
teil der Fugenlosigkeit nicht immer aufgewogen werden. 
Wenn man demnach auf die früher beliebte ausge 
breitete Verwendung von Terrazzo wird verzichten 
müssen, so wird man doch auf die Anwendung des 
massiven Fußbodenbelages weder verzichten können noch 
wollen. Es ist dies auch um so weniger notwendig, als 
deutsche Arbeit und deutsches Unternehmertum mehr als 
befähigt ist, diesen Verlust auszugleichen. Man wird z. B. 
sein Augenmerk wieder mehr als zuvor den keramischen 
Plattenerzeugnissen zuwenden. Denn abgesehen davon, 
daß es sich um ausschließlich deutsche Erzeugnisse han 
delt, die sich seit Jahrzehnten in ieder Hinsicht als voll 
wertig erwiesen haben, ist die volkswirtschaftliche Frage 
der Unterstützung dieses — wie jeden anderen — ein 
heimischen Industriezweiges von staatserhaltender Not 
wendigkeit. Wenn man bedenkt, daß allein eine ganze 
Reihe von Nebenindustrien, wie Maschinenfabriken, Ton-, 
Spat-, Quarz-, Zement- und andere Werke durch die Er 
zeugung z. B. von Mosaikplatten in Tätigkeit gesetzt wer 
den ; daß eine Menge von deutschen Arbeitern, Angestell 
ten und Spezialunternehmern ihren Erwerb dabei finden, 
so wird man begreifen, daß sich die ehemaligen Bundes 
genossen gerne entbehren lassen. Dabei braucht auf die 
Vorzüge der gesinterten Platten gar nicht näher einge 
gangen zu werden. Es ist ja bekannt genug, daß ihnen 
ihre große Härte eine außerordentliche Widerstandskraft 
gegen mechanische Abnützung verleiht. Ihre leichte 
Reinhaltung, ihre absolute Säurebeständigkeit und Staub 
freiheit, ihre Farbenfreudigkeit verdienen jede Beachtung. 
Auch die Fugenlosigkeit wird man einem solchen Belag 
in dem Sinne zubilligen müssen, daß die Fugen mit dem 
selben Material ausgefüllt werden, das bei Terrazzo den 
Hauptbestandteil ausmacht, nämlich mit Portlandzement. 
Sowohl in technischer, wie dekorativer und volks 
wirtschaftlicher Hinsicht wird man z. B. in den Stein 
zeugplatten ein mehr als vollwertiges Material erblicken 
müssen, das alle Forderungen nach einem einwandfreien, 
dauerhaften Massivbelag zu erfüllen geeignet ist. Zwar 
wird die Erzeugung durch die mangelhafte Belieferung 
der Werke mit Kohlen wie überall empfindlich gestört. 
Indessen ist der einheimische Bedarf zurzeit nicht so be 
deutend, als daß er nicht gedeckt werden könnte. Zudem 
spielt die Frage der geschulten Arbeitskräfte gar keine 
Rolle und die Rohmaterialien werden in unbeschränktem 
Umfang auf deutschem Boden gewonnen. 
Es ist keine Frage, unsere finanziellen Verhältnisse ver 
bieten uns die Einfuhr französischen und italienischen 
Marmors; sie verbieten uns auch die Abwanderung 
deutschen Kapitals in Form von Löhnen und Unter 
nehmergewinn ins Ausland. Wir haben solche Wege auch 
nicht nötig, solange wif eine leistungsfähige einheimische 
Industrie haben, die mindestens Gleiches, meist aber Bes 
seres zu bieten imstande ist, als es der fremde Unter 
nehmer zu bieten hat. E. F. 
Württ. Bauordnuug. 
Die im Landtag von den Abg. Hugo Herrmann, Linken 
heil und Gen. eingebrachte Anfrage betreffend: „Erleichte 
rungen der Bauordnung hinsichtlich der Verwendung von 
durch die derzeitige Notlage erforderten Baustoffe“ wurde 
vom Abg. Linkenheil in kurzen treffenden Ausführungen 
begründet. Er erinnerte u. a. an die sehr notwendige Vor 
sicht bei Ersatzbaustoffen, dann aber soll die Bauten 
prüfungsstelle auch angewiesen werden, ihre Tätigkeit 
nicht nur in dem Sinne auszuüben, daß sie überwachend 
und verteilend auf die noch vorhandenen Baustoffe ein 
wirke, sondern daß sie auch fördernd wirke hinsichtlich 
derjenigen Ersatzstoffe, die sich bewährt haben und daß 
sie hierin aufklärend vorgehe. Was aber insbesondere das 
Bauen erschwere, sei die Flächenregel in alten, bebauten 
Ortsteilen, eine Forderung, die mit bestem Willen in der 
Notlage unserer Zeit nicht durchzuführen sei, daß in 
alten Ortsteilen 50% Mindestmaß an Hofraumfläche ge 
fordert werden, auch dann, wenn an einem alten Haus 
ein einfacher Anbau oder Aufbau erstellt wird. Nach 
näherer Begründung dieser wichtigen Fragen legte der 
Abg. Linkenheil zum Schluß dar, daß die Anfrage vor 
nehmlich bezwecke, daß keine zu engherzige Auslegung 
des Wortlauts der Paragraphen der B.-O. stattfinde und 
daß das Bauen möglichst rasch ermöglicht werde. Mini 
ster Heymann beantwortete ausführlich die Anfrage. Der 
nachstehend abgedruckte Erlaß dürfte als erstes Ergebnis 
der Verhandlungen anzusprechen sein. 
Erlaß des Ministeriums des Innern an die ßaupolizci- 
behorden, betreffend die Behandlung von Baugesuchen. 
Vom 22. Februar 1920, Nr. HB. 225. 
Die Baupolizeibehörden des Landes werden ange 
wiesen, die bei ihnen einkommenden Baugesuche sofort 
gründlich zu behandeln und möglichst rasch zu beschei 
den. Durch eine verzögerte Behandlung der Gesuche 
kann den Bauenden zumal bei dem zur Zeit sprunghaften 
Ansteigen der Preise und Löhne nicht unbeträchtlicher 
Schaden erwachsen. Auch lassen sich die Bauenden, 
wenn sie auf eine Entscheidung über ihre Baugesuche zu 
lange warten müssen, leicht dazu verleiten, mit den Bau 
arbeiten zu beginnen, ehe ihnen die erteilte Bauerlaubnis 
das Recht dazu gibt. 
Für die Behandlung der Baugesuche sind vor allem 
die Bestimmungen der Art. 110—114 der Bauordnung 
und der §§ 99—108 der Vollzugs-Verfügung dazu maß 
gebend, Zur Beschleunigung des baupolizeilichen Ver 
fahrens trägt es wesentlich bei, wenn der Ortsbautechniker 
die Pläne gleich, wenn sie ihm zugehen, gründlich prüft, 
schon in seinem ersten Gutachten auf alle Mängel hin 
weist und den Bauenden oderseinen Planverfertigerdarauf 
aufmerksam macht, wie der Plan unter Wahrung des vom 
Bauenden verfolgten Zwecks den baupolizeilichen Vor 
schriften am einfachsten und besten angepaßt werden 
kann. Durch mündliche Rücksprache kann dies vielfach 
erleichtert und beschleunigt werden. Der Ortsbautech 
niker soll nicht bloß Ausstellungen machen, sondern auch 
die Bauenden beraten. Mehrmalige Rückgabe der Pläne 
ist zu vermeiden. Es darf nicht Vorkommen, daß zuerst 
nur ein Teil der Planmängel und, wenn diese beseitigt 
sind, noch weitere schon bei der ersten Planvorlage vor 
handene Mängel ausgestellt werden. 
Aber auch die Bauenden und ihre Planverfertiger kön 
nen zu einer raschen Bescheidung ihrer Baugesuche 
wesentlich beitragen, wenn die Pläne von Anfang an den 
baupolizeilichen Vorschriften angepaßt, nicht zu vermei 
dende Befreiungsgesuche mit erschöpfender Begründung 
gleich beigelegt werden, die Zustimmung etwa beteiligter 
Nachbarn schon bei der Einreichung des Baugesuches 
schriftlich beigebracht wird und wenn insbesondere die 
Planverfertiger etwaige Mängel, die eine Rückgabe der 
Pläne bedingen, rasch und gründlich beseitigen.
	        
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