Full text: Süd- und Mitteldeutsche Bauzeitung (1919/20)

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BAUZEITUNQ 
Nr 35,36 
auf der Südseite des Rieds zu sehen. Die Untergrunds 
verhältnisse des Rieds wären nach Mischung des kalkhal 
tigen Untergrunds mit übrig bleibender Torfraasse für 
Anbauzwecke nicht ungünstig, wie dies derartige Ver 
suche in naheliegenden Rieden (Schussenried) bewiesen 
haben. 
Mit der reizenden Aussicht von den umgebenden Höhen 
auf das Ried, namentlich vom Gottesberg bei Wurzach 
und von der Grabener Höhe auf der Westseite sowie vom 
Greuth und Leprosenberg würde es zu Ende sein. Statt 
des in ernster Stille liegenden dunklen Niederwalds aus 
Moosforchen, die vielfach an die Pinien des Südens er 
innern, wird eine kahle von Kanälen durchzogene einför 
mige Fläche entstehen. Statt der reichen Abwechslung, 
die die immer etwas später einsetzende Moosflora in den 
Sommer- und Herbstmonaten bietet: im Mai das Woll 
gras mit seinen Silberflocken, im Sommer die Maßroten 
Blüten der Sumpfrosmarins und im Herbst das violette 
Blütenmeer des Heidekrauts, dazwischen die roten Blätter 
der Preiselbeere, alles in helles Moosgrün und dunkles 
Fichtennadelgrün gebettet, wird einzig nur die herrliche 
Aussicht auf die Alpen verbleiben. Eine solche ist na 
mentlich vön den nördlichen Höhen des Rieds bei Tristolz 
und Truiolz zu genießen. Nebenbei ist zu bemerken, daß 
diese Ortsnamen, wie die anderen aus der Gegend, Wurz 
ach, Albris, Dietmanns, Gospoldshofen, Haidgau, Tristolz, 
Truiolz, Wolfegg, Waldsee, auf alemannische Siedelung 
hinweisen. Die Besiedelung in jener Zeit ging ganz vom 
Kloster St. Gallen aus. 
Aehnliche Verhältnisse wie das Wurzacher Ried bietet 
das Gründlenried, 3 km westlich von Kißlegg gelegen, 
etwa 150 ha groß, auch nur zu einem Zehntel ausgebeutet, 
Meereshöhe 651 m. Es liegt in der europäischen Wasser 
scheide und hat zwei Abflüsse. Der eine geht nordöstlich 
mittelst der Ostrach in die Wurzacher Ach zur Iller und 
Donau, der südliche Abfluß durch die Kißlegger Ach in 
die Schüssen zum Bodensee. Die Torfmächtigkeit beträgt 
in der Mitte 7 m; Entwässerungsmöglichkeit besteht nach 
beiden Richtungen. Interessant ist die auf einem Moräne 
hügel gelegene, wphlerhaltene Erdburg aus frühalemanni 
scher Zeit mit kreisrundem Grundriß. 
In Oberschwaben befinden sich noch an weiteren 
größeren Torfrieden: Das stark in Angriff genommeie, 
weil leicht entwässerbare, und in Bahnnähe gelegen^ Bur 
germoos (80 ha), Arrisriedermoos (90 ha) bei Kißlegg, 
ferner eine ganze Reihe kleiner Riede, welche den Lokal 
bedarf an Brenntorf liefern. Eines von den Höchstgele 
genen ist das Winnis-, Missen- und Fetznachmoos in der 
Nähe der Bahnstation Friesenhofen. Ueber die schon 
längst in Angriff genommenen großen Riede bei Waldsee, 
die der Stadt Waldsee und der Standesherrschaft Wald- 
burg-Wolfegg gehören, ferner über das schon längst stark 
benützte Ried „Herdtle“ der Herrschaft Aulendorf und 
über das Staatsried bei Schussenried ist in den Blättern 
schon öfters berichtet worden, so daß es nicht nötig ist, 
hier näher darauf einzugehen. 
Aus diesen Ausführungen kann man entnehmen, welch 
bedeutende Rolle der Torf zur Behebung der Kohlennot 
und überhaupt des Brennstoffmangels zu spielen bestimmt 
ist und welche gewaltigen Aufgaben der Technik und in-. 
dustrie zur Hebung der Bodenschätze der Riede zufallen. 
Aber vor allem gilt es, die Ausführung so rasch als mög 
lich in die Hand zu nehmen. Mögen nun alle in der Aus 
beutung der Riede geknüpften Erwartungen in Erfüllung 
gehen! 
Wettbewerb. 
Stuttgart. Für die Ausgestaltung des künftigen Bahn 
hofvorplatzes und der Verkehrsanlagen in Stuttgart und 
Umgebung schreibt die Stadtgemeinde mit der Eisenbahn- 
Generaldirektion und den Straßenbahnen einen öffent 
lichen Wettbewerb unter den in Deutschland wohnenden 
reichsdeutschen Architekten und Ingenieuren aus. Preise 
zu 8000, 6000, 3500 und drei Ankäufe zu je 1500 Mark. 
Termin 22. Dezember. (Näheres siehe Bekanntmachung 
im Anzeigenteil.) 
Vortragskurse. 
Die Gesellschaft für staatswissenschaftliche Fortbil 
dung in Südwestdeutschland, Abt. Württemberg, beab 
sichtigt, in der Zeit vom 4. bis 13. Oktober 1920 in Stutt 
gart (Aula der Techn. Hochschule) einen zehntägigen 
Kursus abzuhalten, in dem die wichtigsten staats- und 
verwaltungsrechtlichen Fragen der unmittelbaren Gegen 
wart und die dringendsten volkswirtschaftlichen Zeitpro 
bleme zu wissenschaftlicher Behandlung und Erörterung 
gestellt werden sollen. Eine Reihe bedeutender Männer 
sind als Vortragende in Aussicht genommen. Die Teil 
nahme an dem Gesamtkursus wie einer Vortragsreihe ist 
jedermann gegen Lösung von Teilnehmerkarten gestattet. 
Teilnehmerkarten sind erhältlich bei der Kanzlei des Stadt 
schultheißenamts Stuttgart, Rathaus Zimmer 107, und 
dem Sekretariat der Techn. Hochschule in Stuttgart. Die 
Gebühren für die Beteiligung an dem Gesamtkursus sind 
auf 50 Mark festgesetzt. Ein 2stündiger Vortragskursus 
kostet 3.— Mk., ein 3stündiger 5.— Mark, ein 4stündiger 
7.— Mark. Neben den Vortragskursen sind Besichti 
gungen größerer industrieller Betriebe im Industriebezirk 
Stuttgart, sowie städtischer Siedlungen vorgesehen. Die 
Beteiligung an den Besichtigungen ist nur solchen Teil 
nehmern gestattet, die mindestens sich an einem Vortrags 
kursus beteiligen. Besichtigt werden voraussichtlich die 
Betriebe J. Sigle u. Cie., Schuhfabriken, Kornwestheim, 
Fr. Flesser, Maschinenfabrik in Cannstatt, Waldorf- 
Astoria, Zigarettenfabrik, Stuttgart, sowie Siedlungen der 
Stadt Stuttgart und des Schwäbischen Siedlungsvereins. 
Auswärtige Teilnehmer an den Vortragskursen haben sich 
selbst für Wohnung zu sorgen. Während der Veranstal 
tung des Kursus finden abends regelmäßig Zusammen 
künfte der Teilnehmer statt, in denen die in den voran 
gegangenen Vorträgen behandelten Fragen in Gegenwart 
der Vortragenden weiter erörtert werden sollen. 
Vereinsmitteilungen. 
Vereinigung der mittl. techn. Beamten im Ministerium 
des Innern und Verein der Bauamtswerkmeister bei der 
Württ. Finanzverwaltung. Am 8. und 9. Oktober 1920 
hält die Reichsarbeitsgemeinschaft technischer Beamter 
„Rateb“ in Stuttgart ihren 1. Vertretertag ab. Am 9. Okt. 
abends findet in der Liederhalle eine Propagandaversamm 
lung statt, worauf die Mitglieder unserer Vereine heute 
schon aufmerksam gemacht werden mit dem dringenden 
Ersuchen, die Versammlung pflichtgemäß so zahlreich 
als möglich zu besuchen. Als ersten bedeutsamen Erfolg 
der „Rateb“ können wir melden, daß der Reichsminister 
der Finanzen genehmigt hat, daß den technischen Beam 
ten die Zeit des Besuchs der staatlich anerkannten Fach 
schulen oder Hochschulen bis zur Höchstdauer von drei 
Jahren auf das Besoldungsdienstalter angerechnet wird. 
Die Mitglieder ersehen hieraus, daß die Organisationen 
Erfolge zeitigen und dürfen ebenso hoffen, daß auch die 
in Aussicht zu nehmenden höheren Vereinsbeiträge wer 
bend angelegt werden. 
An die Leser. Der Generalstreik war die Veranlassung, 
daß die letzte Nummer verspätet herauskam. Wir dürfen 
dabei sagen, daß unsere Angestellten nicht freiwillig die 
Arbeit eingestellt haben. 
Verantwortlich: Karl Schüler, Stuttgart.
	        
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